10.04

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Österreicherinnen und Ös­terreicher und alle, die in Österreich leben! Mir war es wichtig, mich bei einem Thema, das Frauen betrifft, auch als Mann zu Wort zu melden. Als ich in der Liste sah, dass sich doch immerhin ein paar Männer zu Wort gemeldet haben, habe ich mich sehr gefreut. Mit der Rede meines Vorredners habe ich jetzt allerdings nicht gerechnet, obwohl, ja, man es befürchten konnte. Dass aber – das möchte ich schon deutlich sagen – Mütter als Einrichtung bezeichnet werden, ist etwas, das ich wirklich nach einem Weltfrauentag hier nicht hören will. Das geht einfach nicht! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Dann auch noch so zu tun, als ob es ausschließlich Aufgabe der Mütter wäre, Kinder zu betreuen, als ob es keine Väter gäbe – auch das möchte ich nach einem Weltfrauentag hier nicht hören. Das ist immer noch eine gemeinschaftliche Aufgabe. (Beifall bei Grü­nen, ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Mir war es tatsächlich – das habe ich auch innerhalb meines Klubs gesagt – ein Be­dürfnis, zu diesem Thema zu sprechen. Als ich damals ganz neu in die Politik kam, war es sehr oft so – das war in der früheren Zeit sogar noch viel schlimmer als heute –: Gab es ein Frauenthema, dann sprachen die Frauen. Die Männer schwiegen. Kam dann der nächste Tagesordnungspunkt, kamen wieder die – unter Anführungszeichen – „wirk­lich wichtigen“ Punkte, so haben sich die Männer wieder zu Wort gemeldet. Das ist et­was, das hoffentlich der Vergangenheit angehört, weil – und das muss ich hier schon deutlich sagen – Frauenpolitik eine Politik ist, die wir alle machen müssen und nicht nur Frauen.  (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundes­rates Arlamovsky.)

Warum ist das so wichtig? – Weil eines der Hauptprobleme in unserer Gesellschaft ja tatsächlich ist: Feminismus und Frauenpolitik sind natürlich vor allem eine soziale Frage und eine ökonomische Frage, das ist keine Frage. Es ist aber allem voran auch eine kulturelle Frage, eine Kulturfrage, wie wir mit diesen Themen umgehen.

Stärkung von Frauen und Mädchen kann ja nicht nur bedeuten, dass sie sich selbst stärken müssen, sondern es braucht auch Männer, denen bewusst ist, dass sie manch­mal einen Schritt zurückgehen müssen, um Frauen zu stärken, um dieses Empowerment zu ermöglichen. Männer sind natürlich sehr stark – und das ist diese kulturelle Frage – kulturell auf Machtfragen konzentriert, sind sich sehr oft ihrer Privilegien nicht bewusst. Dann gibt es auch dieses klassische Bündedenken. Männerbünde sind eine sehr gut funktionierende kulturelle Erfahrung, sage ich einmal, die seit Jahrhunderten tatsächlich dieses Empowerment erschwert.

Ich möchte jetzt nur ein paar Beispiele bringen, um das und auch, wie wir vielleicht in der Politik mitunter agieren können, einmal sehr praktisch zu veranschaulichen. Ich wer­de zum Beispiel sehr oft – und das werden wir ja alle – zu diversen Podiumsdiskussionen oder zu TV-Diskussionen eingeladen. Sehr oft sitzt man dann dort und schaut, und da sitzen nur Männer um einen herum. Ich habe mir jetzt angewöhnt, zu fragen: Wer ist noch eingeladen?, und zuzusagen, wenn die Hälfte des Podiums aus Frauen besteht. Das – und manchmal auch abzusagen, nämlich dann, wenn es nicht passt – ist eine ganz kleine Maßnahme, die man als Mann treffen kann, um ein Empowerment zu er­möglichen.

In der Wirtschaft kann man ja auch immer wieder beobachten, wie Männer sich gerne unter sich – ich sage das jetzt bewusst, aber unter Anführungszeichen – „vermehren“. Es gab eine Analyse eines Soziologen, der Einteilungen in die Performer, die Domi­nanten und die Sozialen, also eine Einteilungen in Sinusgruppen – so heißt das – ge­macht hat. Der hat ganz klar festgestellt: Die Finanzkrise 2008 war darauf zurückzu­führen, dass in gewissen Sektoren von Banken Männer, genau solche Leute, sich selbst engagiert haben und nur noch eine gewisse Gruppe an Männern verantwortlich war und jegliche andere Perspektive eliminiert wurde. Das ist schlecht für die Wirtschaft, das wissen wir jetzt.

Selbstverständlich gilt auch für die Arbeit zu Hause, dass es Gerechtigkeit braucht, Herr Kollege Leinfellner! 32 Stunden pro Woche arbeiten Frauen unbezahlt, und 16 Stunden pro Woche arbeiten Männer unbezahlt. In der Aufteilung klingt das noch dramatischer: Frauen leisten rund 37 Prozent bezahlte Arbeit und 63 Prozent unbezahlte Arbeit, Män­ner 63 Prozent - -

Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege, Ihre Redezeit ist überschritten.

Bundesrat Marco Schreuder (fortsetzend): Da hilft es kulturell, wenn wir Männer unse­ren Beitrag leisten, diese unbezahlte Arbeit überhaupt einmal sehen und bereit sind, die Hälfte davon zu übernehmen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

10.10

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Bundesrat.