15.33

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Sehr geehrte Zuhörer! Liebe Vorredner! Auch wir werden Punkt 7 zustimmen. Die Maßnahmen gegen Sozialdumping machen die Dinge nicht besser und nicht schlechter, als sie jetzt sind, sie lassen die Dinge etwa so, wie sie sind. Sie bringen bürokratische Verschlechterungen für die Unternehmen. Sie erschweren teilweise die Überwachung, sie erleichtern sie aber auch. Ich will es nicht im Detail ausführen, aber da kann man noch zustimmen.

Wo wir nicht mehr zustimmen können, das ist zu Punkt 8. Das ist das, was die Kollegin vor mir jetzt sehr ausführlich beschrieben hat: Das ist die Ausweitung der sogenannten Rot-Weiß-Rot-Karte. Die Rot-Weiß-Rot-Karte war ja nicht eine zusätzliche Einwande­rungs­möglichkeit in das österreichische Sozialsystem oder in den österreichischen Arbeitsmarkt, sondern ein Spezialinstrument, um besonders fähige Spitzenkräfte, be­sonders ausgebildete mit besonders seltenen Fähigkeiten, zu holen und um die Industrie und die Wirtschaft zu stimulieren. Das hat die Kollegin vor mir sehr richtig gesagt.

Was wird aber jetzt gemacht? – Es wird aus der Rot-Weiß-Rot-Karte ein weiteres Instru­mentarium zur Einwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt aus Drittstaaten gemacht. (Bundesrat Schennach: Na ja, von einem anderen Planeten kommen sie nicht! – Bundesrat Schreuder: Aber Sie jammern über den Fachkräftemangel!) Das muss man ja auch sagen. Die Rot-Weiß-Rot-Karte betrifft natürlich nicht die EU, denn da haben wir ja Arbeitskräftefreizügigkeit – Unternehmerfreizügigkeit auch –, sondern ausschließlich die Drittstaaten. In der EU haben wir ja 13,5 Millionen Arbeitslose, 6,1 Prozent beträgt die Arbeitslosigkeit im EU-Durchschnitt. Jetzt öffnen wir den Markt weiter für Drittstaaten. Und was tun wir, um das attraktiver und einfacher zu machen? – Das Erste ist: Wir senken in einer Zeit, in der alles teurer wird, den Mindestlohn, der für eine solche Spitzenkraft bezahlt werden muss.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für die Anwerbung von Spitzenkräften besonders erleichternd ist, wenn man den Lohn senkt. Die Kollegin vor mir hat uns ja erklärt, dass die Bezahlung überhaupt nie ein Thema ist; wenn sich jemand die Mühe macht, einen Drittstaatenspitzenarbeiter zu holen, dann ist ihm die Bezahlung mehr oder minder gleich. Dann frage ich mich: Warum senken wir dann bitte die Mindestentlohnung von 60 Prozent unserer ASVG-Höchstbemessungsgrundlage auf 50 Prozent? Warum tun wir das? – Es gibt nur eine einzige Erklärung dafür: dass wir die Konkurrenz am Arbeits­markt für die hiesigen Arbeitnehmer erhöhen und verstärken wollen, dass wir, statt bessere Bedingungen zu bieten und mehr zu zahlen, es leichter machen, zu günstigeren Bedingungen Leute aus dem Ausland hereinzubekommen. Diese 50 Prozent ent­sprechen circa 2 850 Euro brutto oder 2 000 Euro netto. Mit einer solchen Entlohnung wird man nicht unbedingt international gefragte Spitzenkräfte holen, sondern den durch­schnittlichen Arbeitnehmer oder einen besser ausgebildeten, der bereit ist, um weniger zu arbeiten als ein hiesiger.

Wenn wir also davon reden, den Arbeitskräftemangel zu beheben, wenn wir davon reden, Fachkräfte auszubilden, wenn wir davon reden, das Niveau auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu verbessern, dann kann doch die Lösung nicht sein, dass wir alle Leute, die Fachkräfte werden wollen, dass wir alle Leute, die ihr Niveau und ihre Ausbildung verbessern wollen, noch stärkerer Konkurrenz aussetzen, dass wir verhindern, dass die Unternehmen ihre Arbeitsplätze attraktiver machen und das Lohnniveau steigt. Wir bewirken das Gegenteil, indem wir die Konkurrenz am Arbeitsmarkt weiter erhöhen.

Der Arbeitsmarkt – wie das Wort Markt schon sagt – ist ein Markt, der von Angebot und Nachfrage abhängig ist, und wenn wir das Angebot weiter erhöhen – Herr Minister, da werden auch Sie mir zustimmen –, dann kann das nur bedeuten, dass der Preis, sprich das Niveau an Lohn und Arbeitsbedingungen für die Inländer weiter sinkt. Es wird Sie daher nicht überraschen – und ich glaube, das wird auch jeder erwarten, der sich mit dem Thema eingehend beschäftigt –, dass wir Ihrem Vorschlag zu TOP 8 nicht zustim­men. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.37

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber. Ich erteile ihr das Wort.