20.28
Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Frau Präsidentin! Werte Mitglieder des Bundesrates! Vielen Dank für die Möglichkeit, dass ich heute hier auch die zwei Novellen, die vorliegen, kurz erläutern kann und auch über die Maßnahmen der Bundesregierung informieren kann.
Wie Sie wissen, sind wir in einer angespannten Situation. Wir sind aufgrund der über viele, viele Jahre politisch gewollten und vorangetriebenen Abhängigkeit von Russland in einer kritischen Situation. Leider liegt die sichere Energieversorgung unseres Landes in der Hand eines Kriegstreibers im Kreml. Wir sollten hier schon Ursache und Wirkung gut auseinanderhalten.
Sie wissen auch, dass es Ziel der Bundesregierung ist, die Menschen in unserem Land gut durch den nächsten Winter zu führen und vor allem gut und schnell – da kann ich an die Rede anschließen – in eine sichere, in eine unabhängige Energieversorgung zu führen. Was heißt unabhängige Energieversorgung? – Das ist eine effiziente Energieversorgung, das ist eine erneuerbare Energieversorgung, das ist Energieversorgung, die auf mehr als einem Bein Richtung Russland steht.
Deswegen müssen wir kurzfristig Maßnahmen treffen, deswegen müssen wir aber auch mittelfristig und langfristig wirksame Maßnahmen jetzt treffen. Worum geht es bei der kurzen Frist, mit der wir uns heute hier beschäftigen? – Wir müssen alles dafür tun, um kurzfristig die Erdgasspeicher in unserem Land zu befüllen und gleichzeitig für die nächsten Jahre die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten aus Russland insgesamt zu reduzieren, also um den Klotz an Abhängigkeit, den wir jetzt haben – 80 Prozent –, Schritt für Schritt abzutragen. Dafür hat die Bundesregierung bereits eine Reihe von Maßnahmen gesetzt und der Gesetzgeber hat auch bereits gesetzliche Änderungen auf den Weg gebracht.
Heute liegen zwei Novellen vor, sie sind inhaltlich schon vorgestellt worden. Ich möchte trotzdem noch ein paar Punkte aus der Diskussion herausgreifen.
Der erste betrifft das Gaswirtschaftsgesetz. Ein Punkt, der noch nicht erwähnt wurde, der aber auch – und gerade anschließend an Herrn Bundesrat Gross zum Thema europäische Solidarität und europäische Zusammenarbeit – wichtig ist: Sie ermächtigen mit diesem Gesetz auch das BMK und mich als Ministerin, ein Ressortübereinkommen mit Deutschland zu schließen. Da geht es insbesondere um die Befüllungsziele für den Speicher Haidach. Wir sind auf europäischer Ebene verpflichtet, gemeinsam mit Deutschland den Speicher Haidach zu füllen. Sie ermöglichen also mit diesem Gesetz auch mir, diese europäische Verpflichtung für Österreich zu erfüllen, indem wir die rechtliche Grundlage für ein Übereinkommen schaffen.
Wir wollen zweitens, dass alle Speicher auch an das österreichische Netz angeschlossen werden, zur Versorgungssicherheit Österreichs beitragen. Speicherunternehmen sollen verpflichtet werden, ihren Speicher an das sogenannte Marktgebiet Ost anzuschließen.
Als dritten Punkt – auch das ist erwähnt –: Es gibt eine Regelung für den Fall, dass österreichische Speicher nicht mit Gas befüllt werden – und zwar systematisch nicht mit Gas befüllt werden –, darauf zurückgreifen zu können, also den Speicherplatz zu nutzen. Wenig überraschend ist diese Norm neutral formuliert, das heißt potenziell für alle Speicher in Österreich gültig. Es kann ja auch eine Situation auftreten, in der das in einem anderen Speicher genauso passiert.
Aktuell sehen wir die Situation genau bei einem Speicher, das ist der Speicher Haidach. Mit dem sogenannten Use-it-or-lose-it-Prinzip, das wir mit dieser Novelle verankern, das es zum Beispiel im Bereich der Leitungen schon gibt, sagen wir einfach: Wenn jemand Speicherkapazitäten nicht nützt – und Speicher sind eine kritische, eine begrenzte Infrastruktur –, dann soll dieser Speicher von jemand anderem auch genützt werden können, um sicherzustellen, dass nicht nur in einer so angespannten Situation wie in der, in der wir jetzt sind, sondern ganz generell eine kritische, eine begrenzte Infrastruktur auch im Sinne der Versorgungssicherheit, im Sinne der Volkswirtschaft genützt werden kann.
Auch beim Gasdiversifizierungsgesetz geht es um genau diesen Ansatz. Da geht es um die Förderung des Ausstiegs aus der russischen Abhängigkeit und um eine Diversifizierung des Erdgasbezugs aus anderen Quellen. Was ist das politische Ziel, das mit diesem Gesetz erreicht werden soll? – Wir haben eine Erdgasinfrastruktur, die sich seit Jahrzehnten Richtung Russland orientiert, die auf russisches Erdgas ausgelegt wurde. Diese Ausrichtung lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen, auch nicht über Nacht oder in wenigen Wochen ändern. Trotzdem müssen wir jetzt die Entscheidungen treffen, unsere Abhängigkeit zu reduzieren. Bei einem Ausfall russischer Lieferung ist die größtmögliche Substitution durch andere Lieferländer natürlich eine der drei Säulen, wie wir uns absichern können, neben Gasspeichern, neben Gassparen und Ersetzen durch erneuerbare Quellen natürlich auch die Diversifizierung.
Ich beglückwünsche jeden hier in diesem Raum, der meint: Das brauchen wir nicht! – Ganz ehrlich gesagt: Das Einzige, bei dem ich mir sicher bin, ist, dass Russland kein verlässliches Gegenüber ist. Russland ist in dieser Situation kein verlässliches Gegenüber. Russland – und wir sehen es – setzt Energielieferungen, setzt Gaslieferungen als Waffe in einer Auseinandersetzung ein. Deswegen unterstützen wir natürlich die Diversifizierung von Gasquellen, und mit voller Überzeugung stehe ich hier und sage: Natürlich unterstütze ich im Sinne der Versorgungssicherheit dieses Landes die Diversifizierung von Gasquellen. Und genau das ermöglichen Sie mit diesem Gasdiversifizierungsgesetz: erhöhte Kosten für andere Lieferungen für Unternehmen oder für jene, die Erdgas nach Österreich importieren, abzufangen.
Wir haben auch noch einen weiteren Anwendungsfall, der, glaube ich, jetzt in der Debatte auch noch nicht im Detail gefallen ist. Wir wollen nämlich auch Unternehmen unterstützen, die ihre Anlagen auf einen bivalenten Betrieb umstellen, das heißt, die im Notfall auf einen anderen Energieträger außerhalb des Energieträgers Gas ausweichen können. Auch das wollen wir im Notfall unterstützen.
All diese Maßnahmen sind für die Versorgungssicherheit gesetzt. Im Notfall ist es wichtig, jeden Kubikmeter Gas zu sparen, ist jede Ausweichmöglichkeit ein wichtiger Beitrag für die Versorgungssicherheit, und auch das ermöglichen Sie mit diesem Gesetz.
Für diese Novellen gab es im Nationalrat breiteste Zustimmung. Sie erhöhen in Summe die Versorgungssicherheit in Österreich als eine der Säulen, an denen wir arbeiten.
Ich glaube, es ist uns allen bewusst – und es war in der Rede des Herrn Bundesrates auch sehr schön ausgeführt –: Unabhängig in unserer Energieversorgung, sicher in unserer Energieversorgung – so, dass unsere Betriebe nicht mehr zittern müssen, ob Gas kommt – werden wir nur, wenn wir energieunabhängig werden, wenn wir unsere Versorgung möglichst selbst in die Hand nehmen.
Deswegen ist heute auch ein schöner Tag, weil wir die Marktprämienverordnung nach dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in Begutachtung geschickt haben. Diese wird einen richtigen Investitionsschub in die Erneuerbaren in Österreich auslösen – auch das ein ganz, ganz wichtiger Beitrag, um unsere Versorgungssicherheit und den Klimaschutz nicht nur unter einen Hut zu bringen, sondern voranzubringen.
Ich darf Sie im Sinne der Versorgungssicherheit unseres Landes, auch im Sinne der Debatte, die wir hier heute geführt haben, um breite Zustimmung zu diesen zwei Novellen bitten. Es ist eine Investition in die Absicherung in einer wirklich angespannten Situation. Ich bedanke mich bei allen Abgeordneten, die hier auch ihren Teil der Verantwortung übernehmen, um dieses Land bestmöglich auch durch diese angespannte Situation zu führen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)
20.36
Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.
Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile dieses.