22.08

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Sozialminister! Sehr geehrter Herr Arbeitsminister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätz­te Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mit den Punkten beginnen, die den Teue­rungsausgleich betreffen. Angekündigt wurde er ja bereits im Rahmen der Aktuellen Stunde mit dem Bundeskanzler in der letzten Bundesratssitzung, jetzt liegen die notwen­digen Gesetzesänderungen vor, und ich freue mich, dass es hier mit Ausnahme der NEOS sehr breite Zustimmung geben wird.

Insgesamt profitieren 700 000 Menschen vom zweiten Teuerungsausgleich, der gemein­sam mit dem ersten eben eine Entlastung von 300 Euro ausmacht. Das Entlastungs­volumen für die besonders vulnerablen Gruppen, die naturgemäß am stärksten von der Teuerung betroffen sind, nämlich diejenigen, die auf Sozialtransfers angewiesen sind, beträgt aus diesen beiden Tranchen immerhin mehr als 200 Millionen Euro. Gemeinsam mit der im Zuge der letzten Pensionsanpassung erfolgten Erhöhung der Sozialhilfe be­ziehungsweise Mindestsicherung und der Ausgleichszulage um 3 Prozent schaffen wir hier eine deutliche Entlastung für Menschen, die sie dringend brauchen. In Kombination mit dem verdoppelten Teuerungsausgleich bekommen somit zum Beispiel allein lebende SozialhilfebezieherInnen heuer um 5,6 Prozent mehr als 2021 und allein lebende Aus­gleichszulagenbezieherInnen um 5,2 Prozent mehr.

Auch die ökosoziale Steuerreform, die wir gemacht haben, bringt deutlich mehr soziale Gerechtigkeit. Das bescheinigt uns auch der Fiskalrat, der in seiner Analyse klar aufge­zeigt hat, dass gerade die untersten Einkommen stärker profitieren als bei jeder anderen Steuerreform in der Vergangenheit. (Beifall bei BundesrätInnen von Grünen und ÖVP.)

Diese Regierung hat in den letzten beiden Jahren mehr als einmal bewiesen, dass sie klare, zielgerichtete Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut setzt, also dass klare Maß­nahmen gesetzt werden, und es wird angesichts der gerade aktuellen Entwicklung sicher auch weitere Maßnahmen brauchen. Was wir aber nicht machen, ist, die Gießkanne auszupacken. Eine wie von manchen hier geforderte Mehrwertsteuersenkung wäre ge­nau das. Breit gestreut über alle Einkommensschichten hinweg einfach Geld zu verteilen ist erstens sehr teuer und zweitens vor allem wirkungslos, was die soziale Gerechtigkeit betrifft.

Nun möchte ich zu den Änderungen kommen, die das Sozialversicherungsgesetz be­treffen. Diese Novellierung ist quasi eine Ergänzung zur Umsetzung dessen, was bei den ArbeitnehmerInnen der sogenannte Sozialversicherungsbonus in der ökosozialen Steuerreform ist. Bäuerliche PensionistInnen erhalten eine niedrigere Ausgleichszulage als alle anderen PensionistInnen, weil bei ihnen in der Regel das Vorliegen zusätzlicher Sachleistungen angenommen wird. Diese Werte wurden bisher pauschal mit 10 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes bewertet und sollen in Zukunft nur mehr mit 7 Prozent angerechnet werden. Wir haben ja für die aktiven Bäuerinnen und Bauern zuletzt bereits die Krankenversicherungsbeiträge gesenkt, und zwar in 21 Stufen, bis zu einem Ein­kommen von 2 900 Euro – und das ist durchaus ein beachtlicher neuer Weg, weil wir diesmal eben nicht die Gießkanne ausgepackt haben und für alle gleichmäßig Erleich­terungen geschaffen haben, sondern genau dort, wo sie gebraucht werden; gebraucht deshalb, weil es bisher eine Schieflage gab, eine Schieflage zum Nachteil der kleineren Betriebe.

Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vor Sozialversicherung sind von 2020 auf 2021 bei Betrieben bis 40 Hektar um 3 Prozent gesunken und bei Betrieben über 100 Hektar um 8 Prozent gestiegen. Nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge sind sie bis 40 Hektar jedoch um 6 Prozent gesunken und bei Betrieben über 100 Hektar um 11 Prozent gestiegen. Das heißt nichts anderes, als dass die Sozialversicherungsbei­träge die kleineren Betriebe überdimensional belasten. Das führt letztlich auch dazu, dass kleinere Höfe zusperren und größere noch größer werden. Für größere Betriebe ab circa 70 Hektar führt eine Vergrößerung durch Pacht nicht zu einer Mehrbelastung bei den SV-Beträgen, für kleinere Betriebe hingegen schon, daher können die großen auch höhere Pachtzinse zahlen.

Es ist mehr als nur gerecht, dass diese Schieflage nun etwas korrigiert wird, und das ist auch ein grüner Erfolg. Olga Voglauer und Clemens Stammler haben unermüdlich ver­handelt, und es ist gelungen – im Bereich der Landwirtschaftspolitik ist das nicht immer so –, diesmal eine Regelung für die kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe zu schaf­fen (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Kornhäusl); so auch bei den Pen­sionen, genauer gesagt bei den MindestpensionsbezieherInnen im bäuerlichen Bereich.

Es geht um das sogenannte Ausgedinge. Das fiktive Ausgedinge ist der Versuch, ab­zubilden, was Altbäuerinnen und Altbauern an Sachleistungen von ihren Übernehme­rInnen erhalten. Das ist historisch gewachsen, in den alten Übergabeverträgen sind For­mulierungen wie: Fünf Eier, einen Liter Milch, ein halbes Kilo Fleisch pro Woche oder Ähnliches. Dass das heute nicht mehr zeitgemäß ist, liegt auf der Hand. Nichtsdestotrotz wird dieser fiktive Sachbezug von der Ausgleichszulage abgezogen. Die Senkung des fiktiven Ausgedinges betrifft Altbäuerinnen und Altbauern, die Mindestpension bezie­hen – das sind 8 Millionen Euro mehr in den Geldbörsen für rund 30 000 Mindestpen­sionsbezieherinnen und Mindestpensionsbezieher. Von diesen 30 000, und das möchte ich auch im Zusammenhang mit dem Frauentag erwähnen, sind ein Drittel alleinstehen­de Altbäuerinnen, das heißt etwa 10 000 alleinstehende Pensionistinnen, deren sehr kleine Pension durch diese Regelung etwas aufgebessert wird. Und da möchte die SPÖ dagegenstimmen? – Also das verstehe ich ehrlich nicht. (Zwischenruf der Bundesrä­tin Schumann.)

Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie (Rufe bei der SPÖ: Ja, ja, ja!), es geht hier nicht um Großbauern (Ruf bei der SPÖ: Eben, gibt es ja gar nicht!), es geht um sehr kleine Pensionen. Ich verstehe es wirklich nicht. Wie kann man sich soziale Gerech­tigkeit auf die Fahnen schreiben und hier dagegenstimmen?! Das passt einfach nicht zusammen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.) Es geht nicht um Großbauern.

Was zusammenpasst, das ist Ihr offensichtliches reflexartiges Nein, wenn es um Ver­besserungen für die bäuerlichen Betriebe geht. (Neuerlicher Zwischenruf bei der SPÖ.) Es wäre hoch an der Zeit, dass Sie diese Strategie irgendwann einmal ändern. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.16

Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Johannes Rauch. Ich erteile ihm das Wort.