9.03

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Geschätzter Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Öster­reichs Weg gegen Teuerung und Inflation“ ist das Thema unserer Aktuellen Stunde. An­gesichts des Angriffskriegs von Putin in der Ukraine mag diese Themenstellung man­chen als sekundär vorkommen (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), und ange­sichts der Bilder, die wir aus Butscha geliefert bekommen haben, dieser Kriegsgräuel kann ich diese Ansicht durchaus nachvollziehen, auch wenn es einen inneren Zusam­menhang zwischen dem Krieg in der Ukraine und unserer heutigen Themenstellung gibt.

Es werden diese Kriegsgräuel – gestatten Sie mir, dass ich das eingangs auch sage – sicher von der internationalen Strafgerichtsbarkeit zu verfolgen sein, und ich bin sehr zuversichtlich, dass das rasch und umfassend erfolgt, weil dieser Angriff auf die Menschlichkeit, auf die Menschenrechte zutiefst abzulehnen ist.

Wir haben uns gestern auch hier im Europaausschuss des Bundesrates mit der Ukraine und mit den humanitären Hilfsleistungen auseinandergesetzt und diesbezüglich auch eine parteienübergreifende, gemeinsame Beschlussfassung getroffen. Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen für die Europakammer des österreichischen Parlaments, dass das so erfolgt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe es schon gesagt: Die Teuerung und die Inflation sind nicht hausgemacht, es ist eine importierte Inflation. (Bundesrat Steiner: Genau!) Sie ist zu einem Teil den Entwicklungen in der Ukraine geschuldet. Es sind sicherlich auch die Folgen der Pandemie Ursache (Bundesrat Steiner: Die Maßnah­men!) für diese Teuerungswellen. Und es ist eine absolute Verkennung, liebe Kollegin­nen und Kollegen der Freiheitlichen Partei, wenn Sie meinen, es wären die Maßnahmen, es wären die Sanktionen die Ursache für diese Teuerung. Nein, der Krieg ist eine der Ursachen für diese Teuerung, und deswegen gilt es darauf hinzuweisen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Bundesrat Steiner: Das kommt Ih­nen ganz gelegen, um Ausreden zu suchen! Das ist das Einzige! Falscher Fuffziger!)

Herr Kollege Steiner, es ist ein sehr ernsthaftes Thema und die Österreicherinnen und Österreicher - - (Bundesrat Steiner: Trotzdem sind Sie ein falscher Fuffziger, auch wenn das Thema ...! – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ich bedanke mich für die anerkennenden Worte, zumal ich in einigen Monaten einen runden Geburtstag feiere, der leider von ei­nem Fünfziger entfernt ist. Aber danke, dass du mich als so jugendlich einschätzt.

Ich war dabei, zu begründen, was die Ursachen für diese importierte Inflation sind, und zu sagen, dass es kein nationales Phänomen ist, sondern dass es eine internationale Entwicklung ist, die durch verschiedene Ursachen getrieben ist. Es kommen damit die Staaten an die Grenzen des Machbaren.

Es hat eine aus meiner Sicht sehr spannende Glosse in den „Salzburger Nachrichten“ gegeben, in der es geheißen hat, eigentlich wäre die Zeit angebracht, „reinen Wein ein­zuschenken“. Kein Staat der Welt schafft es, seine Bewohner zur Gänze vor den öko­nomischen Folgen – Covid, Ukraine – abzuschotten. Ich zitiere: „So zu tun“, als ob man „all das Böse wegzaubern“ kann, „zeugt von eher kindlichem Politikverständnis“. Ich kann dem viel Wahres abgewinnen.

Was gibt es für Handlungsoptionen? – Man kann die Inflation, insbesondere wenn es eine importierte Inflation ist, nur sehr schwer bekämpfen, aber man kann die Folgen für betroffene Bevölkerungsgruppen mindern und ihnen zeigen, dass man ihre Sorgen und Nöte versteht. Die Oesterreichische Nationalbank und das Wifo haben jüngst auch auf diese Entwicklungen hingewiesen, und auch Volkswirte auf internationaler Ebene war­nen ja nicht zu Unrecht vor einer schwindenden Wirtschaftsleistung und gleichzeitig stei­genden Preisen, was ja zu einer Stagflation führen könnte. Und das ist eine Entwicklung, die toxisch ist und die wir uns alle nicht wünschen.

Da werden die Sozialpartner bei den Lohnverhandlungen ihre Rolle spielen müssen –Stichwort: Lohn-Preis-Spirale (Bundesrätin Schumann: Na, na, na, na!) –, da werden die Nationalbanken ihre Rolle spielen müssen, und da wird Europa auch bei den Sanktio­nen mit Augenmaß agieren müssen.

Die Bundesregierung hat sehr früh ihre Maßnahmen eingeleitet. Ich darf an die ökoso­ziale Steuerreform mit einer Gesamtentlastung über die Laufzeit von 18 Milliarden Euro erinnern; 3,2 Milliarden Euro davon werden heuer schlagend. Ich erwähne beispiels­weise die Senkung der zweiten Einkommensteuerstufe von 35 auf 30 Prozent mit einem Mischsteuersatz von 32,5 Prozent im heurigen Jahr, was bis zu 650 Euro pro Jahr für die Steuerunterworfenen bedeutet.

Ich darf Ihnen ein Beispiel aus meinem Heimatbundesland Steiermark, aus Mariazell, näherbringen, und zwar von einer Alleinerzieherin mit einem fünf Jahre alten Kind. Sie ist Vollzeitangestellte mit einem Nettogehalt von 1 544 Euro, ihr Ex-Mann zahlt für das Kind Unterhalt. Wenn Sie die Entlastung aus dem Steuertarif, die Entlastung aus der Familienbonusaufstockung, die Entlastung durch den regionalen Klimabonus und die Entlastung durch den regionalen Klimabonus für das Kind zusammenfassen, so bedeu­tet das eine Gesamtentlastung von 704 Euro. Das ist für diese Alleinerzieherin mit ihrem Sohn durchaus eine wertvolle Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätIn­nen der Grünen.)

Ich darf als zweites Maßnahmenpaket auf das Antiteuerungspaket mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro verweisen. Die Aussetzung der Ökostrompauschale, der Entfall des Ökostromförderbeitrages, der Teuerungsausgleich für vulnerable Gruppen seien hier angesprochen. Arbeitsminister Martin Kocher hat erst gestern berichtet, dass für die Arbeitslosengeldbezieher und die NotstandshilfebezieherInnen 150 Euro mit dem März­bezug ausbezahlt worden sind. Das ist also auch eine Maßnahme für sehr stark be­troffene Gruppen, und ich glaube, das ist auch ein Schritt in die richtige Richtung, der von uns gemeinsam gegangen wird.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass wir als dritte Maßnahme das Energiepaket haben. Dieses Energiepaket sieht unter anderem eine 50-prozentige Erhöhung der Pendlerpau­schale und einen vierfachen Pendlereuro vor. Wenn Sie sich die Beispiele näher anse­hen, dann werden Sie feststellen, dass diese Maßnahmen ihre Wirkung durchaus nicht verfehlen. Wenn ich ein weiteres Beispiel aus meinem Heimatbundesland erwähnen darf: In einem Haushalt pendeln beide Personen in die Arbeit und haben Anspruch auf ein großes und ein kleines Pendlerpauschale. Von diesen beiden Personen verdient eine brutto 2 800 Euro, die andere verdient brutto 1 000 Euro. Aus der Entlastung heraus be­deutet das für die erste Person 908 Euro, für die zweite 100 Euro, in Summe 1 008 Euro. Das ist, glaube ich, auch markant und hilft den betroffenen Familien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mein Heimatbundesland Steiermark be­deutet diese Maßnahme in Summe rund 89 Millionen Euro von 400 Millionen Euro, und sie bedeutet für jeden Pendler in etwa 450 Euro. Das ist schon etwas, das auch bei gestiegenen Treibstoffpreisen zumindest hilft. Ich glaube, dass das eine sehr kluge und eine sehr schlüssige Maßnahme ist, die beschlossen wurde.

Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur am Rande die Liquiditätsstärkung für die Unternehmungen durch Steuerabsetzung und deren Bedeutung für die Wirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vergleich macht Sie und uns und die Ös­terreicherinnen und Österreicher sicher. Wenn Sie das Energieentlastungspaket mit an­deren Ländern vergleichen, dann werden Sie feststellen, dass in Deutschland die Maß­nahmen für drei Monate beschlossen worden sind, in Österreich bis inklusive Juni 2023, und dass das Volumen, das gestemmt wird, in Summe nahezu doppelt so hoch ist als jenes der deutschen Kollegen. Also auch da macht uns der Vergleich sicher.

Es ist also so, dass die Steuerreform über die Laufzeit für alle Gruppen eine wesentliche Entlastung darstellt. Es ist also so, dass die aktuellen Pakete die Folgen dieser Teue­rungswelle und der inflationären Entwicklungen zumindest abfedern. Es ist eine Dimen­sion, die auch im internationalen Vergleich gigantisch ist. Allerdings muss man dazusa­gen – sehr geehrter Herr Finanzminister, ich weiß aus vielen Kontakten und Gesprä­chen, dass du den Blick aufs Ganze hast –, dass es auch so ist, dass jede heutige Mehr­ausgabe Schulden für künftige Generationen bedeutet. Wir müssen daher bei diesen Maßnahmen auf die richtige Balance achten und nicht bereits heute allen Treibstoff, der vielleicht noch in Zukunft zur Verfügung steht, investieren, damit es für einen wirtschaft­lichen Aufschwung und damit für die Sicherung und die Schaffung von Arbeitsplätzen auch noch ein Budget gibt.

Resümee: Die ökosoziale Steuerreform der Bundesregierung von ÖVP und Grünen ist treffsicher. Sie ist auch sozial (Bundesrätin Steiner-Wieser: Nein, die ist asozial! – Wei­tere Zwischenrufe bei der FPÖ), sie ist wirkungsvoll und sie ist europaauffällig. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.14

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel zu Wort gemeldet ist. Ich erteile ihr dieses.