11.48

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herzlich willkommen hier bei uns im Redoutensaal! Ich bin Bereichssprecherin für die Pensionistinnen und Pensionisten, und aus diesem Grund ist es mir ein Anliegen, für diese Generation, für die ältere Generation, heute das Wort zu ergreifen. Immerhin leben in Österreich 1,75 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten, die 65 Jahre alt oder älter sind. Das entspricht 19,5 Prozent der Bevöl­kerung, also einem erklecklichen Teil.

In meinem Bundesland, Niederösterreich, leben 463 000 Menschen, die 60 Jahre alt oder älter sind. Das heißt, in Niederösterreich ist jede vierte Person 60 oder älter als 60. Die Gruppe jener Personen, die 65 plus sind, ist die einzige Gruppe, die kontinuierlich wächst. Die Prognose für das Jahr 2100 – ich weiß schon, es ist ein bisschen weit hin, aber immerhin – liegt bei knapp 30 Prozent.

Warum sage ich das? – Die Seniorinnen und Senioren sind eine sehr große und mannig­faltige Gruppe, sie sollten in den sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen als gleich­berechtigte Partner gelten, ihre Interessen sollten von allen gesetzlichen Interessenver­tretungen mitverhandelt werden, auf eine Stufe gestellt werden. Das ist leider nicht der Fall.

Die Seniorinnen und Senioren sehen sich nicht als die Alten, sondern als Bürgerinnen und Bürger mit Erfahrung und Verantwortung inmitten unserer Gesellschaft. Realistische und differenzierte Altersbilder sind die Grundlage für das gegenseitige Verständnis von Generationen. Die Lebensqualität wird im hohen Maß von der lokalen Infrastruktur beeinflusst, egal ob es um eine Arztpraxis geht, ob es um eine Apotheke, eine Bankfiliale geht, den Nahversorger et cetera.

Die Erreichbarkeit ist ein wesentlicher Punkt, daher sind ein leistbares Seniorenticket und der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ein Gebot der Stunde. 37 Prozent der Be­völkerung in Niederösterreich haben laut einer Studie der Arbeiterkammer Niederöster­reich keinen oder nur einen schlechten Zugang zum öffentlichen Verkehr. Das sind Dinge, die dringend erledigt gehören. Genauso muss es einen flächendeckenden und gebührenfreien Zugang zu Bankomaten geben. Das sind wichtige Verlangen der älteren Generation.

Was ich überhaupt nicht verstehe: Ältere Menschen werden in der Finanz- und in der Versicherungsbranche diskriminiert. Ja, das ist so: Kredite werden trotz Sicherheiten nicht gewährt oder durch unrealistische Rückzahlungsziele verwehrt, Überzie­hungs­rahmen werden einfach abgelehnt oder Kreditkarten werden sogar entzogen. Versiche­rungen enden mit bestimmten Altersgrenzen und werden automatisch gekündigt, die Möglichkeit einer Kreditaufnahme ist nicht gegeben.  Das muss in naher Zukunft geändert werden!

Denken wir an den Einbau eines Treppenlifts oder an den Umbau für ein barrierefreies Badezimmers. Oder auch an den Umstieg auf erneuerbare Energien: Der Austausch von Öl- und Gasheizungen ist ein Thema, viele Pensionistinnen und Pensionisten können sich das aber nicht leisten. Der Austausch ist aber gesetzlich vorgesehen, diese Investitionen müssen sie tätigen, daher braucht es – ähnlich wie in Deutschland, wo das bereits möglich ist – eine klare gesetzliche Regelung. Die deutsche Regelung ermöglicht es den Banken und Versicherungen Kredite, zum Beispiel Bankkredite, auch an ältere Kreditsuchende zu vergeben, wenn Sicherheiten zur Abdeckung da sind. Zu diesem drängenden Thema haben wir bereits einen Entschließungsantrag eingebracht, leider hat er keine Mehrheit gefunden.

Die gesetzliche Interessenvertretung von 2,3 Millionen Österreichern liegt beim Öster­reichischen Seniorenrat. Bei dessen Vollversammlung wurde hier im Redoutensaal im Oktober des vorigen Jahres einhellig von allen Vertretern der großen österreichischen Seniorenorganisationen ein Leitantrag beschlossen. Wichtige Forderungen sind das Grundrecht auf die Alterssicherung und die Garantie für die Werterhaltung der Pen­sionsansprüche, diese sollen verfassungsrechtlich verankert werden. Dringend notwen­dig ist die wirklich rasche Umsetzung der Pflegereform, da gibt es bereits einen ersten Schritt, aber weitere müssen zügig folgen.

Ebenso relevant und ein ganz, ganz brisantes Thema ist die Altersarmut, von der vor allem Frauen betroffen sind. Die materielle Absicherung ist allerdings die Voraussetzung für Selbstbestimmung und die gesellschaftliche Teilhabe. Ein neues Pensionsanpas­sungsmodell und eine Änderung des Bemessungszeitraums für die Pensionsanpas­sungen sind weitere Forderungen. Auch die Digitalisierung – wir haben heute Vertreter da – bei der älteren Generation ist ein Anliegen, denn sie trägt zu ihrem selbstbe­stimm­ten Leben bei. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Juni 2021 wurden zwei Wifo-Studien präsentiert, die festgestellt haben, dass die Pensionsanpassungen, die sich am Verbraucherpreisindex orientieren, in den vergan­genen Jahren nicht den tatsächlichen Kaufkraftverlust der Seniorinnen und Senioren abgedeckt haben. Es wurde auch festgehalten, dass die PensionistInnen einen wichti­gen Wirtschaftsfaktor darstellen; bei 8 Prozent Inflation wird das in Zukunft nicht mehr ganz so aussehen.

Eine akute Forderung ist die Bekämpfung der Altersarmut, daher soll und darf es keine Pensionen unter der Armutsgrenze geben. Die aktuelle Armutsgefährdungsschwelle beträgt 1 371 Euro monatlich, zwölfmal im Jahr, die beschlossene Einmalzahlung reicht bei Weitem nicht aus, um das abzudecken. Die Vertreter des Seniorenrates haben schon mehrmals bei Regierungsvertretern – ich glaube, auch beim Herrn Bundeskanzler – um Termine angesucht, sie haben auch Besprechungen gehabt und um eine Vorziehung der Pensionsanpassung gebeten. Seitens des Finanzministers liegt jedoch noch kein Ergebnis vor. Schwierige Zeiten erfordern besondere Maßnahmen, die Bevölkerung muss jetzt entlastet werden, sonst droht die Teuerungswelle zu einer Armutswelle zu werden!

Werte Regierungsmitglieder! Herr Bundeskanzler! Ich fordere Sie im Namen der Pen­sionistinnen und Pensionisten auf, die Anliegen der älteren Generation ernst zu nehmen und die Forderungen mit Ihren Regierungsmitgliedern rasch einer Bearbeitung zuzu­führen. Die ältere Generation, die unseren Staat aufgebaut hat, hat ein Recht auf Anerkennung ihrer Wünsche, Bedürfnisse und Forderungen.  Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.55

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm das Wort.