12.26
Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer hier auf der Galerie und zu Hause! Dieser Tagesordnungspunkt befasst sich mit Änderungen von gleich vier Gesetzen. Mit diesem Paket versuchen die Regierungsparteien, die immense Teuerung, unter der die Menschen in diesem Land so sehr leiden, abzufedern. Ich betone, es ist ein Versuch und es bleibt beim Versuch. Leider ist es, wie so oft, mehr Flop als top.
Auch wenn wir einzelnen Maßnahmen in diesem Paket durchaus etwas Positives abgewinnen können, zum Beispiel der Senkung der Erdgasabgabe, werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diesem Antrag nicht zustimmen, weil Ihre Maßnahmen mehr Schall und Rauch als echte und wirksame Hilfe sind.
Was Sie aber sehr gut können – da meine ich vor allem Mandatare der ÖVP –, ist, den Menschen etwas vorzumachen, ihnen Sand in die Augen zu streuen. Anders kann ich es mir nicht erklären, wenn Nationalratsabgeordnete, ja sogar auch der Herr Finanzminister in Interviews von sich geben, dass die Pendlerpauschale verdoppelt wird. (Bundesminister Brunner: ... um 50 Prozent erhöht!) Das ist nämlich unrichtig, das wissen Sie auch ganz genau: Die Pendlerpauschale wird nicht verdoppelt, sie wird um 50 Prozent erhöht.
Wenn man Ihnen das vorwirft, bringen Sie immer gleich den Pendlereuro ins Spiel. Ja, das stimmt auch, der Pendlereuro wird erhöht. Aber das ist ja gar nicht mein Vorwurf oder die Kritik, mein Vorwurf ist der, dass Sie immer wieder, und das hat ja einen Modus, mit falschen Zahlen operieren, mit Worten spielen und so etwas vortäuschen, das es ganz einfach nicht gibt. Das ist in dieser prekären Situation den Menschen gegenüber aus meiner Sicht unredlich.
Wenn die SPÖ etwas fordert, Vorschläge macht, dann kommt von der Regierung meist die Keule des Gießkannenprinzips. ÖVP und Grüne möchten nicht mit der Gießkanne, sondern sozial treffsicher verteilen – allein mir fehlt der Glaube. (Beifall bei der SPÖ.)
Was ist Ihr Pendlerpauschale-Modell denn anderes als Verteilung mit der Gießkanne, vor allem aber in Richtung der Besserverdienenden und Wohlhabenden? Genau die sind es nämlich, die profitieren, aber nicht die Pendlerinnen und Pendler mit geringem oder mittlerem Einkommen.
Unseren seit Wochen auf dem Tisch liegenden Vorschlag, die Pauschale von einem Freibetrag in einen Absetzbetrag umzuwandeln, lehnen Sie leider vehement ab. Zusammenfassend muss beziehungsweise darf ich feststellen: Unser Modell wäre sozial treffsicher, Ihr Modell hingegen ist wieder einmal Umverteilung von unten nach oben.
Dann komme ich zum nächsten Flop, dem 150-Euro-Energiegutschein. Den, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und den Grünen, können Sie nicht schönreden. Was habe ich da letztes Wochenende in den Printmedien gelesen? – Ich zitiere: „Skandal um Energie-Gutschein [...] 30 Millionen Euro Aufwand für Energie-Gutschein-Flop. Viele Probleme, wenig Entlastung: Österreicher bleiben auf Stromkosten sitzen.“ „‚Eine Farce‘ – Kritik an 150-Euro-Energiegutschein“. – Zitatende.
Dabei ist das gar nicht unsere Diktion, sondern das ist die Meinung der österreichischen Medien und mittlerweile auch der österreichischen Bevölkerung. Was in der Praxis aufgrund technischer Probleme und der Komplexität bei der Abwicklung nicht oder nur sehr schleppend funktioniert, verkaufen Sie, sehr geehrter Herr Minister, als großen Wurf. Es ist aber alles andere: Es ist der nächste Flop.
Er kostet die SteuerzahlerInnen Millionen, anstatt ihnen schnelle und echte unbürokratische Hilfe zu bringen. Der Gipfel: Für rund 40 Prozent der Haushalte ist das wie ein Schlag ins Gesicht, wenn sie diesen Gutschein erst im nächsten Jahr bei der Jahresabrechnung einlösen können. Sie bleiben sozusagen über Monate auf ihren hohen Stromkosten sitzen – und das in einer Zeit, in der viele Familien, Alleinerziehende, Pensionistinnen und Pensionisten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen.
Diese belastende Situation wirkt sich natürlich auch auf die Kaufkraft der Menschen aus. Mit dieser sinkenden Kaufkraft wird auch die Wirtschaftsleistung in diesem Land sinken. Wir haben sozusagen eine Negativspirale, der man eigentlich alles entgegensetzen müsste. Nur tut es diese Regierung leider nicht.
Neben den Stromkosten und den Treibstoffpreisen gehören auch die Lebensmittelpreise und die Wohnkosten zu den enormen Preistreibern. Dazu gibt es von Ihrer Seite bis dato noch gar keine Vorschläge.
Zusammenfassend auch noch ein Gedanke zu unserem Steuersystem: Die wirklichen LeistungsträgerInnen, also die arbeitenden Menschen in diesem Land, werden eindeutig zu hoch besteuert. Dieses System ist leistungsfeindlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist genau Ihre Steuerreform, die Steuerreform der Regierung, die diese Schieflage auch noch verstärkt. Während jene mit kleineren und mittleren Einkommen unter der Last erdrückt werden, machen Sie von der ÖVP und den Grünen den Konzernen ein Milliardengeschenk, nämlich mit der Körperschaftsteuersenkung. (Beifall bei der SPÖ.)
Im Übrigen zahlen sich die ArbeitnehmerInnen durch die kalte Progression die Steuerreform ohnehin selbst, und das ist aus unserer Sicht, aus meiner Sicht untragbar. Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:
Entschließungsantrag
der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Steuergerechtigkeit für arbeitende Österreicher*innen“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat sowie dem Bundesrat ehebaldig ein Gesetzespaket für eine echte strukturelle Steuerreform vorzulegen, in welchem
- die Lohn- und Einkommensteuern auf Arbeitseinkommen stärker und nachhaltiger im Ausmaß von zumindest 1000 € jährlich mehr Nettoeinkommen gesenkt werden,
- ein Automatismus geschaffen wird, der verhindert, dass Mittel der kalten Progression zur Senkung anderer Steuern (zB der Konzernsteuer) verwendet werden. Die Mittel der kalten Progression dürfen ausschließlich zur Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer – mit besonderem Fokus auf kleine und mittlere Einkommen – samt strukturverändernden Maßnahmen verwendet werden,
- der unfaire Familienbonus in die Familienbeihilfe integriert wird, und
- höhere Steuern auf leistungslose Einkommen aus Kapital und sehr hohe Vermögen,
- - durch die Rücknahme der Senkung der Körperschaftsteuer,
- - eine Sonderabgabe der Onlinemultis zur Krisenfinanzierung,
- - die Rückzahlung der Überförderung der Corona-Krisen-Gewinner und
- - eine Millionärssteuer auf Millionenvermögen und Millionenerbschaften
eingehoben werden.“
*****
(Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mein Fazit: Bei einer Inflation von über 7 Prozent ist es absolut unverantwortlich, wenn man nur zögerlich und in viel zu geringem Umfang Entlastungsmaßnahmen für die betroffenen Menschen andenkt.
An ÖVP und Grüne sei deshalb gerichtet: Schauen Sie bitte nicht länger weg! Nehmen Sie unsere Vorschläge auf! Kommen Sie endlich in die Gänge und helfen Sie den betroffenen Menschen und Familien unbürokratisch und sofort! – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei der SPÖ.)
12.35
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Der von den Bundesräten Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Steuergerechtigkeit für arbeitende Österreicher*innen“ ist ausreichend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.
Nächste Rednerin: Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. – Bitte.