16.17
Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Werte Frau Minister! Werter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Einen wesentlichen Teil des Berichtes stellt klarerweise die Gemeinsame Agrarpolitik dar. Es ist gerade aktuell – Kollegin Kahofer hat es, glaube ich, auch erwähnt –: In diesen Tagen ist ein Brief aus Brüssel angekommen, der sogenannte Observation Letter der Kommission zu den österreichischen Vorhaben zur nationalen Ausgestaltung der nächsten GAP-Periode 2023 bis 2027. Österreich hat, wie insgesamt 19 der 27 Mitglieder, seine Vorstellungen rechtzeitig bis zum Jahresende nach Brüssel eingemeldet, und nun hat eben die EU-Kommission geantwortet und den rot-weiß-roten Strategieplan unter die Lupe genommen.
Wie sieht diese Rückmeldung aus? Wie sieht die Bewertung seitens der Kommission aus? – Na ja, man könnte sagen: Lob und Tadel. Zusammengefasst könnte man es in etwa so formulieren. Die österreichische Strategie kommt bei der Kommission eher mittelgut an. Die zentrale Botschaft lautet: Da geht noch etwas!
Ausdrücklich gelobt wird die Förderobergrenze von 100 000 Euro, die es in Österreich im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Ländern geben wird. Ebenso positiv gesehen wird die Umverteilung hin zu den kleineren Betrieben. 10 Prozent der Flächenprämien und die Mittel, die aus dem Capping, also aus dieser Förderobergrenze, frei werden, werden in zwei Stufen umverteilt, vor allem aber für die ersten 20 Hektar. Das ist wichtig, denn gerade die kleinstrukturierten Familienbetriebe sind der Garant für eine gesicherte Versorgung mit qualitätsvollen Lebensmitteln. Wer Ernährungssicherheit will, der braucht die bäuerliche Landwirtschaft. Kleinere bäuerliche Familienbetriebe sind flexibler und krisensicherer, ganz im Gegensatz zu marktbeherrschenden Produzenten, die wirklich krisenanfällig sind.
Apropos Ernährungssicherheit – es ist schon erwähnt worden –: Bereits in den ersten Tagen der russischen Invasion kam es zu lauten Rufen aus dem Agrarsektor, bei denen unter dem Vorwand, dass die Ernährungssicherheit bedroht sei, gefordert wurde, den Grünen Deal zu kübeln, die Farm-to-Fork-Strategie abzusagen und die Biodiversitätsstrategie auszusetzen.
Keine Frage, der Krieg in der Kornkammer Europas hat massive Auswirkungen. Wie sieht es aber im Detail in Österreich aus? Wofür werden Getreide und Mais in Österreich verwendet? – In Österreich werden im Jahr etwa 4 Millionen Tonnen verbraucht, davon 745 000 Tonnen für Ernährung, 832 000 Tonnen für Fütterung, 651 000 Tonnen für Bioethanol und 1,7 Millionen Tonnen für die Industrie. Das heißt, gerade einmal 20 Prozent des in Österreich verbrauchten Mais und Getreides werden direkt für die Ernährung verwendet. Wenn wir also mehr Getreide auf den Teller statt in den Tank bringen, dann ist schon sehr viel getan. Wenn wir die Lebensmittelverschwendung reduzieren – derzeit landet circa ein Drittel der Lebensmittel einfach in der Mülltonne –, dann haben wir schon viel getan.
Wer jetzt den russischen Angriff auf die Ukraine dazu nutzt, um den Green Deal mit dem Verweis auf Versorgungssicherheit auszuhöhlen, und dabei ignoriert, dass die Klimakatastrophe die größte Gefahr für unsere Versorgungssicherheit ist, der – und das ist heute ja schon zweimal gesagt worden – sägt am Ast, auf dem wir alle sitzen. Eine kurzsichtige Rücknahme von Ökologisierungsschritten hilft nicht dabei, die Versorgungssicherheit in Europa sicherzustellen. Im Gegenteil, wir brauchen Brachflächen als wichtige ökologische Lebensräume, um die Belastung der Böden und Wasserkreisläufe durch Pestizide zu reduzieren. Genauso können nur diverse und gesunde Wälder genug CO2 binden und Wasser speichern.
Und überhaupt, was bringt es uns, wenn wir nominell die Anbaufläche um 1 Prozent erhöhen? Das sind in etwa die Brachflächen, die es aktuell gibt, mehr machen die nicht aus! 1 Prozent mehr Fläche heißt nicht automatisch 1 Prozent mehr Produktion, denn was wird in der Regel als Brachfläche genutzt? – Es sind Randlagen, die zum Beispiel niemand wollte, jedenfalls Flächen, die keinen nennenswerten Ertrag bringen. Und die sollen jetzt auch noch zur Produktion genutzt werden, obwohl klar ist, dass sie nicht viel abwerfen werden? Diese sollen jetzt auch noch zur Produktion genutzt werden, obwohl sie gerade auch für die Landwirtschaft viel wichtigere andere Funktionen haben? – Also den Punkt verstehe ich wirklich nicht.
Gleichzeitig haben wir nach wie vor einen enormen Flächenverbrauch und tauschen tagtäglich jede Menge fruchtbaren Boden gegen krisenfesten Beton. Aber ich sage es noch einmal: Beton ist keine Feldfrucht! (Beifall bei den Grünen.) Wenn wir das begreifen, haben wir schon viel erreicht. Was sicher kein Weg ist, ist, mit Vollgas zurück in die Vergangenheit zu lenken und auf Teufel komm raus zu produzieren. Nur eine agrarökologische, vielfältige, kleinteilige Landwirtschaft kann uns sicher und verlässlich ernähren.
Als Grüne fordern wir daher, dass ein schneller Ausbau und Umstieg auf agrarökologische Methoden wie zum Beispiel Gründünger und die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten sowie regionaler Lebensmittelproduktion durch kleine mittelständische Landwirtschaftsbetriebe endlich in den Fokus gestellt werden. Die Agrarwende in diesem Sinn ist der notwendige Weg, der langfristig für Versorgungssicherheit sorgt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
16.24
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.