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Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wenn wir heute über das Thema Energiewende als nationalen Kraftakt sprechen, sehe ich zuerst einmal, dass von so mancher Interessenvertretung zu viel Energie darauf verschwendet wurde, das größte Thema unserer Zeit einseitig darzustellen, und zwar aus Kalkül, um von den eigenen Versäumnissen, von den eigenen Fehleinschätzungen abzulenken, nämlich dem falschen Produktversprechen, dass fossile Energie billig, in großen Mengen und immer verfügbar sein würde.
Das Problem dabei ist: Das hat nie gestimmt und wird auch nie stimmen, auch wenn man es Generationen von UnternehmerInnen und Generationen von KundInnen so verkauft hat. Anstatt nämlich, wie die Wissenschaft und auch die Grünen es seit Jahrzehnten fordern, frühzeitig nachhaltige Energie zu forcieren, hat man die Basis jeder Produktion, von der Landwirtschaft bis zur Industrie, outgesourct mit dem Ergebnis, dass man Abhängigkeit, Technologierückstand und die Klimakatastrophe importiert und Milliarden über Milliarden exportiert hat.
Warum? – Weil man eindimensional, weil man nur in kurzfristigen Kostenstrukturen gedacht hat, weil man Folgekosten nicht eingepreist und wissenschaftliche Erkenntnisse spätestens seit den Siebzigerjahren ignoriert hat, kurz, weil der Tellerrand zu weit weg war. Deswegen gibt es jetzt nur noch eine Chance, und zwar der Energiewende die Dimension einzuräumen, in der sie begriffen werden muss, nämlich nicht als gefracktes Tankergas, das über nicht vorhandene LNG-Terminals teuer eingespeist wird und erst recht Abhängigkeiten und CO2-Wahnsinn schafft, Energiewende heißt Wind, Wasser, Sonne, Biomasse, Biogas, Geothermie, heißt Altbausanierung, Energiegemeinschaften und massive Reduzierung unseres Bodenverbrauchs, Energiewende heißt Recycling und Upcycling hin zu regionaler, am besten autarker Kreislaufproduktion, Energiewende heißt, mit öffentlichem Verkehr Boden gutzumachen.
Es bieten sich jede Menge Chancen, jede Menge neuer Jobs entstehen. Ja, wir stehen vor großen Veränderungen und vor einer gewaltigen Transformation. Und wir haben jetzt die Wahl: Wollen wir jammern, zaudern und zögern und bremsend an Gewohntem festhalten oder gehen wir positiv, zuversichtlich und gestaltend in dieses neue Zeitalter?
Die Länder, die Gas geben – Gas geben ist da vielleicht der falsche Ausdruck (Heiterkeit bei BundesrätInnen von Grünen, ÖVP und SPÖ) –, also jene Länder, die bei diesen Veränderungen, die so oder so, auch gegen den Widerstand der Bremser kommen werden, vorne mit dabei sind, werden am Ende auch wirtschaftlich stärker davon profitieren. Es ist eine Riesenchance, wieder mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu haben.
Es ist aus mehrfacher Hinsicht viel gescheiter, wenn wir die Energie selber machen, als jedes Jahr zigmilliarden Euro an irgendwelche Despoten oder Scheichs zu überweisen und abhängig davon zu sein, ob die den Hahn jetzt zudrehen oder nicht.
Die Energiewende hat aus meiner Sicht drei Hauptwirkungen: Sie ist unerlässlich, um die Klimakrise abzuschwächen; sie befreit uns von Abhängigkeiten; sie generiert lokale Wertschöpfung.
Geschätzte Damen und Herren, Verantwortung zu übernehmen ist mehr als die Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen. Es ist vor allem auch der Mut, Lösungen in Generationsmaßstäben zu denken, denn eines ist klar: Die Energiewende ist alternativlos, sie ist vielschichtig, und wir müssen sie mit Siebenmeilenstiefeln gemeinsam angehen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
10.00
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ing.in Isabella Kaltenegger. Ich erteile ihr dieses.