11.06
Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Liebe Zuseher auf der Galerie! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war schon ein starkes Stück vom Finanzminister, oder? Österreich war viel schneller, viel besser als alle anderen Staaten, vermutlich auch noch im Sinne von Karl-Heinz Grasser damals: viel schöner, viel jünger, aus viel zu gutem Hause. (Bundesrätin Miesenberger: Das ist billig!) Bei dieser Anwandlung habe ich mir gedacht, wir sind wieder in der Vergangenheit angekommen.
Wenn wir so viel schneller, so viel besser waren: Warum sinken dann die Zustimmungswerte der Bundesregierung? (Beifall bei der SPÖ.) Warum liegen die Regierungsparteien mittlerweile bei 31 Prozent? Weil wir so viel schneller, so viel besser als die anderen europäischen Staaten sind? – Ich glaube nicht.
Was meine ich damit konkret? Heute sind in der Debatte ganz viele Dinge gesagt worden, die schlicht und einfach nicht wahr waren. Der Finanzminister hat uns ja in einer sehr belehrenden Art und Weise gesagt, wie wir als Parlament zu diskutieren haben – faktenbasiert, das können wir gerne machen.
Faktenbasiert, Nummer eins: Was habe ich heute immer wieder gehört? Ich habe auch zwischengerufen, weil es schlicht und ergreifend falsch ist. – Die kalte Progression wird abgeschafft. Das stimmt einfach nicht, das ist eine Unwahrheit, das beschließen wir heute nicht! (Bundesminister Brunner: Das habe ich nicht gesagt!) Es wird auch dadurch nicht wahrer, dass man das in einem Newsletter der ÖVP sogar den eigenen Mitgliedern schreibt. Das hat Generalsekretärin Sachslehner gemacht. Den eigenen Mitgliedern hat man gesagt, dass man im Nationalrat die kalte Progression abgeschafft hat. (Ruf bei der ÖVP: Woher kennen Sie das?) Das ist falsch, das passiert heute einfach nicht.
Das Nächste: Die Sozialdemokratie fordert immer, dass man momentan die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel senken soll. Ja, das tun wir tatsächlich. Das hat, by the way, auch einen inflationssenkenden Effekt. Das muss man ja auch dazusagen, Wirtschaftsexperten rechnen bis zu 1 Prozent vor. (Bundesrat Raggl: Das kassieren dann die Konzerne!) Auf der anderen Seite sagen Sie, das ist die Gießkanne, das kann man nicht machen, so eine Gießkannenförderung bringt ja nichts, und schütten 500 Euro an jede Person in Österreich aus. Das ist die Gießkanne, das ist nämlich nichts anderes! Dann sagen Sie immer wieder: Wien macht das ja auch! Ja, aber Wien hat auch Einkommensgrenzen dabei, weil wir es eben nicht mit der Gießkanne machen wollen, weil wir sozial treffsicher agieren wollen. Und darum geht es in dieser Krise. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Was war das für eine Unwahrheit?)
Erlauben Sie mir noch eine kurze Bemerkung zu Kollegen Hübner. Kollege Hübner ist ja auch aus der FPÖ Wien. Ich kann sagen, als Favoritner – ich war neun Jahre lang in der Favoritner Bezirksvertretung – ist man es gewohnt, dass von der FPÖ Wien natürlich Kritik an der Stadt Wien kommt. Das ist Ihr gutes Recht, es gehört nur eigentlich in den Wiener Landtag und nicht in den Bundesrat, aber Sie können es natürlich hier auch äußern. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Er ist ja ein Ländervertreter!) Wir werden bei der Wiener Landtagswahl und Gemeinderatswahl erkennen, wie furchtbar und wie schlimm es dann tatsächlich in Wien ist. Denn eine Sache ist auch klar, und die haben die Wienerinnen und Wiener verinnerlicht: Wer in dieser Stadt dafür sorgt, dass es hier gut für die Menschen ist, dass sie hier gut leben, dass sie hier schön leben, ist die SPÖ Wien, und das wird auch in Zukunft so bleiben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)
Ich habe vor Kurzem wieder auf meinen Cousin aufgepasst, er ist sieben Jahre alt und er fragt mich gelegentlich, was ich so mache. Es ist manchmal nicht so einfach, zu erklären, was wir hier genau debattieren. Ich habe ihm gesagt, heute steht das Antiteuerungspaket auf der Tagesordnung, und wir haben darüber gesprochen. Ich habe ihm gesagt, er kann es sich im Grunde wie ein Seifenblasenpaket vorstellen, es schaut am Anfang schön aus, aber es ist nichts dahinter. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Kornhäusl.)
Diese Einmalzahlungen hat man sich von Wien abgeschaut – das ist ja unbenommen. Der Schnitzelgutschein kommt nämlich vom Wiener Bürgermeister. Der Sinn hinter dem Schnitzelgutschein war aber, in der Pandemie den Konsum anzuregen, und nicht, Armut zu bekämpfen. Das mag damit vielleicht auch passiert sein, aber wenn man wirklich überlegen will, wie man in so einer Situation die Krise bekämpft, werden es Einmalzahlungen nicht tun. Man braucht eine nachhaltige Verbesserung für die Menschen, und das wird mit diesem Paket nicht passieren. Deswegen ist es Seifenblasenpaket und nicht mehr.
Ein Letztes noch, damit bleiben wir auch bei den Zahlen, und das ist vielleicht das Wichtigste: Der Fiskalrat hat sich ausgerechnet, dass momentan 35 Prozent der Haushalte, also über ein Drittel, ein Problem hat, vom Einkommen das Leben zu bestreiten. 35 Prozent – das sind 1,3 Millionen Haushalte, das sind 2,7 Millionen Menschen. Man kann nicht sagen, dass die Bundesregierung nichts macht, aber sie macht weit zu wenig. Es ist nicht viel schneller, es ist nicht viel besser, sondern es ist zu wenig. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Die Menschen können nicht davon leben, und deswegen ist auch das, was der Bundesminister für Finanzen hier sagt, nicht ausreichend.
Ich muss Ihnen auch tatsächlich sagen, ich glaube, das Hauptproblem ist: Die Österreicherinnen und Österreicher glauben es Ihnen auch nicht mehr! Sie können noch so eloquent sagen, was Sie alles tun, die Menschen spüren ja selbst, ob es ihnen besser oder schlechter geht. Es geht ihnen momentan schlechter, und es gibt auch keine Initiative, die wirklich eine nachhaltige Verbesserung für die Menschen in diesem Land bewirkt.
Deswegen wird eines passieren, das werden Sie in Tirol erleben, das werden Sie in Niederösterreich erleben, das werden Sie in Salzburg erleben, das werden Sie 2024 dann auch bei den Nationalratswahlen erleben: Die ÖVP wird abgewählt werden. Wir befinden uns auf der Abschiedstournee der ÖVP, und das Abschiedskonzert werden die Nationalratswahlen 2024. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Preineder: Aber bis dorthin müsst ihr noch warten! Viel Geduld!)
11.11
Vizepräsident Günther Novak: Stellvertretend für alle Schülerinnen und Schüler, die uns hier im Parlament besuchen: Herzlich willkommen bei der Bundesratssitzung das Borg Voitsberg aus der Steiermark! Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Andreas Lackner. – Bitte, Herr Bundesrat.