21.32

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­si­dentin! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Vorweg: Wir werden dieser Änderung im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Zustimmung erteilen, da es um die Verlängerung der Fristen zur Fertigstellung von Foto­voltaikanlagen geht.

Den Branchenverband Photovoltaic Austria erreichten in den letzten Monaten zahlreiche Hilferufe von Privatpersonen und Unternehmen, dass aufgrund von nicht planbaren Lieferzeiten die Errichtungsfristen für die Förderung nicht eingehalten werden konnten. Unzählige bereits zugesagte Förderanträge waren und wären ohne diese Änderung gefährdet.

Auch die Errichtungsfrist für PV-Anlagen bis zu 20 Kilowatt Peak wurde zweimal um neun Monate verlängert. Diese Änderung muss nach unserer Meinung auch rückwirkend für bereits eingereichte Projekte gültig sein, die in letzter Zeit abgelaufen sind.

Wichtig ist für uns Freiheitliche die Entbürokratisierung auch für Anlagen bis 20 Kilowatt Peak. Angepasst werden soll weiters auch die Förderung in Katego­rie B. Auch in dieser Kategorie sollte es zukünftig einen fixen Fördersatz anstelle des umgekehrten Bieterverfahrens geben. Dieses Anlagensegment trifft vor allem Anlagen im privaten Bereich, wo die derzeitige Fördervergabe schlichtweg zu aufwendig ist. Diese Regelung sollte unserer Meinung nach ab dem kommen­den Förderjahr 2023 gelten.

Was wir Freiheitliche aber massiv fordern und die Regierung gemeinsam mit den Netzbetreibern sofort umsetzen müsste, ist der Bereich, wo wir echte, ernst­hafte Probleme haben, und die lauten: Wie entwickeln sich die Netze und wann werden diese ausgebaut? Klar ist, dass diese Netze derzeit die anfälligste Position in Österreich sind. Wir wissen, dass wir von 365 Tagen im Jahr mittler­weile an 301 Tagen Energie aus anderen Ländern zuschießen müssen, damit wir den Netzausgleich stabilisieren. Stellen Sie sich vor, das geht einen Tag daneben; stellen Sie sich vor, dass das einmal nicht funktioniert, dann haben wir ein ver­itables Energieversorgungsproblem in Österreich!

Daher müssen wir dafür sorgen, dass diese Investitionen in den Netzausbau getätigt werden. Das sind aber nicht wenige. Austrian Power Grid spricht von 18 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren, die in diese Netze und in die Netzstabilisierung investiert werden müssen. Es nützt nichts, alternative Energien zu entwickeln und den Strom über Fotovoltaik, Windenergie oder sonstige Energieträger zu produzieren, wenn wir ihn nicht über die Netze leiten können.

Ein weiterer Punkt ist: Von vielen privaten Stromproduzenten bekommen wir immer wieder die Meldung, dass die erzeugte Strommenge derzeit von den regionalen Energieversorgern nicht mehr abgenommen werden will. Daher wäre es wichtig, die Netzbetreiber an den Verhandlungstisch zu holen und gemeinsam die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu formulieren, dass gewährleistet ist, dass die produzierte Energie, egal von wem sie produziert wird, innerhalb einer Frist von den Energieversorgern übernommen werden muss und es zum Beispiel auch nicht mehr vorkommen kann, mehrere Monate auf die Zuweisung einer Zählpunktnummer zu warten oder fixfertig gebaute übernommene Anlagen nicht ans Netz gehen können.

Die letzten Monate zeigen der österreichischen Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft, die ebenfalls massiv und nachhaltig durch die schadenden Sanktio­nen, gepaart mit einer unverantwortlichen Klimapolitik der Europäischen Union, dem sogenannten Green Deal, drastisch betroffen ist, welche Versorgungs­risi­ken, Abhängigkeiten und damit negative Auswirkungen damit einhergehen. Es zeigt, wie schnell und massiv eine Rohstoffabhängigkeit und mangelnde Versor­gungssicherheit zur wirtschaftlichen Instabilität führen und die gesellschaftliche Lage bedrohlich werden kann.

Auch die Abhängigkeit Europas von China gelangt angesichts der Spannungen zwischen China und Taiwan immer mehr in den Mittelpunkt. Die Folgen einer Sanktionierung Chinas durch den Westen wären fatal. Käme es zum Krieg um die von China beanspruchte Insel, dann wird in Europa bald kein einziges Auto mehr vom Band rollen. Die derzeit forcierte Ohne-Wenn-und-Aber-Energie­politik würde eine Vollbremsung hinlegen.

Der Bedarf nach mineralischen Rohstoffen wird zukünftig weiter steigen, und es sind daher bald entschlossene Maßnahmen erforderlich, um Engpässe bei mehreren Materialien zu vermeiden, bei denen die Gefahr besteht, dass diese am Ende dieses Jahrzehnts weltweit knapp werden. Laut einer Studie könnte Europa um 2030 aufgrund globaler Versorgungsengpässe bei fünf Metallen, insbeson­dere bei Lithium, Kobalt, Nickel, seltenen Erden und Kupfer Probleme bekom­men. Die Nachfrage nach Primärmetallen in der EU wird um 2040 ihren Höhepunkt erreichen.

Diese Rohstoffe sind aber unter anderem für den Bau von Batterien, Windkraft- und Solaranlagen essenziell. Windenergie benötigt zum Beispiel 300 bis 600 Kilogramm seltene Erden, die stecken etwa im Permanentmagneten eines Generators einer 3-Megawatt-Anlage. Der Ausbau der Windkraft auf die gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz 10 Terawattstunden benötigt in Summe den Einsatz von 2 000 Tonnen seltener Erden. Fotovoltaik: Silizium für die Zellgläser, Halbmetalle, zum Beispiel Gallium, Indium für leitende Dünnschichten.

Die Abhängigkeiten Österreichs haben sich insbesondere mit der Einführung der grünen Technologien stark erhöht. Bereits 2004 wurden im Auftrag der Euro­päischen Kommission die Versorgungsprobleme der europäischen Wirtschaft mit mineralischen Rohstoffen untersucht. Dabei wurde die gefährliche Abhängigkeit bei wichtigen Industriemetallen, die etwa für die Herstellung von Elektroauto­batterien, Windrädern, Fotovoltaikanlagen oder elektronischen Bauteilen gebraucht werden, früh erkannt. Wie so oft ist aber halt nichts geschehen.

Die 27 EU-Mitgliedstaaten besitzen bei der Herstellung von E-Auto-Batterien kaum eigene Wertschöpfungsanteile. Bei der E-Mobilität sitzt China am Steuerrad der Wirtschaft. Bei wichtigen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Mangan, Grafit und Rhodium besteht eine Rohstoffabhängigkeit von China von 32 Prozent. Verarbeitete Bauteile und Komponenten bezieht die EU zu je 52 Prozent auch aus dem Reich der Mitte und zu 31 Prozent aus Japan. Der Wertschöpfungsanteil von elektronischen Komponenten und verarbeiteten Materialien liegt in der EU nur bei rund 9 Prozent. In der Herstellung und im Zusammenbau besitzt die EU so gut wie keine Produktionskapazitäten. Batterie­zellen werden zu 66 Prozent aus China, zu 13 Prozent aus den USA und zu 13 Prozent aus anderen Teilen Asiens und der Welt bezogen. Laut Prognosen wird sich der Bedarf von Rohstoffen für die Batterieherstellung bis 2050 jedenfalls verdoppeln.

Auch bei Windrädern, auf die die grüne Klimaministerin Leonore Gewessler derzeit so stark setzt, bestehen massive Abhängigkeiten – bei Komponenten sind es zum Beispiel 56 Prozent, bei verarbeiteten Rohstoffen 41 Prozent, bei Rohstoffen 54 Prozent von China.

Am massivsten ist die Abhängigkeit Österreichs von China allerdings im Bereich der Solar- und Fotovoltaikanlagen: Rohstoffe: 53 Prozent; verarbeitete Materia­lien: 50 Prozent; Herstellung von Bauteilen und Komponenten: 89 Prozent; und Endfertigung: 70 Prozent.

Während es in Deutschland bereits ein zentrales Kompetenzzentrum für die Roh­stoffversorger in Form der Deutschen Rohstoffagentur Dera gibt, fehlt es in Öster­reich weiterhin an geeigneten Strukturen und der Einrichtung für ein strategi­sches Rohstoffmanagement im Sinne der Versorgungssicherheit für die nächsten Jahre.

Wir Freiheitliche sind für Rohstoffpolitik mit Hausverstand. Aufgrund dessen haben wir bereits im Nationalrat einen Antrag für ein zentrales Kompetenz­zentrum für ein strategisches Rohstoffmanagement, ähnlich der Deutschen Rohstoffagentur Dera, im Sinne einer nahhaltigen Rohstoffversorgung in Österreich eine Reduktion der Abhängigkeit Österreichs vorzunehmen, gestellt, welches für die Umsetzung der Pläne laut Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz unumgänglich wäre. Leider ist es natürlich aber wieder von der SPÖ, von der ÖVP und von den Grünen abgelehnt worden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.41

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Adi Gross. –Bitte, Herr Bundesrat.