9.51

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer auf den Galerien, vor den Fernseh- oder Internetempfangsgeräten! Liebe Kollegen hier im Plenum! Wenn Sie Kollegen Köck zugehört haben, dann haben Sie jetzt ein Lehrstück bekommen – eine Lehrstunde war es nicht, aber Lehr-10-Minuten –, wie man alles, was in Österreich vorgeht, unter den Tisch reden kann, wie man durch Bedanken, durch Verbeugen, durch Loben und durch Zeigen, wie schön alles ist, die Realität beiseite wischt und den Leuten den Eindruck gibt, in einer anderen Welt zu leben, lieber Kollege Köck, als der Welt, in der sie selbst sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Kein einziges der Probleme, unter denen wir nicht nur leiden, sondern die wie eine Bombe unter dem Sessel ticken, wird angesprochen. (Bundesrat Köck: Na, Wahnsinn! – Bundesrätin Zwazl: Scharf gestellt!) Ein kleines Beispiel – überlegen Sie einmal – ist die Pensionserhöhungsrunde: Wir haben derzeit eine Inflation von 12 Prozent. Das heißt, die Leute haben 12 Prozent der Real­kaufkraft ihrer Löhne und Pensionen verloren, 12 Prozent Inflation bedeuten 12 Prozent Reallohnsenkung. Wenn sie jetzt – und zwar in die Zukunft gesprochen – 7 Prozent Erhöhung bekommen, wurscht, ob bei Löhnen oder Pensionen, bedeutet das immer noch eine Realpensionssenkung von 5 Prozent, aber das nur unter der Bedingung, dass es ab sofort keine Inflation mehr gibt und Preisstabilität einsetzt.

Wenn man davon ausgeht, dass es nächstes Jahr – die Erhöhung gilt ja für nächstes Jahr – wieder eine Inflation gibt, nehmen wir nur 5 Prozent an, dann werden aus den 5 Prozent Realpensionssenkung im Oktober 2023 bereits 10 Prozent. Das sind ja dramatische Entwicklungen und dramatische Zahlen. Da­rüber wird kein Wort verloren und es wird auch nicht gesagt, was man dagegen tun könnte – nichts! (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Ich habe nichts darüber gehört, dass Sie irgendwelche Maßnahmen unterstützen, die diese Spirale bremsen – nichts!

Ich habe nichts davon gehört, dass Sie sagen, wir sind dabei, zum Beispiel das Meritordersystem, das unseren Strompreis an den Gaspreis bindet, zu zerschlagen – nichts! Das Maximum, das man da von der Regierung hört, ist: Wir werden eine Kommission bilden, wir überlegen das, wir haben mit den entsprechenden Stellen in der Europäischen Union bereits Kontakt aufgenom­men!, und so weiter und so fort.

Wundern, dass wir in Österreich vor einer Streikwelle bisher ungekannten Aus­maßes stehen, darf man sich nicht. Das Glück für die Mitarbeiter in den Betrieben und auch für die Pensionisten ist, dass die SPÖ nicht in der Bundes­regierung sitzt und daher die Gewerkschaften freie Hand haben, die For­derungen durchzusetzen. (Bundesrat Schennach: So geht Politik!) – Kollege Schen­nach, auch wenn man jetzt kein Arbeitskämpfer ist (Bundesrat Schennach: Man muss Herrn Hübner zuhören, dann weiß man ...!): Dass diese Inflations­entwicklung auf dem Rücken der arbeitenden Menschen ausgetragen wird und durch Reallohnsenkungen eingebremst wird, auf der anderen Front aber nichts gemacht wird, das kann man auch als Nichtsozialdemokrat nur als einen Skandal ansehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die späte Einsicht, die die Sozialdemokratie dadurch immerhin hat, dass sie der Gewerkschaft nicht ins Ruder fällt und sie tun lässt, ist immerhin lobenswert. (Bundesrat Schennach: Ich unterstütze derzeit die Vorgangsweise der Gewerk­schaft!  Ist das richtig?) – Das ist aber nur eines der Dinge.

Wir stehen davor, dass wir bis heute 90 000 – mittlerweile bereits über 90 000 – illegale Zuwanderer aus dem Titel Asylwerber in Österreich haben. (Bundesrätin Hahn: Wurscht, um was es geht, Hauptsache ... Asylwerber!) Wir gehen davon aus – da gibt es unterschiedliche Einschätzungen –, dass uns ein Asylwerber pro Monat zwischen 2 000 und 3 000 Euro kostet – das sind aber Untergrenzen. Da ist alles einberechnet: Unterstützungen, Rechtskos­ten, Beratungskosten und so weiter. Bei 90 000 zusätzlichen Asylwerbern bedeutet das etwa 3 Milliarden Euro im Jahr. 3 Milliarden Euro werden im Jahr dafür ausgegeben, dass wir uns Probleme ohne Ende ins Land holen. Damit verschärfen wir die Situation – die jetzt schon an vielen Schulen, in vielen Wohn­gebieten, in sicherheitspolitischen Dingen, im Haftvollzug, im Strafvollzug un­erträglich ist – weiter. Dafür nehmen wir weitere 3 Milliarden Euro in die Hand.

Sie haben stillschweigend – Kollegin Tanner, Sie haben es nicht gemacht, aber Ihre Kollegin Gewessler – auch sichergestellt, dass der Klimabonus rückwirkend für das Jahr 2022 an alle Leute ausgezahlt wird, die sich insgesamt sechs Monate in Österreich aufgehalten haben. Was wir da tun, ist also nicht nur, nichts zu tun, sondern die Zuwanderung nach Österreich weiter anzuheizen. Dass daran keine internationalen Leute schuld sind, dass wir keine EU brauchen oder dass wir mit Orbán reden oder nach Serbien reisen müssen, das ist ja klar, wenn Sie sich die europäischen Statistiken anschauen. Es gibt ja kein Land, nicht annähernd ein Land, das pro Kopf so viele Asylwerber hat wie Öster­reich. Wir stehen in absoluten Zahlen schon ganz oben.

Mit bisher 90 000 Anträgen haben wir fast halb so viele Asylwerber, wie ganz Deutschland bisher aufgenommen hat, und Deutschland hat zehnmal so viele Einwohner. Das heißt, pro Kopf haben wir mittlerweile fünfmal so viele illegale Einwanderer, sprich Asylwerber, wie Deutschland. Das ist doch eine Situation, die verheerend ist! Da kann man ja nicht davon reden, dass man zur Entlastung ein Klimabonusgesetz gemacht oder die Gemeinden unter­stützt hat und alles andere super ist, alles andere rosig ist und es keine anderen Probleme gibt. Wir haben riesige, riesige Probleme.

Gott sei Dank hat Kollege Steiner, unser Fraktionsführer, die Initiative ergriffen und dieser Verweigerung einen Riegel vorgeschoben. Er hat gesagt, es muss doch möglich sein, dass man über diese aktuellen, drängenden Probleme hier im Plenum des Bundesrates spricht. Das muss doch möglich sein! Ich bin ge­spannt, ob es möglich ist, ob sich jemand von der Bundesregierung herablässt, darüber zu sprechen, oder ob wir darauf beschränkt werden, über die Dinge, die uns da mit der Tagesordnung vorgelegt werden, zu reden.

Das Paket, das wir unter Tagesordnungspunkt 2 verhandeln, also dieses Budget­begleitgesetz, beinhaltet viele Dinge. Manche sind gut, manche sind weniger gut, manche sind irrelevant. Da sind zum Beispiel Dinge drinnen, die nicht unbe­dingt die Krise bekämpfen, Kollege Köck. Wir haben zum Beispiel die Erhö­hung der Basisförderung für die Bundestheater um fast 11 Millionen Euro – von 175 auf 186 Millionen Euro – drinnen. Da kann man sagen, gut, wir machen etwas für die Kunst.

Was heißt Basisförderung? – Das ist der Grundbetrag, den diese Betriebe im Jahr an Defizit haben können. Das ist die Basisförderung, die sie kriegen, das ist einmal die Nulllinie. Aufbauend auf diese 186 Millionen Euro ist dann zu schauen, wie viel Defizit sie wirklich machen, dafür kriegen sie dann einen Nach­schub.

Sind das Dinge, die im Interesse der Bevölkerung sind, dass irgendwelche Selbstverwirklicher am Burgtheater oder am Akademietheater dem Publikum den Spiegel vorhalten, der bürgerlichen Gesellschaft die Maske vom Gesicht reißen oder Denkanstöße zum kritischen Hinterfragen unserer Gesell­schaftsordnung geben können?! Das ist ja das Standardprogramm und die Standardaussage der Intendanten, Direktoren und Regisseure. Ob man unbe­dingt eine Erhöhung der Basisförderung um 11 Millionen Euro gewährleis­ten muss, um weiterhin halb leere Theater zu erhalten, weiß ich nicht, aber das ist die von Ihnen bejubelte Antwort auf die Krise.

Es gibt noch viele solche Sachen. Wir verlängern zum Beispiel auch den Zukunftsfonds. Zukunftsfonds, das klingt ja gut; wenn man aber schaut, was der Zukunftsfonds tut, sieht man, der beschäftigt sich im Wesentlichen mit dem Gedenken und der Erforschung des Unrechts des NS-Systems. Das mag ja alles wichtig sein, aber ist das eine Zukunftsansage, dass wir uns dem Geden­ken und der Erforschung von Dingen, die vor über 75 Jahren passiert sind, vermehrt widmen und einen Fonds – der als verzehrender Fonds gedacht war, der 20 Millionen Euro gehabt hat und längst aus sein sollte – ständig wieder verlängern und da ständig wieder Geld hineinwerfen? – Ich glaube nicht.

Beim Staatsbürgerschaftsgesetz geht es um erleichterten Zugang für irgendwelche Opfergruppen, da muss Geld an die Bundesländer ausgeschüttet werden. Das ist in Ordnung – wenn die Bundesländer dadurch mehr Arbeit haben, dann sollen sie das bekommen –, aber all das hat mit Zukunft, Kri­senbewältigung und dergleichen aber schon rein gar nichts zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Letztes vielleicht noch, bevor ich zu unserem Antrag komme, die Schiene Österreich/Europäische Union – wir haben es hier ja eh schon ein-, zweimal zur Sprache gebracht –: Was da auf europäischer Ebene im Sinne der Umgehung der geltenden vertraglichen Bestimmungen und der Umgehung des von allen Ländern gebilligten EU-Haushalts abgeht, ist ja einzigartig. Die Europäische Kommission hat ja schon im Jahr 2020 den Trick aller Tricks ausgegraben und den EU-Zukunftsfonds Next Generation EU geschaffen – das steckt alles da drinnen –; sie hat aus dem Nichts 750 Milliarden Euro geschaffen, ihr eigenes Jahresbudget mehr als vervierfacht, ohne in den Verträgen eine Deckung zu haben.

Das Geld wurde auf den sogenannten Kapitalmärkten ausgeborgt, sprich es wurden Schulden bei Banken und anderen Finanzinstitutionen aufgenommen, besichert ist das mit den künftigen Einnahmen der EU. In Österreich sagen vom Finanzminister aufwärts alle: Ja, das ist eine gute Idee, da hat Österreich überhaupt keine Belastung, das ist ja nur die Kommission, die das Geld aufnimmt, und wir kriegen sogar 3,1 Milliarden Euro von der Kommission!

Ja wer ist denn die Kommission? Wer steht denn hinter der Kommission? Ist das das Königreich Saudi-Arabien oder ist es Indonesien oder Putin? – Nein, es sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union! Wir haften für alles, was da ausgegeben und aufgenommen wird, mit circa 2,8 Prozent mit, das heißt, un­ser Haftungsanteil beträgt 23 Milliarden Euro. Der Anteil, den wir einmal zahlen müssen, sei es durch Einzahlungen, durch Leistungskürzungen oder was auch immer, beträgt 23 Milliarden Euro – 23 Milliarden, ein Federstrich! Von diesen 23 Milliarden Euro kriegen wir 3,1 Milliarden Euro zurück, und da­rüber freuen wir uns.

23 Milliarden Euro ist der Anteil, den Österreich da einzahlt, nur nicht jetzt, sondern irgendwann später, und 3,1 Milliarden Euro kriegen wir vielleicht zurück, wenn wir alle Förderungen - - (Bundesrat Köck: So ein Blödsinn!) – Was heißt „So ein Blödsinn!“, Kollege Köck? Haben Sie es gelesen? 750 Milliar­den Euro: Wenn Sie die Kosten dazunehmen, ist dieser Fonds 810 Milliarden Euro wert. (Bundesrat Köck: Ist eine Haftung, aber keine Zahlung!) Wenn Sie 2,8 Prozent von 750 oder 810 Milliarden Euro nehmen: Sagen Sie mir, was da der große Unterschied ist! Also ja, Mathematik bleibt Mathematik, und 2,8 Prozent von 750 oder 800 Milliarden Euro bleiben einfach mehr als 20 Mil­liarden Euro. (Beifall bei der FPÖ.)

„So ein Blödsinn!“ – diese Aussage reicht vielleicht dafür, sich wie Ihre Minister oder Ihre Co-Abgeordneten vor einer Debatte zu drücken. (Bundesrat Köck: Stimmt ja alles nicht!) Ja, das stimmt alles nicht! Das sind die Argumente, die ich so liebe: Stimmt ja alles nicht! (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Nein, stimmt ja nicht (Bundesrat Köck: Es stimmt nicht ...!), brauchen wir nicht zu debattieren, stimmt ja alles nicht! – Mit diesen Dingen, indem Sie wesentliche Dinge verschweigen, verharmlosen oder relativieren, verkaufen Sie die Leute für blöd.

Ja, ich werde es nicht vergessen, Kollege (Bundesrat Köck: Die ganze Rede ist zu vergessen!), und Sie werden es wahrscheinlich nicht einmal zur Kenntnis genommen haben, weil Sie sich mit diesen Fragen überhaupt nicht beschäfti­gen – aus Selbstschutz, um das Gewissen reinzuhalten. Hier zu sitzen und zu sagen: stimmt nicht, stimmt nicht!, etwas am besten gar nicht zur Kenntnis zu nehmen, eine innere Sperre zu machen (Bundesrat Köck: Ihr macht es, ihr macht es wirklich!) und Dinge, die nicht behagen und wegen derer man sich mor­gens nicht in den Spiegel schauen kann, überhaupt nicht reinzulassen – das machen viele Abgeordnete der Regierungsfraktionen, das machen ja auch die Minister, das macht auch Minister Brunner. Sprechen Sie ihn auf das Ganze an! Er wird Ihnen auch sagen: Na ja, das kann man nicht so sehen, das ist relativ!, und so, und dann wird es vorbei sein.

Wir aber machen das nicht. Wir werden jetzt auch einen Entschließungsantrag einbringen, denn: Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns nun Taten sehen!, wie es so schön heißt. Die Tat besteht nur darin, dass wir einen Antrag einbringen, mehr können wir als Opposition nicht tun. Wir werden uns wenigs­tens mit dem einen Superskandal beschäftigen, dass in einer Zeit, in der wir mehr als 90 000 illegale Zuwanderer haben, in der die Asylantenflut über Öster­reich hereinbricht, die Ministerin – mit Deckung solcher Kollegen wie Kolle­gen Köck, der das alles mitträgt, weil er sagt: stimmt alles nicht, gibt es alles nicht, wollen wir alles nicht wissen!  de facto einen rückwirkenden Klimabonus für Asylwerber einführt, indem sie rückwirkend für das Jahr 2022 im Jahr 2023 noch diese 500 Euro an alle, die sich mehr als sechs Monate in Österreich aufgehalten haben, auszahlen lässt.

Wir werden auch das Thema ansprechen, dass man trotz der erwähnten Inflation und der verheerenden Auswirkungen, die das auf alle hat  die Dienstneh­mer, die Pensionisten, die Sparer, auf alle –, nicht einmal bereit ist, die absurde Klimaabgabe, die CO2-Abgabe, einzufrieren, auszusetzen, zurückzunehmen. Nichts dergleichen wird gemacht – nichts dergleichen! Aus ideologischen Grün­den müssen Dinge durchgezogen werden, sie können noch so absurd und schädlich sein, sie müssen bleiben. Bevor etwas gemacht wird, das die Lage des Volkes bessert, dem Interesse des Volkes entspricht, sagt man lieber: alles Blödsinn!

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Schein­asylanten“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, um sowohl das Klimabonusgesetz als auch das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz umgehend außer Kraft zu setzen und insbesondere keinen rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten auszuzahlen.“

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

10.06

Präsidentin Korinna Schumann: Der von den Bundesräten Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Nein zum rückwirkenden Klimabonus für Wirtschaftsmigranten und Schein­asylanten“ ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Kittl. – Bitte, Frau Bundesrätin.