9.21

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte eigentlich, dass das eine Aktuelle Stunde ist. Ich habe jetzt aber Herrn Kollegen Krumböck zugehört und glaube nun, dass das eine Märchenstunde ist. Es tut mir leid, aber dieses Gefühl beschleicht mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich heute „blockieren“ höre, dann frage ich mich an dieser Stelle wirklich: Wer blockiert sich hier? – Das ist die Regierung! Die Regierung blockiert sich hier gerade im Klimabereich, vor allem die Schwarzen die Grünen. Das muss man ganz klar und deut­lich sagen. (Beifall bei der SPÖ.) Das wissen wir und das wisst ihr genauso, denn sonst wären schon so viele Verordnungen und so viele Dinge auf dem Weg, die von der Bundesministerin auf den Weg gebracht worden sind, die aber teilweise – weil man den anderen halt den Erfolg nicht gönnt – nicht umgesetzt werden.

Um diese ambitionierten Klimaziele zu erreichen, muss einfach der Ausbau der erneu­erbaren Energie schneller vorangehen. Das ist einfach so. Wir wissen – und das ist heu­te schon gesagt worden; allein durch den Angriffskrieg auf die Ukraine durch Putin ist das deutlich aufgezeigt worden –, dass offensichtlich viel zu lange nicht ausreichend über unsere Energiesysteme nachgedacht wurde. Die Situation ist nun wirklich drama­tisch, das wissen wir auch. Erdgas ist nach Öl unser zweitwichtigster Energieträger und ist aus Industrie, Stromerzeugung, Fernwärme sowie für das Heizen aktuell einfach nicht wegzudenken.

Diese Abhängigkeit ist hausgemacht, auch das ist heute schon angeklungen, weil wir uns einfach über Jahrzehnte hinweg auf einen Energieträger und auf ein Land konzen­triert haben. Ich frage mich nur – und ich möchte mir persönlich das gar nicht ausmalen –, was ist, wenn etwas passiert, das wie jetzt offensichtlich zu einer Katastrophe führen könnte, wenn es dazu kommt, dass die Energielieferungen gänzlich ausgesetzt werden, wenn Russland zum Beispiel sagt, aufgrund dieser Situation liefert es nicht mehr, oder wenn Bomben- oder Raketenangriffe in der Ukraine den Durchfluss behindern und die Leitungen teilweise zerstören. Das wäre natürlich das Schlimmste, das uns passieren kann.

Es bedarf tatsächlich aller Kraftanstrengungen, um mittelfristig eine Energiewende zu schaffen und eine Abkehr von der derzeitigen Energiepolitik einzuleiten. Die Potenziale sind vorhanden – Strom, Wind, Wasser und Sonne sowie Biomethan und grüner Was­serstoff –, sie sind da und müssen in den kommenden Jahren entschlossen umgesetzt und mobilisiert werden. Gerade im Bereich der Fotovoltaik und der Windkraft bestehen noch sehr, sehr viele Möglichkeiten. Da brauchen wir nur ins Burgenland zu schauen. Das Burgenland ist, glaube ich, zu 110 Prozent autark, was die Windkraftanlangen an­langt. Das hat mir schon der damalige Landeshauptmann Niessl gesagt, wahrscheinlich ist es jetzt bedeutend mehr, was diese Situation anlangt. Also nicht nur schwarze Bun­desländer, auch rote haben in diesem Bereich schon einiges für die Zukunft geschafft, aber das müssen wir ja eh gemeinsam machen, und dafür bin ich natürlich auch.

Es bedarf jetzt nicht nur entsprechender Investitionen, Förderungen, es braucht dazu vor allem zuerst noch ein festes politisches Bekenntnis, insbesondere auch der Länder, zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Und was wir auch noch tun müssen, ich glaube, das ist auch wichtig: Wir müssen versuchen, all diese Dinge, diese Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen und so weiter, UVPs und so weiter, zu minimieren, sonst bringen wir für die Zukunft nichts weiter.

Bis es jedoch so weit ist, müssen jetzt rasche Maßnahmen gesetzt werden, dass die Verbraucher, vor allem jene mit geringen Einkommen, nicht zu den großen Verlierern dieser Energiewende werden. Die derzeit galoppierende Teuerung im Bereich der Energieversorgung, von den Treibstoff- bis zu den Strompreisen, macht für viele Menschen das tägliche Leben fast nicht mehr möglich. Wenn man am Abend überlegen muss, ob man heizt oder sich etwas zum Essen kauft, na bitte, dann sind wir ja dort, wo wir vor vielen, vielen Jahren waren! Das ist einfach nicht machbar. Es braucht wirklich eine spürbare und vor allem eine rasche Entlastung für die Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Überall in solchen Situationen gibt es Gewinner. Das sind vor allem die Energiekon­zerne, die ihre Gewinne überproportional steigern konnten, denn die Preise an den Zapf­säulen steigen sichtbar rascher als jene am Rohstoffmarkt. Deswegen – es ist heute schon darüber gesprochen worden – müssen wir Hilfspakete schnüren, auf den Weg bringen, um die Menschen zu unterstützen. Das Ganze aber, was derzeit stattfindet, ist meiner Meinung nach ein Flickwerk – der große Bumm vielleicht in Richtung Senkung der Mehrwertsteuer, auch wenn das mit der Mehrwertsteuer immer wieder kritisiert wird, oder Abschaffung der kalten Progression, der würde vielen Menschen helfen.

Dass es auf der anderen Seite Konzerne gibt, deren Aktionäre riesige Kriegsgewinne einfahren, ist moralisch schwer zu akzeptieren. Lesen Sie die Zeitung! Eine kleine Zei­tung, ich möchte jetzt den Namen nicht nennen, hat eine Umfrage mit 40 000 Leuten gemacht und die Frage gestellt, ob staatsnahe Betriebe tatsächlich eine Extrasteuer zah­len sollten; Extrasteuer ist für mich ein bisschen weit hergeholt. – 80 Prozent der Men­schen in Österreich wollen, dass dieses Geld, das zusätzlich eingenommen wird, wieder an die Ärmsten der Armen, die es dringend brauchen, verteilt wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Nehmen wir nur die OMV her, die hat in den ersten drei Monaten 2,6 Milliarden Euro Gewinn gemacht. 2021 hat der Verbund 880 Millionen Euro verzeichnet, heuer wird er wahrscheinlich 1,6 Milliarden Euro machen. General Strugl selbst sagt, er werde wohl den Armen irgendetwas zukommen lassen.

Bundeskanzler Nehammer hat sich mit diesen Dingen schon beschäftigt, er hat es nur falsch vorgebracht. Er hat damit dafür gesorgt, dass der Börsenwert sofort in den Keller gestürzt ist – leider Gottes; ich weiß nicht, wie weit er wieder hochgegangen ist –, aber er hat recht. Er hat recht damit, dass man sagt, man muss jene, die es jetzt in dieser Zeit schwer haben, unterstützen. Das wollen nicht nur wir in Österreich machen, das ge­schieht in Griechenland, dort werden 90 Prozent jener Erlöse dafür verwendet, und das geschieht in Spanien und in Portugal genauso. Dort gibt es einen Preisdeckel, der die Kosten für die Konsumenten halbiert, dort gibt man es zum Teil an die Menschen weiter, denn das kann ja nicht sein.

Da denke ich auch an unseren Herrn Finanzminister, der heute noch kommen wird. Wenn er 12 oder 11 Millionen, Entschuldigung, Milliarden oder 10 Milliarden Euro an Mehrwertsteuer, an Lohnsteuer und so weiter zusätzlich einnimmt, dann sind das zusätz­liche Einnahmen, die aus dieser Situation erwirtschaftet worden sind, und das muss man doch an die Menschen auf dieser Welt, an die Menschen in Österreich, denen es hier und heute schlechtgeht, weitergeben. Also dieser Appell geht von meiner Seite noch einmal in diese Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Kollegen, die vor mir hier gestanden sind, haben gesagt, was alles passiert ist. Ja, natürlich sind viele Dinge passiert, keine Frage. Auch wir haben dazu beigetragen, wenn ich an das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz denke, dass Verhand­lungen schwierig waren, weil wir halt immer an die Menschen denken, die weniger Geld in der Brieftasche haben. Okay, das gehört auch irgendwo dazu, aber es sind einige Dinge, die meiner Meinung nach – wie ich begonnen habe, so möchte ich auch enden – verhindert, teilweise irgendwo in dieser Koalition nicht weitergebracht worden sind, und das hemmt einfach den Fortschritt in diesem Ökostromausbaugesetz, natürlich.

Das muss man jetzt auch in dieser Situation sagen: Investitionsförderungen wurden zu­erst von 60 Millionen, glaube ich, auf 300 Millionen Euro erhöht – gewaltig, keine Frage, alles richtig –, aber was ist mit dem fehlenden Klimaschutzgesetz? Was ist mit dem feh­lenden Energieeffizienzgesetz? Was ist mit dem fehlenden Erneuerbaren-Wärmege­setz? Was ist mit dem Konzept, über die Wasserstoffstrategie nachzudenken? Auch das ist leider Gottes noch immer in der Nachdenkphase.

Ich erwähne auch die Biodiversitätsstrategie und sage es noch einmal an dieser Stelle: Liebe Damen und Herren in der Regierung, versucht zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher, miteinander auszukommen, denn es wird da die Umsetzung wichtiger Dinge verhindert, weil man einer Umweltministerin den Erfolg unter Umständen nicht gönnt. So sieht man das aus unserer Sicht.

Noch etwas – das habe ich mir herausschreiben müssen –: Es gibt bis dato keine Ent­scheidung zum Standort Umweltbundesamt. In einer Laune der ÖVP wird gesagt und darüber gesprochen: Wir müssen den Standort von Wien nach Klosterneuburg verlegen. Bis heute ist es nicht passiert – Gott sei Dank nicht passiert. Was machen wir jetzt weiter in dieser Situation? Es sind immerhin 500 Leute mit ihren Familien, die nicht wissen, ob sie in Wien bleiben oder irgendwann einmal nach Klosterneuburg kommen werden. Die Liste wäre noch lange fortzusetzen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, Frau Bundesminister, die Problematik um eine sichere, leistbare und klimaneutrale Energiezukunft ist äußerst komplex, ja, sie ist es, es ist ein schwieriges Thema, welches nur durch eine gemeinsame – das ist auch unser Ange­bot – nationale und parteiübergreifende Kraftanstrengung gemeistert werden kann.

Gehen wir es an! Das, glaube ich, ist das Wichtigste: Die Menschen draußen, die uns heute hier zuschauen, erwarten von uns, dass wir etwas Gescheites für die Zukunft leis­ten. (Beifall bei der SPÖ.)

9.31

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. Ich erteile ihm dieses.