11.58

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Pflegevorbereitung im Regelschul­wesen, Herr Bildungsminister, ist eine grundvernünftige Geschichte. Es ist sinnvoll, den Einstieg so niederschwellig wie möglich zu machen. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Bundesrätin Zwazl – erheitert –: Boah!) Es ist, wie jeder hier herinnen hoffentlich weiß, eine urfreiheitliche Forderung. Ich glaube, das ist schon in unserem ersten freiheitlichen Parteiprogramm drinnen gestanden, und das liegt weit zurück. Das ist also eine gute Geschichte. Einige werden sich vielleicht wundern, warum der Steiner zu einer Plusmaterie redet, aber auch das – dass ich zu einer Plusmaterie spreche – sei einmal gestattet. (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesrät:innen der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Ruf bei der ÖVP: Kommt da ein Plus heraus?)

Wir müssen nur wirklich folgendes Problem im Auge behalten: Wir müssen jetzt schon aufpassen, was den Mangel an Lehrenden betrifft, dass wir da nicht aus den Anstalten – aus den Krankenanstalten, aus den Kuranstalten oder sonst wo – das Personal zum Lehren abziehen. Ich weiß, Herr Minister, Sie haben es schon dementiert – aber woher die Lehrenden nehmen, wenn wir sie nicht haben? Natürlich wird man auch auf das Fachpersonal in den jeweiligen Einrich­tungen zurückgreifen müssen. Anders, Herr Minister, kann es gar nicht gehen, auch wenn Sie es dementieren. Darauf müssen Sie also schon ein großes, großes Augenmerk legen, weil wir massive Probleme in diesen Einrichtungen haben. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ich kann nur sagen, ich bin, als wir das letzte Mal vom Bundesratsplenum nach Hause gefahren sind, am Samstag mit dem Zug retour gefahren und zufällig mit zwei Ärzten – einer war aus Vorarlberg und einer war aus Innsbruck – im Zugabteil gegessen. Sie haben geredet, und man hört natürlich ein bisschen zu. Dann haben sie natürlich über das ganze Problem Pflege gesprochen, und da war ich schon ein bissl schockiert, weil uns natürlich allen bewusst ist, dass das ein Problemfeld ist, aber dass es so gravierend ist, dass Schwestern Nachtdienste auf vollen Stationen – ich rede da jetzt nicht von drei, vier, fünf oder sechs Betten – alleine schieben müssen, ist nicht länger hinnehmbar und tragbar. Da müssen wir uns dringendst auf die Hinterfüße stellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das war ganz interessant, weil der eine Internist und der andere Orthopäde war. Was die Pflege betrifft, haben sie beide – der aus Vorarlberg und der aus Innsbruck – unisono komplett dasselbe gesagt. Das heißt, das zieht sich eigent­lich quer durch Österreich durch. Nur: Mir ist zu wenig – das muss man ganz ehrlich sagen –, dass man immer darüber redet – auch Frau Berger-Grabner hat es vorhin gesagt, ich habe es mir aufgeschrieben –: Das Pflegepersonal hat die letzten zwei Monate Unglaubliches geleistet, das braucht jetzt „Wertschät­zung“! – Nur, wo ist die Wertschätzung? Wann kommt sie? Wann kriegt die Pflegerin, der Pfleger, der schon im Beruf steht, der die letzten zwei Jahre wie ein Narrischer gebuckelt hat, von dieser Regierung die ihm zustehende Wert­schätzung? (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Berger-Grabner, das sagen Sie nie dazu. Sie sagen nie dazu, wann er diese Wertschätzung bekommt, denn bis heute hat er außer ein bissl Klatscherei und ein paar lieben Worten von Ihnen, Frau Berger-Grabner, da heraußen am Rednerpult nichts bekommen. (Bundesrat Bader: Stimmt ja nicht! Stimmt ja nicht!) Das nutzt keinem einzigen Pfleger, wenn Sie da heraußen stehen und so lieb dahinreden. Das nutzt nix. Die wollen Geld in der Tasche haben, damit sie ordentlich leben können, und endlich einmal ordentlich für diesen echt harten Beruf bezahlt werden. – So schaut es nämlich aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil es mich interessiert hat, weil es ja immer so kleingeredet worden ist, habe ich die zwei Ärzte im Zug gefragt, wie denn das bei ihnen in den Kliniken – sie arbeiten beide in einer Klinik – war, als das Impfpflichtgschichtl aufgetaucht ist – in Tirol haben wir es ja gehört, über 300 Pflegekräfte, Krankenschwestern und so weiter haben ja gekündigt –, und ob das wirklich so dramatisch war. Es sind zwei Ärzte – ich habe extra nachgefragt –, die sehr wohl die Impfung befür­wortet haben und sehr wohl in ihren Kliniken auch die Impfung für ihre Mitarbei­ter:innen, für das Pflegepersonal und so weiter empfohlen haben. Dann hat einer gesagt: Das war schlimm, als die alle gekündigt haben, gegangen sind, denn wohin haben wir die verloren? – Die sind nämlich nicht im Pflegeberuf geblie­ben, sagt mir der Vorarlberger, die sind irgendwohin in die Industrie gegangen, und die haben wir auf immer verloren. Da sind Fachkräfte aus dem Pflegebe­reich, wo wir sie eh so nötig haben, die man mit einer Impfpflicht traktiert hat, jetzt in Berufe, Industrieberufe abgewandert – und wir haben diese Pflegekräfte auf immer verloren. Das ist Auswuchs eurer wahnsinnigen Coronapolitik gewesen. Das muss man halt auch ganz ehrlich einmal dazusagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bildungsminister, es nützt aber dann halt auch die beste Ausbildung, die wir jetzt ja hoffentlich vorhaben, nix – die hilft uns allen nix –, wenn die Rahmen­be­dingungen in der Ausübung des Berufs, von denen ich jetzt gesprochen habe – das betrifft Schichtdienste, das betrifft ordentliche finanzielle Abgeltungen und weit, weit mehr Rahmenbedingungen –, nicht endlich korrigiert und ausgebes­sert werden.

Was wird uns passieren? – Jetzt lässt sich jemand mit diesem niedrigschwelligen Einstieg in den Pflegeberuf ausbilden, geht dann in den Beruf, und nach zwei, drei Jahren ist er fertig – körperlich fertig, psychisch fertig –, sieht aber: Eigent­lich kann ich mir überhaupt nichts leisten, außer dass ich mich fertigmache! – Na, was wird der oder die machen? – Der wird den Beruf wieder verlassen. Das heißt, das ist ein Teufelskreis. Die beste Ausbildung nützt uns nichts, wenn wir nicht endlich die Rahmenbedingungen ändern. Da müssen wir jetzt den Hebel ansetzen, und ich weiß schon, da sind Sie jetzt natürlich der falsche Ansprech­partner, das ist mir schon bewusst, da bräuchte es jetzt den Herrn Gesundheits- und Sozialminister, aber ihr habt ja dieses Gesetz auch gemeinsam gemacht, dann werden wir auch das nächste in der Regierung hoffentlich gemeinsam schaffen.

Es ist wichtig, die Rahmenbedingungen jetzt ordentlich zu ändern, damit uns die Ausgebildeten dann auch in diesem Beruf bleiben. Sonst nützt das alles nichts. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Er ist der Gewerkschafter, unser Herr Steiner! – Bundesrätin Grimling: Ja!)

Es ist so – zum Abschluss noch –: Der Grundstein ist gelegt, das stimmt. Der Grundstein ist mit heute gelegt, aber alles rundherum, was zu einem ordent­lichen Hausbau dazugehört – das reicht vom Mauerwerk bis zur Installation und, und, und, wenn man in bildlicher Sprache spricht –, fehlt noch. Da müsst ihr euch in dieser Regierung also schon jetzt einmal die Schuhe aufdoppeln und ordent­lich die Rahmenbedingungen für das Pflegepersonal ändern, sonst nützt uns dieser Beschluss heute gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

12.06

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Kittl. – Bitte.