17.37

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Geschätzte Zu­hörerInnen! Mit der Geosphere Austria wird eine neue Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen. Die Geosphere Austria geht aus der Fusionierung von zwei nachge­ordneten Dienststellen, der Geologischen Bundesanstalt und der Zentralanstalt für Me­teorologie und Geodynamik, hervor.

In Wien soll eine zentrale Kompetenzstelle entstehen: eine Forschungsorganisation für Daten und Informationen über die gesamte Geosphäre. Spitzenforschung mit interna­tionalem Charakter wird in Wien angesiedelt. Folgende Ziele werden mit dieser Fusion unter anderem verfolgt: Steigerung der gesamtstaatlichen Resilienz, Verbesserung der Einsatzbereitschaft von Behörden und Einsatzorganisationen, Sicherung der geologi­schen, geophysikalischen und meteorologischen Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen in Österreich und wissensbasierter Umgang mit dem Klimawandel. – Ja, diese Zielformu­lierungen sind stimmig.

Nun aber zu den Kritikpunkten der sozialdemokratischen Fraktion an dieser Gesetzes­vorlage: Die Errichtung der Geosphere Austria führt nicht zu einer Verschlankung bei den Wetterdiensten. Negativ ist auch, dass andere staatliche Wetterdienstleister entge­gen der ständigen Rechnungshofkritik nie in diese neu gegründete Körperschaft öffentli­chen Rechts einbezogen wurden.

Weiters erlaubt der Gesetzentwurf der neuen Anstalt Geosphere Austria, neben ihren hoheitlichen Aufgaben auch Dienstleistungen auf dem freien Markt anzubieten. Die Um­setzung in diesem Bereich sehen wir als nicht gelungen an. In Abwägung der Pros und Kontras ist die sozialdemokratische Fraktion zum Schluss gekommen, dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Besonders verwundert mich die Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter der tür­kisen beziehungsweise der von der ÖVP geführten Länder, fordern diese in ihren Präsi­dentschaften doch unentwegt eine Dezentralisierung von Einrichtungen des Bundes. (Beifall bei der SPÖ.) Auch der Gemeindebund hat in seiner Stellungnahme darauf Be­zug genommen. Aus Ihrer Sicht muss dies doch eine völlig vertane Chance sein – oder ziehen Sie die Dezentralisierungskarte nur dann, wenn es um ein Wienbashing geht? Das ist reine Taktik, kein Inhalt, keine Substanz. Haben Sie mit der Dezentralisierungs­strategie, die Sie verfolgen, schon irgendwelche Erfolge erzielt?

Sehr geehrter Herr Minister, ich komme zu den Schlüsselwörtern: wissensbasierter Um­gang mit dem Klimawandel. Wie gedenken Sie in Anbetracht der vorherrschenden Wis­senschaftsskepsis die Bevölkerung einzubinden, damit an einem Strang gezogen wird? Immer wieder sind wir mit einer Flut an alternativen Fakten konfrontiert, die wissenschaft­liche Arbeiten sowie Forscherinnen und Forscher diskreditieren, sichtbar wurde das zu­letzt bei der Bewältigung der Covid-Krise.

Es gibt aber auch strukturelle Schwächen in der österreichischen Wissenschaftsland­schaft, die zu einer Wissenschaftsskepsis führen. Ich gebe ein Beispiel aus der kommu­nalen Praxis: Ein Versorgungsunternehmer plant eine überregionale Infrastruktur über mehrere Gemeinden hinweg. In der betroffenen Bevölkerung regt sich Widerstand. Die zuständige Behörde lenkt ein und vergibt einen Auftrag an ein Universitätsinstitut, das in dem Zusammenhang als die österreichische Kompetenzstelle gilt, und lässt die Sache wissenschaftlich analysieren. Zeitgleich wird innerhalb der Zivilgesellschaft bekannt, dass diese Kompetenzstelle bereits mehrfach bezahlte Aufträge für ebendieses Versor­gungsunternehmen durchgeführt hat. Das war, wie die Erfahrung zeigte, das Aus für das Vertrauen in die Wissenschaftlichkeit dieser Analyse. Das Vertrauen ist da verloren ge­gangen, und das, obwohl es sich um ein äußerst renommiertes Universitätsinstitut ge­handelt hat.

Da verschwimmen die Grenzen zwischen kritischer Betrachtung und Skepsis, und dies ist eine äußerst schlechte Entwicklung für die wissenschaftliche Herangehensweise an Probleme. Ich ersuche Sie dringend, diesbezüglich Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, aber auch strukturelle Schwächen zu entschärfen, damit das Vertrauen in die Wissen­schaft wieder zunimmt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.44

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm das Wort.