13.14
Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das ist der erste Punkt auf der Tagesordnung, den wir heute gemeinsam beschließen werden.
Kollege Preineder hat das schon sehr ausführlich erklärt. Dieser Überfallskrieg von Russland auf die Ukraine hat alle auf der Welt eigentlich fassungslos gemacht. Vor allem die Bevölkerung der Ukraine leidet massiv darunter. Es besteht auch die nicht unberechtigte Befürchtung, dass aus diesem derzeit noch lokalen Krieg ein Konflikt werden könnte, der sich dann unkontrolliert ausweitet.
Es gab und gibt Sanktionen, es gibt jeden Tag Sanktionen, aber auch Sanktionen haben ihre Grenzen. Der gegenwärtige Konflikt zwischen Russland und der Ukraine veranschaulicht einmal mehr, wie abhängig Europa von russischen Energieträgern ist.
Die vielen Vorteile, die uns das billige russische Gas in den vergangenen Jahrzehnten gebracht hat, rächen sich nun fatal, denn eine Verringerung oder gar Einstellung der Gaslieferung aus Russland hätte wirklich verhängnisvolle Folgen für unzählige Haushalte, die mit Gas heizen und kochen, und vor allem für die Industrie.
Wir diskutieren meiner Meinung nach über die größte Krise nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich hoffe, dass es nicht zu dem kommt, was wir uns unter Umständen in den kühnsten Albträumen vorstellen. Wenn es dazu kommt, dann ist es wie ein Tsunami, das können wir hundertprozentig an dieser Stelle sagen.
Wir haben in der Vergangenheit auf Atomkraftwerke verzichtet, auch wollten wir flächendeckende Fotovoltaikanlagen nicht genehmigen. Wir haben auch gesagt, so wie bei uns in Kärnten, dass es sehr schwierig ist, Windräder zu realisieren, und wir haben auch alle Kohlekraftwerke geschlossen. Nun haben unsere Nachbarländer im Gegensatz zu uns Möglichkeiten, etwa mit der Atomkraft, beispielsweise Frankreich mit diesen kleinen Atomkraftwerken. Und wenn Deutschland jetzt aus der Atomkraft doch nicht aussteigt, sondern halt ein paar Jahre später, und jetzt wieder beginnt, mit der Kohle zu arbeiten, dann wird es denen wahrscheinlich besser gehen, wenn es wirklich dazu kommt, dass das Gas abgedreht wird.
Jedenfalls ist die Aktivierung des Notfallplans mit einer engmaschigen Überwachung notwendig, ja derzeit die logische Konsequenz; darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Wir haben 96 Terawattstunden, wenn die Lager voll sind, glaube ich. Im Moment haben wir 13 oder 14 Terawattstunden. Damit kommen wir einen Monat, vielleicht sechs Wochen aus, wenn wir alles befriedigen, was notwendig ist.
Aus dieser Abhängigkeit gibt es kurz- und mittelfristig kein Entkommen. Andere Gaslieferanten können nicht ohne weiteres einspringen. Und, der Kollege (in Richtung Bundesrat Spanring) hat es ja ausführlich erklärt: Wenn wir jetzt darüber reden, Gas aus Norwegen, Gas aus dem Iran oder von woanders liefern zu lassen oder Frackinggas aus Amerika, obwohl wir immer dagegen waren, Frackinggas zu verwenden, so wäre das in gewisser Hinsicht verlogen.
Ich glaube auch, dass wir als Österreich, aber auch andere Länder es 2014, bei der Annexion der Krim, verabsäumt haben, entsprechend zu reagieren. Damals hätten wir eigentlich schon wissen müssen, was auf uns zukommen könnte.
Deswegen ist es begrüßenswert, dass es jetzt mit der Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes eine Speicherpflicht, wie sie mit dem Erdölbevorratungsgesetz bereits existiert, auch für Gas auf eine gesetzliche Basis gestellt wird.
Auch wenn derzeit der Gasbezug noch läuft, so ist aufgrund der ungeheuren Energieverteuerung Gas für viele Menschen ganz einfach nicht mehr leistbar. Wir haben alle Punkte durchdiskutiert, die wir dem Finanzminister vorgeschlagen hatten: Wir haben über die einkommensschwachen Haushalte gesprochen, das Energiekostenausgleichsgesetz ist jetzt beschlossen worden.
Wir wissen, dass Mütter, PensionistInnen, Kleinstbetriebe derzeit große Probleme mit den diesbezüglichen Kosten haben. Auch wenn wir Mehrwertsteuerreduzierungen, einen Inflationsausgleich für schwache Familien oder einen Preisdeckel machen würden, wie auch immer: Es ist notwendig, dass wir etwas machen, ich glaube aber nicht, dass es so kommen wird, wie wir uns das vorstellen.
Frau Bundesministerin, ich habe in einer Fernsehsendung gesehen, dass der Präsident der Industriellenvereinigung Sie ganz schön angegriffen hat. Der Grund dafür war, so hat er es gesagt – vielleicht erklären Sie uns das auch –, dass er, also die Wirtschaft, ausgeschlossen worden sei, nicht dabei gewesen sei, als es zu den Punkten, welche die Maßnahmen betreffen, kam.
Was mich schon ein bisschen wundert – das habe ich auch vorhin gesagt –, ist, dass das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das Energieeffizienzgesetz und das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dass die Verordnungen noch immer nicht fertig sind. Ich meine, wir haben leicht reden, wenn wir hier stehen. Wer auch immer das verhindert, ich habe jedoch oft das Gefühl – und auch das habe ich in meiner letzten Rede gesagt –, dass sich die Koalition da wahrscheinlich teilweise intern behindert.
Ja, der Druck wird immer größer. Ich habe mir da einen Kommentar vom „Standard“ rausgesucht, geschrieben von einer gewissen Petra Stuiber, in dem es heißt: „Raus aus russischem Gas und Öl“. Wenn das jetzt alles auf uns zukommt und der Druck über die Presse größer wird, man muss sich einmal vorstellen – das ist heute schon mehrfach festgestellt worden, Kollege Preineder hat es auch gesagt –, was das dann für eine Katastrophe wäre, wenn bei uns das Gas abgedreht werden würde; aber nicht nur für die kleinen Wohnungen in den Städten, die eine Gasheizung haben. Wir im Mölltal zum Beispiel heizen ja mit Holz, Pellets, Erdwärme und was weiß ich, womit noch. Wir sind nicht darauf angewiesen. Wenn man aber bedenkt, welche brutalen Auswirkungen es hätte, das Gas abzudrehen , und wenn der Druck immer größer wird, das zu tun, dann sage ich: Gute Nacht, Österreich!, denn wir sind zu 80 Prozent davon abhängig.
Zum Schluss – ich habe etwas mitgenommen, was ich auf Puls 4 gesehen und wozu ich mir etwas ausgedruckt habe –: Ich habe vorhin schon einen anderen Präsidenten zitiert, jetzt bemühe ich also den CEO der Heinzel Group und Präsident von Austropapier – auch die Kollegin, die Frau Präsidentin (in Richtung Präsidentin Schwarz-Fuchs) hat ja eine Druckerei mit sehr vielen Mitarbeitern –: Wenn dort der Betrieb eingestellt wird, können wir auch Gute Nacht sagen. Ich rede jetzt nicht von der Voest und vielen anderen Bereichen. Keine Produktion bedeutet ja nicht nur, dass kein Papier für den Druck und so weiter hergestellt wird, es betrifft auch so viele weitere Dinge, bei Hygieneartikeln angefangen. Und wenn man bedenkt, dass die Papierindustrie auch über hunderttausend Haushalte in Österreich heizt, dann kann man sich vorstellen, was da alles auf uns zukommen könnte.
Ganz ohne Erdgas wird es dort nicht gehen, obwohl sie ja auch schon Biomassekessel einsetzen, und jeder denkt natürlich darüber nach, wie man in diesem Bereich tätig werden kann. Es hilft nichts, wir müssen da dabei sein.
Ich wünsche mir, dass dieser Tsunami nicht über Österreich hereinbricht, dass es nicht so weit kommt, dass es kein Gas mehr gibt – ob wir nun von unserer Seite entscheiden, dass wir es nicht mehr wollen, oder ob der sogenannte Patriarch aus Russland es uns unter Umständen abdreht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
13.23
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.