12.50
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, gratuliere übrigens zum Gouverneurspräsidentschaftsvorsitz, du hast sicher genug zu tun! – Zur Umsetzung des ja schon vor ein paar Wochen vorgestellten zweiten Maßnahmenpakets zum Teuerungsausgleich liegen jetzt drei weitere gesetzliche Implementierungen vor. Wir debattieren sie deswegen ja auch nicht zum ersten Mal. Ich verstehe übrigens nicht, Herr Kollege Reisinger: Die 150 Euro sind ja längst beschlossen. Das ist übrigens auch gar nicht Gegenstand der heutigen Debatte. (Bundesrat Reisinger: Aber sagen darf ich es trotzdem, oder? – Bundesrätin Grimling: Aber nicht beim Herrn Gross! Oder müssen wir Zensur einführen? – Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Heiterkeit der Bundesrätinnen Grimling und Schumann.) – Ja, ich erwähne es nur, vielleicht ist ihm nicht bewusst, dass das gar nicht zur Beschlussfassung ansteht. (Bundesrätin Schumann: Mein Gott! Das ist schon ganz tief!)
In den letzten Monaten sind vor allem die Energiepreise stark gestiegen, was vor allem für einkommensschwache Haushalte zum Problem geworden ist. Ebenso sind einige Wirtschafts- und Industriebranchen davon sehr stark betroffen. Was wird nun gemacht? Konkret wird die Energieabgabe auf Strom und Gas halbiert. Das sind um die 160 Euro für einen typischen Haushalt in Österreich. Der Budgetdienst des Parlaments analysiert dazu, dass dies in Relation zum Einkommen eine überdurchschnittliche Entlastung für geringe Einkommen mit sich bringt. Das ist selbstverständlich gut so und richtig und auch nachvollziehbar, da die Energiekosten in diesem Segment einen höheren Anteil einnehmen als bei höheren Einkommen. In Summe sind das immerhin 900 Millionen Euro. Es ist nicht so, dass das nichts wäre. Es ist wirklich eine sehr spürbare, breite Entlastung.
Der zweite Themenbereich, um den es geht, ist die Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergeldes – das jetzt ja besonders intensiv und emotional diskutiert wird ‑, um Leute zu entlasten, die wirklich aufs Auto angewiesen sind und nur so zur Arbeit kommen. Durch diese massiven Erhöhungen der Unterstützung wird ihnen jetzt doch wesentlich geholfen. Das Pendlerpauschale wird wirklich kräftig angehoben, der Pendlereuro vervierfacht. Jetzt gebe ich schon zu, auch als Grüner, man kann darüber diskutieren, wie sinnvoll das ist. Es ist aber auf jeden Fall sinnvoller, als die MÖSt zu senken oder gar die Mehrwertsteuer. Das sind einfach keine gescheiten Maßnahmen.
Was ich ja überhaupt nicht verstehe, ist die Forderung, die jetzt schon zweimal gekommen ist, die CO2-Abgabe auszusetzen. Das verstehe ich überhaupt nicht. Ich verstehe es vor allem sozialpolitisch nicht, das ist blanker Populismus, weil genau das Umverteilung ist: Die Leute mit geringem Einkommen kriegen mehr raus, als sie da einzahlen. Also das kapiere ich wirklich gar nicht, aber gut. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Es wird auch kommen, also insofern kann man es auch gelassen sehen.
Ja, natürlich, und das sagen wir auch dazu: Das Pendlerpauschale gehört überarbeitet, sozial treffsicherer gemacht. (Bundesrätin Schumann: Ah geh! Bravo!) Die Kritik ist berechtigt und das ist ja nach wie vor auf der Agenda. Es handelt sich – auch nicht zu vergessen – um eine zeitlich befristete quasi Notfallmaßnahme; befristet mit nächstem Sommer.
Wie Sie eh wissen, reduziert das Pendlerpauschale die Steuerbemessung, also hängt die Wirkung – no na – von der Steuerstufe ab, das stimmt natürlich. Anders ist es allerdings beim Pendlereuro. Das ist ein echter Absetzbetrag, und da geht es schon um beträchtliche Summen. Ich habe jetzt einmal den Pendlerrechner des BMF hergenommen, von dem ich doch annehme, dass er richtig rechnet, und eine fiktive Situation – oder de facto eine reale Situation – aus meinem Bundesland eingegeben: Jemand aus dem Bregenzerwald fährt nach Feldkirch zur Arbeit, 60 Kilometer pro Strecke. Da spuckt der Pendlerrechner Folgendes aus: Das Pauschale erhöht sich auf 5 000 Euro, und der Pendlereuro steigt von 120 auf 480 Euro.
Also das verstehe ich einfach nicht, Kollege Kovacs, was Sie da vorhin gesagt haben. (Bundesrätin Schumann: Das hängt halt leider am Einkommen!) Das sind wirklich massive Beträge, tut mir leid, also da ist definitiv sehr, sehr viel an Kostensteigerung abgedeckt!
Diese Debatte, die da (Heiterkeit der Bundesrätin Grimling) – ja, da können Sie lachen, aber Sie können auch rechnen, das wäre eine andere Variante – jetzt geführt wird, zeigt ja vor allem auch, dass schnelle und relevante Preisänderungen – die sind ja auch der Fall, das bestreitet auch gar niemand – sehr intensiv wahrgenommen werden. Aber hören Sie zu! Es sieht ein bissl anders aus, wenn man es in Ruhe angeht, denn gemessen am Einkommen waren die Spritpreise 2012 zum Beispiel höher als heute. (Bundesrat Kovacs: ... ! Das ist so letztklassig! So letztklassig!) 2008 waren sie ungefähr gleich hoch. Wirtschaftsforscher rechnen vor, mit Stand 7. März, da war ja die Hochpreisphase: 2 Euro pro Liter. Da gaben die Menschen 5 Prozent ihres monatlichen Nettoeinkommens für 1 000 Kilometer Autofahren aus. (Bundesrätin Schumann: Das ist wirklich zynisch, ehrlich! – Bundesrätin Grimling: Zynismus pur!) 2012 waren es 6 Prozent. 2005 waren es auch schon 5,5 Prozent. Das Wifo rechnet vor, dass ein Industriearbeiter 1980 für 1 Liter Benzin - - (Unruhe bei der FPÖ.) – Ich weiß schon, dass Sie da schwätzen, Kollegen von der FPÖ, weil Sie das nicht hören wollen! – Ein Industriearbeiter musste 1980 für 1 Liter Benzin im Schnitt 7,6 Minuten arbeiten, jetzt sind wir bei 3,4 Minuten. (Bundesrat Hübner: Was ist das für ein Argument?) Dazu kommt noch, dass die Spritverbräuche gesunken sind, weil die Autos effizienter geworden sind, jedenfalls wenn man sich nicht gerade einen großen SUV kauft.
Ich sage das nicht zur Bagatellisierung, aber man darf beim Thema Spritpreise durchaus am Boden der Realität bleiben. Die realen Preisanstiege sind nicht dort, die realen Preisanstiege sind woanders. Die sind im Energiebereich, keine Frage, vor allem beim Gas, das werden wir im nächsten Winter noch spüren, und beim Strom. Die großen Kostentreiber – auch das wissen Sie – sind zum Beispiel beim Thema Wohnen und so weiter, wo wirklich dringend Handlungsbedarf besteht. (Bundesrätin Schumann: Ja, ihr habt die Richtwertmieten angepasst!)
Die Dinge, die jetzt hier beschlossen werden – das ist ja nur ein kleiner Teil –, sind mehrfach ausgeführt worden. Ich wiederhole es auch nicht. Ich habe es in meiner letzten Rede im April hier sehr ausführlich getan. Kollegin Wolff hat auch einiges skizziert. Das hier sind ja zwei Maßnahmen aus einem ganz großen Paket, im Energiebereich nämlich. Die Österreichische Energieagentur hat vorgerechnet, dass die Kompensationsmaßnahmen im Strombereich im Schnitt höher sind als die Kostensteigerungen. Das gilt noch für jetzt und heuer, und da ist vieles noch gar nicht dabei, etwa die Heizkostenzuschüsse der Länder, 270 Euro zum Beispiel in Vorarlberg, und meine Kollegen dort denken übrigens auch über eine Erhöhung nach, so wie auch einige andere Bundesländer.
Ich denke, es wäre ein Gebot der Fairness, anzuerkennen, dass im Energiebereich wirklich viel zur Kostenabfederung passiert. (Bundesrätin Schartel: Ja, viel Negatives!) Trotzdem gehe ich davon aus, dass es spätestens im nächsten Winter noch mehr brauchen wird. Das sehe ich schon auch. Man muss ja nur die Preisentwicklungen beobachten und auf Homepages von Börsen gehen und sich anschauen, wie sich die Futures für die nächsten Jahre entwickeln, wiewohl wir natürlich alle nicht wissen, was wirklich kommen wird. Kommt es zu einem Embargo oder auch zu einem einseitigen seitens Russlands oder nicht? Das wissen wir heute alle nicht. Da wird man auch darauf reagieren müssen, keine Frage.
Was auch gesagt werden muss – das ist schon erwähnt worden –, weil ich es wirklich wichtig finde: Es ist nicht möglich, jede Teuerung für alle abzufangen, ich betone: alle. Das ist auch nicht sinnvoll. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es geht natürlich schon darum, die Preise - - (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) – Nein, es ist nicht sinnvoll; „für alle“ habe ich gesagt! Es geht darum, die Preise als Signal zu verstehen, umzubauen. (Zwischenruf der Bundesrätin Gruber-Pruner.) – Ja, ich weiß schon, dass die SPÖ da einen anderen Zugang hat. Das ist auch Ihr Zugang zum Klimaschutz (Die Bundesrätinnen Schumann und Grimling: Wir reden jetzt von der Teuerung!): Lieber für alle möglichst viel Geld ausschütten, um alles abzufangen und keinen Klimaschutz zu machen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, Sie hören ja auch nicht zu.
Abgefangen werden müssen die Kosten bei einkommensschwachen Haushalten (Bundesrätin Schumann: Ja, genau! Wie mit der Pendlerpauschale!), das ist natürlich essenziell. – Jaja! Es gibt ja ganz viele, es gibt eine ganze Liste von Maßnahmen, aber es ist nicht sinnvoll, das immer über diesen Eingriff bei den Energiepreisen zu machen, sondern entscheidend ist, die Spielräume für einkommensschwache Haushalte zu erhalten, es ist ganz wichtig, dass sich die gerade dort nicht reduzieren.
Selbstverständlich – ich habe das das letzte Mal schon gesagt – ist es auch wichtig, Kollege Novak hat das heute schon pointiert eingebracht: Natürlich muss man jetzt auch darüber reden, wer zu den Maßnahmen für die Energiewende und für die soziale Abfederung noch etwas beizutragen hat. Das sind natürlich auch die Energieversorger, dem stimme ich völlig zu. Krisengewinne sind nicht destruktiv, das sage ich auch überhaupt nicht, aber sie sind da. Gesellschaften, die mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand sind, haben natürlich ihren Beitrag zu leisten, das ist für mich gar keine Frage. Dafür ist zu sorgen. Ich finde es auch wirklich gut, dass der Kanzler und auch der Finanzminister sich dazu geäußert und gesagt haben: Ja, das ist eine vorstellbare Maßnahme.
Gefordert ist aber nicht nur der Bund, sage ich hier herinnen schon auch, sondern auch die Länder und die Energiegesellschaften sind gefordert. Wir wissen ja, wem die gehören, jedenfalls in wessen Mehrheitseigentum sie stehen, und es ist dann schon der Job von uns allen, sich zu Hause sozusagen dafür einzusetzen.
Was ich einfach nicht verstehe, das möchte ich den Kollegen von der SPÖ wirklich sagen: Diesem Paket nicht zuzustimmen, das kapiere ich einfach nicht. Jetzt kann man die Pendlerpauschale kritisieren, das tun wir zu einem gewissen Grad eh auch, aber es ist trotzdem einmal dort eingesetzt, wo man auf das Auto angewiesen ist. (Bundesrätin Schumann: Dann hättet ihr nicht zugestimmt, dass ihr es so macht!) Und die Halbierung der Energieabgabe jetzt abzulehnen – na gut, das müssen ja Sie dann Ihren Leuten gegenüber argumentieren.
Was wir heute schon diskutiert haben: Das Wichtigste ist der konsequente Ausstieg aus den fossilen Energieträgern. Raus aus Gas und Öl! Nur das sichert uns langfristig stabile und leistbare Preise und Versorgungssicherheit. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
13.01
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Magnus Brunner. – Bitte, Herr Minister.