10.12

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Minister, Sie haben in Zitierung des deut­schen Kollegen gesagt, es droht ein Wohlstandsverlust und den gilt es zu verhindern. – Herr Minister, es droht kein Wohlstandsverlust, sondern es ist derzeit ein ganz massiver Wohlstandsverlust im Laufen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Wohlstandsverlust ist zu einem Großteil – aber bei Weitem nicht allein – der Inflation geschuldet. Bitte überlegen Sie nur einmal – Sie haben es ja erwähnt –: Wir sind seit Jahren in einem Bereich der Negativzinsen. Die Leute bekommen auf ihre Sparguthaben nichts. Eine Inflation von 6 Prozent, die wir ja haben, bedeutet, dass das reale Sparguthaben der Bevölkerung um 6 Prozent pro Jahr geschrumpft wird. Wenn das kein Wohlstandsverlust ist! Ja, vielleicht ist es keiner für Bill Gates oder für Herrn Zuckerberg, denn die haben keine Sparguthaben, die haben andere Anlageformen, aber der durchschnittliche österreichische Mensch ist auf seine Konten, Sparguthaben, Fonds und dergleichen angewiesen.

Das geht aber weiter, das betrifft genauso die sogenannte private Pensionsvorsorge. Dort gibt es nicht nur das Problem eines derzeitigen Realpensionsverlustes von 6 Pro­zent, weil es keine Erträge gibt, sondern dort gibt es seit zwei, drei Jahren meistens sogar laufende Pensionssenkungen, weil aufgrund der Nullzinspolitik nicht einmal die Verwaltungskosten dieser Fonds erwirtschaftet werden können. Man kann daher, aus­gehend von der jetzigen Inflationsrate, annehmen, dass es in den letzten zwei Jahren eine etwa 7- bis 7,5-prozentige reale Senkung der Kaufkraft bei Zusatzpensionen gibt. Das sind dramatische Entwicklungen.

Die Inflation – da haben Sie natürlich recht – ist nicht hausgemacht, sondern importiert. Das ist ein Effekt davon, dass wir in wichtigen wirtschaftlichen Fragen die Souveränität aufgegeben haben und dass wir halt im europäischen Raum drinnen sind und mehr oder minder machtlos zusehen mussten und zusehen, wie die Geldschwemme die Inflation auslöst. Diese Geldschwemme wird ja nicht nur gebremst – sie wird bei der direkten Ausgabe durch die Europäische Zentralbank eingeschränkt, weil die weniger Anleihen aufkauft –, sondern sie wird durch den sogenannten Wiederaufbaufonds extrem befeu­ert, mit dem mehr oder minder aus dem Nichts im Zugriff auf zukünftig irgendwann ein­mal zu verdienende Mittel 750 Milliarden Euro – manche sagen: 806 Milliarden Euro, mit Nebenkosten – in den Markt gepumpt werden, um die Inflation weiter anzuheizen.

Da habe ich aber von keinem Versuch von Österreich gehört, in der EU vorstellig zu werden und zu sagen: Kinder, bei der jetzigen Situation ist es ein Wahnsinn, die Mittel aus diesem Fonds weiter zu vergeben! (Beifall bei der FPÖ.) Das muss sofort einge­froren werden, unabhängig davon, dass wir mit unserer Zustimmung zu diesem soge­nannten Fonds in die Schuldenunion eingetreten sind. Ganz unabhängig davon ist es ein Gebot der Stunde, dass alles unterlassen wird, was diese Inflation weiter befeuert. Niemand kann sagen, dass diese 750 Milliarden Euro nicht ein Turbo für die Inflation sind.

Jetzt aber zu den möglichen Maßnahmen: Herr Minister, selbstverständlich wäre es möglich und auch geziemend, wie man in einer Kirche sagen würde, die Steuern zu senken, denn die inflationäre Entwicklung vor allem im Energiesektor führt zu einem Turbo bei den Staatseinnahmen. Der Staat profitiert überall mit. 40 Prozent Erhöhung des Preises eines Energieträgers bedeuten 40 Prozent höhere Staatseinnahmen.

Keinesfalls sind wir irgendwo bei den Mindestsätzen, die die Europäische Union vor­schreibt, angelangt. Es wäre überall möglich, auf die Mindestsätze hinunterzugehen. Überall wäre das möglich, wir sind nirgends bei den Mindestsätzen. Vielleicht sind wir es irgendwo, aber bei fast allen Steuern sind wir nicht bei den Mindestsätzen, weder bei den Mehrwertsteuern noch bei der Mineralölsteuer.

Wir haben auch nichts unternommen, um die gigantische Inflation, die auf dem Immo­bilienmarkt herrscht, für die Leute ein bisschen leichter erträglich zu machen. Rechnen Sie nur einmal nach, was allein die Explosion der Immobilienpreise an zusätzlichen Grunderwerbsteuereinnahmen und Einnahmen aus den Grundbucheintragungsgebüh­ren gebracht hat! Diese Einnahmen haben sich, nur aufgrund der enormen Inflation auf dem Grundstücksmarkt, in den letzten Jahren um etwa 200 Prozent erhöht. Auch da wäre es überhaupt kein Problem, von 3,5 Prozent auf 2,5 Prozent hinunterzugehen, zum Beispiel bei der Grunderwerbsteuer. Das wäre eine gewisse Hilfe und würde die Steu­ereinnahmen jetzt nicht zusammenstreichen, sondern auf das Niveau zurückführen, auf dem sie vor etwa drei, vier Jahren gewesen sind.

Es ist also viel zu tun. Das Einzige, was gemacht wird: Es werden staatliche Geschenke, Bonbons verteilt, Gutscheinchen, da eine kleine Entlastung und dort eine Möglichkeit, sich etwas zurückzuholen. – Das ist keine seriöse Politik, das ist keine Antwort auf das dramatische Szenario, das es gibt. Das kann man auch nicht damit rechtfertigen, dass wir von Krisen umgeben sind, sondern Krisen sind dazu da, dass darauf reagiert wird, und nicht dazu, dass Mittel im Staat akkumuliert werden, die Inflation befeuert wird, der Lebensstandard der Leute gesenkt wird und dann Geschenke verteilt werden (Beifall bei der FPÖ), noch dazu, wenn – anders als in Slowenien –, zumindest nach Ihren Aussa­gen, derzeit ja keine Wahlen anstehen. (Bundesminister Brunner: Genau!) – Auf Wie­dersehen! (Beifall bei der FPÖ.)

10.17

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Adi Gross. Ich erteile dieses.