11.55
Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Werte Mitglieder, neue Mitglieder, Nochmitglieder dieser Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Täglich grüßt das Murmeltier oder täglich grüßt ein neuer Minister, nach dieser gefühlt hundertsten Regierungsumbildung in diesem Haus! (Bundesrat Steiner: Die wievielte ist es? – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.)
Herr Nehammer! Für die Regierungsumbildung sind ja nicht Sie allein verantwortlich, wir dürfen auch auf unseren Hofburgschläfer nicht ganz vergessen, nämlich jenen Hüter der Verfassung, der genau dann aus seinem Tiefschlaf aufwacht, wenn er den Zeigefinger gegen die FPÖ erheben kann oder eine seiner 125 Angelobungen in dieser Periode durchzuführen hat. (Beifall bei der FPÖ.) Sonst hört man von dem Herrn ganz wenig. Er selbst hat ja in der Vorwoche die Frage gestellt: Soll ich bleiben oder soll ich gehen? – Ja, Herr Van der Bellen, ich darf es hier an dieser Stelle beantworten: Sie sollen gehen! Bleiben Sie gesund, genug ist genug! (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn auch ein Teil der Schuld für das Fiasko in diesem Land den Bundespräsidenten trifft, so sind wir heute doch wegen der Regierungserklärung da, sprich wegen den Regierungsmitgliedern und Abgeordneten der ÖVP, aber auch wegen dem grünen Anhängsel. Sie sind nämlich dafür verantwortlich, dass sich dieses Land heute in einem Totalchaos befindet.
Herr Vizekanzler, herzlichen Dank für die Aussage, man werde Österreich in ein paar Jahren nicht mehr wiedererkennen. Das ist ein Wahlversprechen, das Sie eingehalten haben. Bedanken kann ich mich nicht dafür, Schulterklopfen werden Sie keines dafür ernten. Sie sollten sich schämen, Herr Vizekanzler, schämen sollten Sie sich! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)
Ich kann nur sagen, seit diese Chaosregierung die Geschicke – oder in Ihrem Fall eher die Ungeschicke – in diesem Land lenkt, wird unser Österreich mit Anlauf gegen die Wand gefahren. Mit Unfällen hat diese Regierung ja schon einige Erfahrung, Herr Nehammer und Herr Kogler. Die Anzeichen oder die Gründe dafür sind immer dieselben: einerseits ein schlechter Fahrer, andererseits vielleicht das eine oder andere Achterl zu viel. In dieser Bundesregierung sind aber die Regierungsmitglieder die Fahrer. (Beifall bei der FPÖ.)
Jeder hier in diesem Land sieht es: Sie können es nicht! Jeder hier in diesem Land spürt es, jeder hier spürt inzwischen das Generalversagen dieser schlechtesten Bundesregierung der Zweiten Republik im Geldtascherl. Die Teuerungswelle kann man nicht in die Ukraine oder nach Russland oder sonst wohin abschieben, das waren Ihre völlig überzogenen Maßnahmen, Ihre völlige Planlosigkeit und Ihre völlige Unfähigkeit in Ihrer Regierungstätigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Bis vor Kurzem hat man den Eindruck gehabt, dass die Schwarzen und die Grünen nicht mehr gar so viel miteinander reden. Diesen Eindruck habe ich gewonnen, als Sie, Herr Vizekanzler, das letzte Mal hier in diesem Haus gewesen sind, als Sie gefühlte 2 Stunden der ÖVP-Ministerin den Rücken zugedreht haben. Bilder sagen ja mehr als tausend Worte. (Zwischenrufe der BundesrätInnen Zwazl und Schreuder.) Ich kann das nicht beeinflussen, ob sich zwei Menschen mögen oder nicht, das ist mir grundsätzlich auch egal, aber in dieser Bundesregierung, in der Sie den Auftrag haben, für dieses Land zu arbeiten, da wäre es schon wesentlich, dass Sie auch miteinander reden, nämlich regelmäßig miteinander reden, das ist wichtig. Sie sollten regelmäßig miteinander reden, aber das passiert in dieser Bundesregierung nicht mehr.
Das ist das eine, dass die Grünen mit den Schwarzen nicht mehr sehr viel reden. Ich habe aber inzwischen auch den Eindruck, dass die Schwarzen mit den Schwarzen nicht mehr sehr viel reden. Das hat sich auch beim Rücktritt der letzten beiden Ministerinnen gezeigt – es war der 9. Mai, als das passiert ist –, einerseits der Landwirtschaftsministerin, andererseits der Kaufhaus-Österreich-Ministerin. Herr Bundeskanzler, können Sie sich an das ÖVP-Prestige-Projekt Kaufhaus Österreich noch erinnern? – Wahrscheinlich wollen Sie es eher verdrängen (Beifall bei der FPÖ), aber dieses Projekt hat es dennoch gegeben. (Zwischenruf des Bundesrates Raggl.)
Ich möchte Ihnen aus dieser Zeit schon noch einige Dinge in Erinnerung rufen. Das war nämlich jene Zeit, in der Sie – noch als Innenminister – Ihre Lebensgefährder unter den Österreicherinnen und Österreichern irgendwo auf den Skipisten, in den Einkaufszentren, auf öffentlichen Plätzen gesucht haben, als Sie Babyelefanten in die Köpfe der Österreicher hineingezeichnet haben, während unter Ihnen als Innenminister der wohl verheerendste Terroranschlag, den es je in Österreich gegeben hat, in Wien verübt worden ist. Diesen Anschlag hätten Sie verhindern können, aber da haben Sie kläglich versagt, Herr Nehammer. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben die Lebensgefährder unter unseren fleißigen Österreichern gesucht. Dort waren sie nicht, an den Außengrenzen sind sie gewesen, wie wir inzwischen wissen. Sie haben eine Nullzuwanderung prognostiziert und davon geträumt, gebracht haben Sie uns im Vorjahr rund 40 000 Asylanträge, Herr – heute – Bundeskanzler. Ich kann Ihnen nur sagen, Sie können einen Teil des Volks die ganze Zeit täuschen, Sie können das ganze Volk einen Teil der Zeit täuschen, aber Sie können nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir sind heute an einem Punkt angekommen, an dem ich nur sagen kann: Rien ne va plus – nichts geht mehr, nichts geht mehr in dieser Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Vizepräsidentin Zwazl übernimmt den Vorsitz.)
Nun aber zum Rücktritt der Landwirtschaftsministerin am 9. Mai: Wir haben das über Oe24 – ich glaube, Oe24 war das erste Medium, das das gebracht hat – erfahren. Das Schlimme bei dem Ganzen ist, dass Sie wahrscheinlich auch nicht früher davon gewusst haben. Sie haben es auch am 9. Mai erfahren, wahrscheinlich zeitgleich mit uns, meine sehr geehrten Damen und Herren. Am Vormittag ist die Landwirtschaftsministerin zurückgetreten, am Nachmittag die Kaufhaus-Österreich-Ministerin. Wenn das alles lang vorbereitet gewesen ist, so wie Sie das in Ihrer Hilflosigkeit gegenüber den Medien erwähnt haben, dann frage ich mich schon: Wann war die Übergabephase? – In jeder Firma mit drei Leuten gibt es ein paar Wochen Übergabephase, in diesen Ministerien gibt es sie anscheinend nicht.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Bundesregierung funktioniert nichts mehr. Diese Bundesregierung ist schlicht und ergreifend auf allen Ebenen gescheitert. Diese Bundesregierung ist rücktrittsreif. (Beifall bei der FPÖ.)
Eine Hoffnung habe ich an diesem 9. Mai gehabt – am Vormittag die Landwirtschaftsministerin, am Nachmittag die Wirtschaftsministerin –: Ich habe mir schon gedacht, bei diesem Tempo wäre es ja gut möglich, dass bis Mitternacht auch der Bundeskanzler Geschichte ist. (Heiterkeit der Bundesrätin Schartel.) Das hat sich leider Gottes nicht bewahrheitet. Warum hat sich das aber nicht bewahrheitet? – Weil unser Mister-100-Prozent einfach nicht den Mut dazu hatte. Warum fehlt Ihnen der Mut, Herr Bundeskanzler? Warum fehlt Ihnen der Mut? – Ich kann Ihnen sagen, warum Ihnen der Mut fehlt: Weil Sie inzwischen ganz genau wissen, dass die Österreicher gesehen haben, wofür Sie und diese Bundesregierung stehen, und weil Sie ganz genau wissen, dass die Österreicher Sie bei der nächsten Nationalratswahl sprichwörtlich mit dem nassen Fetzen aus diesem Haus hinaustreiben werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Genau das ist auch der Grund, warum sich die Schwarzen und die Grünen in diesem Haus, in dieser Bundesregierung noch immer einhängen: Sie haben schlicht und ergreifend Angst vor Neuwahlen. Sie versuchen, eine Lebensverlängerung zusammenzubringen, weil sie nicht wählen lassen wollen, sie klammern sich aneinander. Ich kann Ihnen nur sagen: Beenden Sie diese Übung, diese schwarz-grüne Bundesregierung ist gescheitert! (Beifall bei der FPÖ.)
Heute stellen Sie sich hierher und präsentieren uns einen neuen Landwirtschaftsminister, der seit rund 20 Jahren in Wien lebt, also einem Bundesland, das für seine florierende Landwirtschaft ja nahezu bekannt ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, einen Bauern habt ihr gesucht, einen Wiener Bobo habt ihr bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)
In dieser Bundesregierung muss man aber Kompromisse eingehen, denn es gibt ja nahezu niemanden mehr, der mit dieser schwarz-grünen Bundesregierung noch etwas zu tun haben will. Der ehemalige Landesgeschäftsführer der JVP Tirol, der ehemalige Pressesprecher und Büroleiter des Landeshauptmannes Platter hat plötzlich seine Fachkompetenz für Digitalisierung entdeckt. Ich weiß es nicht, vielleicht war es aufgrund der in der ÖVP so beliebten Whatsapp-Nachrichten oder wie auch immer. Arbeitsminister Kocher ist gerade nicht da, aber der hätte vielleicht auch diese Kompetenz gehabt. Seine Kompetenz für Digitalisierung – vor allem im Bereich des Handys – hat er ja bei der Licht-ins-Dunkel-Gala bewiesen, wie wir alle im ORF sehen konnten.
Die Einzige, zu der ich nicht viel sagen kann, ist unsere Neostaatssekretärin Kraus-Winkler. Sie ist nämlich die Einzige, die wirklich Fachkompetenz mitbringt, wie ich sehe, wenn ich mir ihren Lebenslauf anschaue. Ich habe Ihnen heute auch zugehört. Ich möchte dazu nicht sehr viel sagen, ich möchte mir lieber anschauen, was Sie im Bereich des Tourismus weiterbringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine neue Staatssekretärin mit Fachkompetenz. Der einzige und größte Fachkräftemangel aber, den wir in Österreich haben, sitzt – links und rechts von mir – auf der Regierungsbank, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Bundesregierung ist gescheitert. Befreien Sie dieses Land, befreien Sie unsere Österreicher von dieser unfähigsten und schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten! Machen Sie den Weg frei (Ruf bei der ÖVP: Für dich!) für Neuwahlen! Ich sage es mit den Worten Ihres gefallenen Engels: Genug ist genug! (Beifall bei der FPÖ.)
12.06
Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Mag. Sascha Obrecht. – Bitte schön.