11.12

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen, speziell aus der Weststeiermark und zu Hause vor dem Fernseher! Wir alle, jede und jeder von uns, hier im Haus, in ganz Österreich und in ganz Europa, erleben gerade Preissteigerungen, wie wir sie seit sehr vielen Jahren nicht gesehen haben. Was ist da passiert? – Begonnen hat es mit Lieferkettenengpässen und -ausfällen im Zuge der Covid-Krise. Schon da wurde immer klarer, dass wir uns in Abhängigkeiten begeben haben, die uns nicht gut­tun.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat nun die Lage drastisch verschärft. Energie wird als Waffe eingesetzt, die Energiepreise explodieren, und mit ihnen kommt es zu einer Teuerung in einer Dimension, wie sie eigentlich nicht vorstellbar war. (Bundesrat Steiner: Durch die Sanktionspolitik!)

Nun haben wir den Salat, wie man sprichwörtlich sagt. Nun haben wir den Salat, weil wir uns durch eine über Jahrzehnte fehlgeleitete Energiepolitik immer stärker in die Ab­hängigkeit Russlands begeben haben, wo nun ein Despot die Hand am Gashahn hat und wir nicht wissen, ob und wann er ihn für uns zudreht. Ich könnte mich nun lang und breit darüber auslassen, wer uns denn diese Suppe eingebrockt hat, ich möchte aber lieber ein positives Beispiel bringen. (Bundesrätin Grimling: Wer?)

Ich war vor nicht ganz drei Wochen bei einer hochkarätig besetzten Klimaschutz­ver­anstaltung, wo unter anderen Peter Droege, Vorsitzender des Weltenergiebeirates, als Referent mit dabei war, in meiner Nachbargemeinde Mureck. Die dortige Stadtgemeinde hat mit der Bioenergie Mureck und mit einem eigenen Stromnetz eine sehr beneidens­werte Situation. Sie sind energieautark – und das nicht erst seit gestern. (Bundesrat Kovacs: Wie im Burgenland!) Seit mehr als 30 Jahren sind dort Pioniere am Werk. Es gibt eine Nahwärme aus regionaler Biomasse, es gibt PV-Anlagen mit Bürgerbeteiligung, PV-Anlagen mit Glashäusern und so weiter.

Was das mit dem Tagesordnungspunkt zu tun hat? – Ganz viel. Die haben dort nämlich keine Preissteigerungen im Energiebereich, nicht bei Wärme, nicht bei Strom. Und das macht schon ordentlich etwas aus. Dort müssen wir mittelfristig hin. Das Ziel muss sein, dass wir uns die Energie selber aus erneuerbaren Quellen und regional machen. Das ist das beste Rezept für das Klima, das ist das beste Rezept gegen die Abhängigkeit, das ist das beste Rezept für regionale Wertschöpfung und das ist damit auch das beste Rezept gegen die Teuerung. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich weiß schon, die Teuerung betrifft nicht nur die Energie, aber sie ist der Haupttreiber. (Bundesrat Steiner: Die Sanktionen!) Ich weiß auch, dass die Energiewende nicht von heute auf morgen passieren kann (Bundesrat Steiner: Machen wir noch ein paar Sanktionen, dann wird es günstiger!), und natürlich braucht es jetzt rasch Entlastungen in den verschiedensten Bereichen. Es braucht jetzt Maßnahmen und Rezepte, um die Belastungen durch die Teuerungen auszugleichen. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Es wurde von meinen VorrednerInnen schon relativ detailreich über die konkreten Maß­nahmen gesprochen, ich möchte daher auf die Vorschläge der Opposition eingehen. Was sind die Rezepte von SPÖ und FPÖ? (Bundesrätin Steiner-Wieser: Preis­decke­lung!) Die Freiheitlichen wollen gleich einmal die CO2-Steuer einfach kippen und sind - - (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.) Sie sind wieder einmal klimapolitisch als Geister­fahrer unterwegs. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Da klatschen die Eigenen nicht einmal!)

Einzelne Vorschläge erinnern ökonomisch an die Planwirtschaft. (Bundesrat Spanring: In den eigenen Reihen habt ihr fast 40 Prozent Zustimmung!), da kommt auch die SPÖ relativ retro daher. Die Vorstellung, ein staatlich verordneter Preisdeckel würde in einer globalisierten Marktwirtschaft funktionieren, halte ich für relativ naiv. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Naiv sind die Sanktionen!) Wir haben ja gesehen, was in Ungarn passiert ist, als die Spritpreisobergrenze eingeführt wurde, was ist passiert? – Es kam zu Ratio­nierungen. (Bundesrat Spanring: Das stimmt ja nicht! An der Grenze, weil die Öster­reicher hinübergefahren sind zum Tanken!) Wir haben gesehen, was in Deutschland passiert ist, nachdem die Steuer auf Benzin und Diesel gesenkt wurde (Zwischenrufe bei der FPÖ): Innerhalb weniger Tage war der Effekt an der Zapfsäule verpufft und der Sprit gleich teuer wie zuvor, und – puff! – waren etliche Milliarden weg, direkt in die Taschen der Mineralölkonzerne. (Bundesrat Spanring: Pippi-Langstrumpf-Politik!)

Einige dieser Vorschläge halte ich ökologisch gesehen für gefährliche Rückschritte, deren Umsetzung angesichts der Klimakrise verantwortungslos und fahrlässig wäre. Öko­nomisch gesehen halte ich einige Vorschläge der Opposition für wirtschaftspolitisch abenteuerlich.

Was viele dieser Vorschläge gemeinsam haben, ist: Sie klingen populär und vor allem sind sie klar und einfach zu kommunizieren. Wir haben es aber mit einer sehr komplexen Situation zu tun, und es gibt hier nicht die Lösung oder den einzigen Königsweg (Bun­desrat Steiner: Sanktionen! Sanktionen muss man machen, dann wird es günstiger!), daher ist auch ein Mix an Maßnahmen notwendig, ein Mix aus kurzfristigen Entlastun­gen, mittelfristigen Maßnahmen und Maßnahmen, die das System ändern und damit dauerhaft wirken.

Genau das macht die Regierung. Der Mix enthält zunächst einmal Einmalzahlungen, ja, natürlich, weil die den Vorteil haben, dass sie rasch umsetzbar sind und daher auch schnell ankommen. Dann gibt es zum Zweiten einige steuerliche Maßnahmen, die teil­weise mittelfristig und auch dauerhaft wirken. Mit dabei sind auch Negativsteuerpakete, die jenen zugutekommen, die gar keine Lohn- oder Einkommensteuer zahlen, also Geringverdienenden. Zum Dritten ist es nun gelungen, alle Sozialleistungen, die bisher nicht an die Inflation angepasst wurden, dauerhaft zu valorisieren.

Noch einmal zum Mitschreiben: Die Valorisierung aller Sozialleistungen wurde nicht unter einem roten Kanzler oder unter einer Regierungsbeteiligung der SPÖ geschafft, nein, die Valorisierung aller Sozialleistungen wird unter Schwarz-Grün verwirklicht. (Bei­fall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Die wird aber heute nicht beschlossen! Es tut mir leid!)

Wir leben in sehr herausfordernden Zeiten, und die Lösungen der vielschichtigen Probleme sind nicht einfach und trivial. Der komplexe Mix der Maßnahmen, der vorliegt, und das enorme Entlastungsvolumen sind aber die richtige Antwort. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.20

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Bundesminister.