11.04
Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja wieder eine gemeinsame Debatte über zwei Tagesordnungspunkte. Ich werde von hinten anfangen.
Beim 2. Tagesordnungspunkt, dem Energiekostenausgleichsgesetz, geht es um den 150-Euro-Zuschuss. Wir wissen, das ist diese unglückliche Gutscheinlösung (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ – Bundesrat Schennach: Man kann auch verhunzte sagen!), die große Mängel in der Treffsicherheit hat, weil sie den Zuschuss bis zum Doppelten des Medianeinkommens gewährt, und auf der anderen Seite diese Lücken hat, wie Kollege Hübner auch in seinem Entschließungsantrag auf Basis der Kritik der Volksanwältin vorgebracht hat. Hier geht es aber quasi nur um die Metaebene, nämlich um die Einreichfrist für den Gutschein. Die wird verlängert, und dieser Verlängerung der Einreichfrist stimmen wir zu, obwohl wir gegen die gewählte Lösung für diesen Gutschein waren und sind.
Jetzt zum 1. Tagesordnungspunkt, dem, was Entlastungspaket II, glaube ich, heißt, da gibt es ja auch schon mehrere: Zuerst einmal zum Einkommensteuergesetz, zur kalten Progression: Die wird zu zwei Dritteln abgeschafft. Insofern sind wir überwiegend dafür. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass sie zur Gänze abgeschafft wird, so wie es auch Kollege Hübner in seinem Entschließungsantrag vorgebracht hat. Dass sie zumindest zu zwei Dritteln abgeschafft wird, wiegt für uns aber so schwer, dass wir dem ganzen Entwurf auch zustimmen, denn wir fordern das seit Jahren – fast Jahrzehnten, uns gibt es seit zehn Jahren –, seit Beginn.
Das Problem damit ist, dass ein Drittel nicht automatisch abgeschafft wird und dann quasi diskretionär jedes Jahr neu entschieden wird, so wie es heuer gemacht wird, also eigentlich für das nächste Jahr – wir hätten ja schon gefordert, dass es für 2022 gilt. Ich verstehe schon den Beweggrund dafür, dass aus Sicht der Armutsbekämpfung bei den unteren Tarifstufen mehr entlastet wird, nur verstärkt gerade das auch die bestehenden Teilzeitanreize. Die Progression wird ab einem bestimmten Punkt steiler; der Grenznutzen, mehr zu verdienen, wird an diesem Punkt also niedriger, das heißt, das Hindernis wird größer, und die steuerliche Grenzbelastung steigt an einem bestimmten Punkt. Wenn das immer so weitergeht, insbesondere wenn die Inflation hoch ist, gibt es dann irgendwann einmal eine Kante, so wie wir es derzeit auch in der Sozialversicherung mit der Geringfügigkeitsgrenze haben. Die Anreize, mehr zu arbeiten und damit mehr zu verdienen, sind quasi negativ. Das birgt dann wiederum die Gefahr, dass das Angebot an Arbeit, das uns ja so abgeht, auch negativ angepasst wird.
Die anderen Punkte zur Einkommensteuer, den steuerfreien Zuschuss für die E-Car-Sharingplattform befürworten wir, und wir sind auch für die Anhebung der Einheitswertgrenze für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.
Artikel 2 Familienlastenausgleichsgesetz, die Beitragssenkung zum Flaf, sehen wir ambivalent. Grundsätzlich sind wir dafür, dass die Beiträge gesenkt werden. Nur so, wie es hier gemacht wird, läuft es darauf hinaus, dass die Beitragssenkung erst 2025 wirklich kommt – was etwas anderes ist, als im Sommer mit Lohnnebenkostensenkung versprochen wurde; und es wird sehr kompliziert gemacht. Es wird auf sieben verschiedene Unterposten ausgegliedert, unter anderem auf Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen. Da laufen die Verhandlungen momentan schon. Die Chance, dass das in die derzeitigen Verhandlungen schon eingebaut wird, ist sehr gering. Man hat sich das, glaube ich, von den Kollektivvertragsmaterien in der Pflegereform abgeschaut, aber das ist keine gute Umsetzung der Senkung der Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds.
Schließlich der dritte Punkt: die Anhebung der Umsatzgrenze für die Pauschalierung in der Landwirtschaft im Umsatzsteuergesetz. Kollege Ebner von der ÖVP hat das als großen Vorteil dieses Gesetzespakets gerühmt. Ich sehe das komplett konträr. Die Anhebung der Vollpauschalierungsgrenze von 400 000 auf 600 000 Euro ist eine Ungleichbehandlung, denn welche Berufsgruppen oder welche Personen aus welchen Einkunftsquellen haben diesen Vorteil der Vollpauschalierung? – Das haben nur Landwirtinnen und Landwirte. Die Frage ist: Wie kommen die anderen Berufsgruppen dazu, dass sie nicht auch so eine Vollpauschalierung haben können?
Das wird immer kritischer, was die verfassungsrechtlichen Grundlagen betrifft. Es könnte irgendwer einmal draufkommen, das wegen Verletzung des Gleichheitssatzes anzufechten, und es spricht auch dagegen, Einkünfte aus der Landwirtschaft als das zu behandeln, was sie sind, nämlich unternehmerische Einkünfte. Die Arbeit in der Landwirtschaft soll einer unternehmerischen Logik folgen. Man muss von dieser Arbeit leben können, nicht auf der einen Seite steuerliche Bevorzugungen haben, die andere Berufsgruppen nicht haben, und zusätzlich auch noch Förderungen bekommen, die andere Berufsgruppen nicht haben. (Bundesrat Preineder: Und trotzdem Abwanderung hat aus dem Beruf! Wie wollt ihr das dann machen? Mehr Steuern für die Bauern?)
Diese Teile in dem Paket, das wir hier abstimmen, sehen wir also sehr kritisch, insgesamt aber stimmen wir wegen der zumindest Zweidrittelabschaffung der kalten Progression dafür. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)
11.10
Vizepräsident Bernhard Hirczy: Vielen Dank, Herr Bundesrat.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Schennach. – Bitte, Herr Bundesrat.