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Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort: Herr Präsident! Werte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Be­sucher­galerie und liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es wurde schon einiges gesagt. Wer in den letzten Monaten in Österreich unterwegs war, hat natürlich gesehen, wie knapp Fachkräfte und Arbeitskräfte sind, in der Gastronomie und in vielen anderen Bereichen auch.

Man kann jetzt natürlich darüber sprechen, woran das liegt; ich glaube, es ist wichtig, das einmal festzustellen. Erstens: Wir haben eine Rekordbeschäftigung. Wir haben so viele unselbstständig Beschäftigte wie noch nie zuvor. Fast vier Millionen Menschen sind in Österreich unselbstständig beschäftigt. Das sind um fast 500 000 mehr als noch vor zehn Jahren. Zweitens: Wir haben glücklicherweise eine geringe Arbeitslosigkeit, die geringste Arbeitslosenquote seit 14 Jahren. Wir haben einen Höchststand an offenen Stellen: 140 000 gemeldete offene Stellen, wahrscheinlich irgendwo zwischen 250 000 und 300 000 offene Stellen, die sich in Österreich gerade in Besetzung befinden.

Es liegt natürlich in einzelnen Branchen immer noch daran, dass es gewisse Voraus­setzungen gibt, wie Beschäftigung am Wochenende, Beschäftigung am Abend, die gar nicht geändert werden können. Es liegt sicher auch daran, dass Löhne und Arbeits­bedingungen eine Rolle spielen. Doch insgesamt ist die Situation in Österreich so, dass wir glücklicherweise eine Knappheit, einen großen Bedarf haben. Auch im Tourismus sind mittlerweile mehr Menschen beschäftigt als 2019, aber es gibt glücklicherweise noch mehr Nachfrage und noch mehr Qualitätsanspruch an die Beschäftigten, an die Betriebe. Damit gibt es einfach einen Bedarf an Fachkräften und Arbeitskräften. Das ist die Ausgangssituation.

Natürlich wird die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte diesen Bedarf nicht stillen und nicht alle Probleme lösen. Das ist der Regierung natürlich auch bekannt, ist mir auch bekannt, aber – und darum werbe ich noch einmal um die Zustimmung aller Parteien – es ist ein Schritt, um diesen Fachkräftemangel durch qualifizierten Zuzug in gewissen Betrieben etwas zu mildern. Da geht es ja nicht nur um den IT-Bereich, es geht nicht nur um den Bereich der hochbezahlten Schlüsselarbeitskräfte, es geht um den Bereich Pflege, der zuerst auch angesprochen wurde. Im Bereich Pflege gibt es eine große Knappheit, da sind wir darauf angewiesen, dass es qualifizierten Zuzug gibt. (Zwischenruf des Bun­desrates Steiner.)

Das betrifft auch andere Bereiche. Ich habe in der Rede zum Tagesordnungspunkt 1 von der FPÖ den Begriff Fachkräftemangel gehört. Ich glaube, es ist einfach an der Zeit, die Rot-Weiß-Rot-Karte, die Regeln so anzupassen, dass ein Zugang zu den Bereichen, in denen eben dieser Bedarf am größten ist, schneller möglich ist, unbürokratischer möglich ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Ich glaube, dass die Summe dieser Regeln, die wir hier haben, etwas Erleichterung bringen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Wir haben im Moment knapp 5 400 aktive Rot-Weiß-Rot-Karten, bei vier Millionen Be­schäf­tigten. Auch wenn sich diese Zahl verdoppelt, verdreifacht, ist das im Vergleich zur Gesamtzahl der Beschäftigten in Österreich eine sehr geringe Zahl. Das heißt, da werden jetzt keine Lohnfindungsprozesse verändert, da wird auch das Angebot nicht so erhöht, dass dadurch die Löhne sinken. Wir gleichen damit eigentlich nur einen Teil dessen aus, was wir in den nächsten Jahren aufgrund der Demografie ausgleichen müssen. Es gehen geburtenstarke Jahrgänge in Pension und kleinere Jahrgänge kommen nach. Natürlich, wie gesagt, ist es notwendig, auch auf allen anderen Fronten – Fronten jetzt im Sinne von auf allen anderen Ebenen –, die es notwendig machen, die Arbeitskräfte- und Fachkräfteknappheit zu bekämpfen, etwas zu tun.

Wir haben das größte Budget für die aktive Arbeitsmarktpolitik aller Zeiten, das Pro­gramm Sprungbrett für Langzeitarbeitslose, Programme für die Qualifizierung, die Co­ronajoboffensive, wir haben den Ausbau der Kinderbetreuung, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von vor allem Frauen mit Betreuungspflichten zu vereinfachen.

Es geht darum, Menschen länger in Beschäftigung zu halten. Es geht natürlich auch darum, die Arbeitsbedingungen und die Anreize insgesamt zu verbessern. Da geht es auch um die Lohnnebenkosten, die erwähnt wurden, auch da gibt es einen Schritt nach unten. All das wird auch in Zukunft weiter nötig sein, aber ich werbe dafür, dass das ein Schritt ist, der uns zumindest ein bisschen nach vorne bringt; die Details sind genannt.

Es geht darum, qualifizierten Menschen aus Drittstaaten den Zugang zum österreichi­schen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, weiterhin nach einer strengen Prüfung, das ist ganz klar, weiterhin mit klaren Kriterien, aber eben gerade in den Bereichen, in denen wir diesen Zuzug auch wirklich brauchen. Deshalb werbe ich noch einmal für die Zustim­mung zu diesem Gesetz. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

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