16.57
Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Haus! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nachdem meine Kollegin Doris Hahn bereits über das Bildungsinvestitionsgesetz gesprochen hat, widme ich mich, große Überraschung, dem Thema der Elementarbildung und den 15a-Verhandlungen.
Ja, die Erwartungen waren groß, sie waren riesig. Es wurden viele Hoffnungen, die meine Kollegin Eder-Gitschthaler schon formuliert hat, damit verbunden: Endlich wird dieser große Wurf kommen, den die Elementarbildung dringend braucht. Das Verhandlungsergebnis war aber mehr als enttäuschend. Angesichts des Personalmangels, angesichts der Belastungen des bestehenden Personals, angesichts zu weniger Plätze für die unter Dreijährigen hätte jetzt wirklich ein großer Wurf passieren können und passieren müssen; aber diese Chance wurde verpasst, und das ist nicht nur schade, sondern tatsächlich ein Problem. Danksagungen nützen jetzt einfach nichts mehr, es hätte jetzt Maßnahmen und Ressourcen gebraucht. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir sind da ganz und gar nicht sozusagen ideologisch unterwegs (Zwischenruf des Bundesrates Köck – Bundesrätin Schumann: Wer schreit da Nein?), sondern wir haben in diesem Bereich wirklich viele Verbündete, wenn ich an die Industriellenvereinigung oder an die heutige Aussendung der WKO denke. Wenn ich hier vorlesen darf: „,Die Richtung stimmt, das Tempo nicht‘, kommentiert Martha Schultz, WKÖ-Vizepräsidentin und Bundesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft (FiW), die Ergebnisse der aktuellen Kindertagesheimstatistik [...].“ Sie sagt, dass es absolut keinen „Grund zu jubeln“ gibt, weil nicht einmal die Barcelonaziele erreicht werden; und wir wissen seit zehn Jahren, welche Ziele wir da erreichen sollten.
Sie sagt weiters: „Deshalb setze ich mich weiterhin konsequent für einen raschen, flächendeckenden Ausbau an ganzjähriger, flexibler Kinderbetreuung mit Öffnungszeiten, die dem Bedarf berufstätiger Eltern entsprechen, ein.“
Das ist nicht von uns (Bundesrätin Schumann: Nein!), da sind wir wirklich in breiter Gesellschaft. Alle, die sich mit Bildung beschäftigen, alle, die sich mit Nachwuchsförderung beschäftigen, wissen, dass das, was hier auf dem Tisch liegt, einfach nicht reicht, um diese Ziele zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Traurig, traurig!)
Wo ich absolut zustimmen muss: Es geht nicht nur um die Quantität im Ausbau. Sie betont auch, dass es um die Qualität in der frühkindlichen Bildung gehen muss. Sie sagt: „Frühkindliche Bildung legt den Grundstein für Chancengerechtigkeit und den späteren Erfolg von Kindern. Unterschiedliche Studien belegen klar, dass Kinder, die von klein auf qualitätsvolle Betreuungsangebote genießen, später über ein besseres Bildungsniveau und Einkommen verfügen.“ – Und noch einmal: Das, was heute vorliegt, kann dem nicht gerecht werden.
Gemeinsam mit der WKO in dem Fall, mit der Industriellenvereinigung und allen anderen, die in diesem Bereich aktiv sind, gibt es eigentlich ein recht simples, recht kompaktes Rezept dessen, was es in der elementaren Bildung braucht: Es braucht die beste Bildung – da geht es um die Qualität des Angebotes – für jedes Kind: Da geht es um die Chancengerechtigkeit, dass nämlich wirklich, egal welche Postleitzahl in der Adresse eines Kindes steht (Bundesrat Schennach: Genau so ist es!), jedes Kind davon profitieren kann. Es geht darum, dass dieses Angebot immer zur Verfügung steht, ganzjährig, ganztägig, dass es überall zur Verfügung steht und dass es kostenlos ist. Eine elementare Bildungseinrichtung ist nämlich eine Bildungseinrichtung genauso wie die Schule eine Bildungseinrichtung ist, und darum muss sie kostenlos sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Ressourcen, die jetzt mit diesem Entwurf vorliegen, werden nicht beim Kind ankommen. Sie werden im System, in der Struktur irgendwo verpuffen und die Qualität beim Kind nicht steigern; denn das, was es jetzt bräuchte, wäre vor allem eine Verbesserung im Betreuungsschlüssel. Da gibt es diesen Terminus des Fachkraft-Kind-Schlüssels.
Dafür braucht man aber mehr Personal, damit man eben diese Gruppen verkleinern kann, nur ist das Personal zurzeit nicht da. Wir haben in ganz Österreich einen Fachkräftemangel im Bereich der Elementarbildung, und deshalb bräuchte es auch, und auch das fehlt, eine riesige Ausbildungsoffensive – jetzt! (Bundesrätin Kittl: Ja, passiert eh!)
Wir haben im Ausschuss nachgefragt, ob es eine entsprechende Ausbildungsoffensive gibt. Eine solche dürfte es nicht geben, denn wir haben keine Information dazu bekommen, aber die Ausbildung dieser ElementarpädagogInnen ist in Bundesverantwortung und die jetzigen Bafeps werden nicht reichen. Man müsste wahrscheinlich zehnmal mehr Bafeps errichten, damit die Zahl derer, die dann in den Beruf gehen, tatsächlich reicht. Also wir brauchen mehr Bafeps, wir brauchen mehr Kollegs, wir brauchen verschiedene Formen, damit Menschen in diesen Bereich gehen, und wir brauchen andere Rahmenbedingungen, damit die Menschen dorthin wollen und dann auch dort bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich komme noch einmal zum Thema kostenlos oder beitragsfrei, wie wir in Wien sagen. Da hätte es zum Beispiel auch schon gereicht, das zweite verpflichtende Kindergartenjahr einzuführen und zu sagen, auch das wird kostenlos gemacht, Eltern müssen dafür nichts bezahlen. Oder wie ich sagen würde: Es ist eben eine Bildungseinrichtung und soll wie eine Volksschule kostenlos sein.
Man könnte das überhaupt wie eine Volksschule denken. Bei der Volksschule ist es so: Wenn Kinder eines Jahrganges in einer Gemeinde den Bedarf nach einem Schulplatz haben, dann muss der geschaffen werden. So könnte man das auch in der Elementarbildung sehen: Es gibt die Verpflichtung, dass diesem Kind ein Elementarbildungsplatz angeboten wird. Das wäre dieses Thema mit dem Rechtsanspruch, dass einfach klar ist: Wenn in einer Gemeinde ein Kind ein gewisses Alter hat, dann wird ihm ein Platz zur Verfügung gestellt.
Da darf man aber die Gemeinden nicht alleinlassen. Die Verantwortung darf nicht bei den Gemeinden allein bleiben, denn das, was wir mit dieser Vorlage sozusagen zur Beschlussfassung bekommen haben, würde bedeuten: Eine Gemeinde bekommt zwar eine Anschubfinanzierung, aber der laufende, nachhaltige Betrieb wird damit nicht gesichert. Damit sind viele Gemeinden im Stich gelassen und können das nicht anbieten.
Ich möchte noch zwei Themen ansprechen. Diese Verpflichtung, diese verbindliche Platzsicherung muss – es ist eigentlich schade, dass man darüber sprechen muss – auch für Kinder mit Behinderungen gelten. Das ist derzeit nicht der Fall. Wir finden, dass dieses verpflichtende Vorschuljahr oder dieses verpflichtende letzte Kindergartenjahr für alle Kinder gelten muss. Und selbstverständlich muss man dann für diese Kinder, die mehr Bedürfnisse oder andere Bedürfnisse haben, auch die entsprechenden Ressourcen bereitstellen, damit dieses Bildungsangebot wirklich für alle Kinder zur Verfügung steht.
Dass das leidige Thema mit dem Kopftuch endlich weg ist, ist einfach eine Genugtuung. Wir wissen, dass das in der Elementarbildung kein Thema ist. Es war reiner Populismus, die Kopftuchdebatte hier über kleine Kinder zu führen. Endlich ist das erledigt. Wir hätten das schon vor ein paar Jahren gewusst, denn wir kennen keinen dokumentierten Fall von Kindern in der Elementarbildung mit Kopftuch, außer vielleicht bei Krippenspielen in der Adventzeit. (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ.)
Jedenfalls wurde die Chance auf einen wirklichen Quantensprung in der Elementarbildung, den es jetzt dringend gebraucht hätte, ausgelassen. Deshalb müssen wir – eigentlich leider, aber doch – dieser Vorlage unsere Zustimmung verwehren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
17.06
Vizepräsident Günther Novak: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Polaschek. – Bitte, Herr Bundesminister.