14.55

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So froh ich bin, dass Sie hier sind, Frau Staatssekretärin, noch froher wäre ich gewesen, wenn der Minister hier wäre. Es fügt sich leider in das Bild des Tages ein. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Schennach: Jawohl!)

Man muss wirklich sagen, dass die Bundesregierung heute schon wiederholt durch Abwesenheit der verantwortlichen Ministerinnen und Minister glänzt. (Bundesrat Bader: Das ist wirklich Ihr Problem!) – Hören Sie mir bitte zu, bevor Sie reinschreien! Das ist bemerkenswert und zeigt auch eine Missachtung dieses Hauses. (Bundesrat Bader: Geh bitte, jetzt kann man sich diese Kindereien anhören! Was soll denn das, bitte? – Bundesrätin Grimling: Kollege Bader, Sie würden nicht anders agieren! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ist das eine Kinderei, dass wir wollen, dass die Bundesregierung bei einer Debatte im Parlament anwesend ist, wenn es um ein Thema geht, das der Minister oder die Ministerin jeweils zu verantworten hat? Das ist eine Kinderei für Sie? Das ist keine Kinderei für mich, das ist für mich ein Grundsatz unserer Demokratie. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Sehr gut! Bravo!)

Kommen wir aber vielleicht zum Thema. Das Thema ist das Urlaubsgesetz. Das Urlaubsrecht – prinzipiell ja eigentlich eine sonnigere Seite des Lebens – hat zwei Benefits aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und damit im Grunde auch für das ganze Land, einerseits fünf Wochen Erholung, ab 25 Jahren sogar sechs Wochen Erholung, andererseits wird es auch bezahlt. Das heißt, man hat während dieser Zeit eine finanzielle Sicherheit.

Ich habe ein wenig verfolgt, wie der Oberste Gerichtshof sich die Frage gestellt hat, ob die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Urlaubsgesetz europarechtskonform ist. Machen wir es einfach und lassen wir die Paragrafen weg, da geht es um folgen­des Szenario: Der Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin tritt unberechtigt aus, das heißt, sie kommt von einem Tag auf den anderen nicht mehr in die Arbeit. Da war die österreichische Rechtslage, es gebührt keine Urlaubsersatzleistung, gar nichts.

Der OGH hat Zweifel dran gehabt, ob das wirklich europarechtskonform ist, denn in der Arbeitszeitrichtlinie – das ist die europäische Grundlage – steht drinnen: vier Wochen Urlaubsanspruch, also ein bissel weniger. Österreich übererfüllt das, aber prinzipiell sind es vier Wochen Urlaubsanspruch, und die Ersatzleistung für diese vier Wochen muss auch sein. Österreich macht das durch diese Regelung nicht, deswegen sagt der OGH, für diese vier Wochen gibt es jedenfalls eine Urlaubsersatzleistung, bei der fünften muss er sich an die nationale Gesetzgebung halten.

Es ist also ein recht klares Urteil. Der OGH hat das aufgenommen (Bundesrätin Zwazl: Ja!), hat auch genau so Recht gesprochen, und wir beschließen jetzt genau dieses Gesetz. Wir vollziehen eins zu eins nach, was uns der EuGH und der OGH gesagt haben.

Das Problem dabei ist, dass in den Materialien zu diesem Gesetz das so darge­stellt wird, als wäre das die einzige Option gewesen. Das war sie natürlich nicht. Die Arbeitszeitrichtlinie darf grundsätzlich nicht dafür herangezogen werden, um zu sagen, dass man Ansprüche nach unten nivelliert. Dementsprechend hätte man genauso gut einfach die Bestimmung, die wir jetzt hier behelfsmäßig novel­lieren, entfallen lassen können. Ergebnis wäre gewesen, dass die Arbeiterneh­mer:innen fünf Wochen beziehungsweise nach 25 Jahren sechs Wochen bekom­men hätten. Jetzt kriegen wir vier. (Bundesrätin Zwazl: Ja, wir haben vorher gar nichts gehabt!)

Das zeigt auch den Umgang des Arbeitsministers – Frau Staatssekretärin, das trifft zwar nicht ganz Ihren Bereich – mit dem Europarecht. Jedes Mal, wenn es dazu gut ist, Arbeitnehmer:innenrechte nach unten zu nivellieren, erfüllt er es sofort. Da ist er wirklich Europa- und Weltmeister. Das kann ich auch zuge­ste­hen, da ist er dann wirklich Europa- und Weltmeister. Wenn es darum geht, Arbeitnehmer:innenrechte aufgrund des Europarechts zu erhöhen, dann ist er nicht einmal Hausmeister. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der SPÖ.)

Der Punkt ist nämlich: Es gibt die Mindestlohnrichtlinie – da hat er sich enthal­ten. Er hat noch immer nicht seine Meinung dazu kundgetan. Es ist eine Maß­nahme, die extrem vielen Menschen, extrem vielen Arbeitnehmer:innen – viel­leicht nicht in Österreich, aber quer durch Europa – viel helfen würde. Es gibt die Whistleblowerrichtlinie, die seit Ende letzten Jahres hätte umgesetzt werden sollen. Wir sind säumig. Wir sind bald ein Jahr säumig! Das Begutachtungsver­fahren hat im Juli geendet, es gibt nach wie vor keinen Gesetzesvorschlag. Immer wenn es darum geht, die Rechte von Arbeitnehmer:innen zu erhöhen – nichts. Wenn es darum geht, nach unten zu nivellieren, ist er der Erste und der Schnellste. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will an der Stelle auch schon zu einem Ende kommen. Die Sache, mit der ich schließen will, ist eine ernst gemeinte Danksagung frei von Zynismus, tatsächlich ernst gemeint, die mir als Bundesrat, aber auch als Staatsbürger dieses Landes ein Anliegen ist: Ich möchte der Mutter von Thomas Schmid Dank aussprechen (Bundesrätin Zwazl: Der vieles ... wird!), denn die Mama von Thomas Schmid ist dafür verantwortlich, dass all diese Informationen rausgekommen sind (Zwischen­ruf bei der ÖVP), dass Thomas Schmid endlich auch wirklich ausgepackt hat und wir sehen, was für ein türkiser Sumpf dahintersteht. – Insofern sind Sie, Thomas Schmids Mama, Rosmarie Schmid, für mich jetzt schon Österreicherin des Jahres 2022! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser. – Bundesrätin Zwazl: Also das war steil! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

15.00

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. – Bitte, Herr Bundesrat.