13.03

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und liebe Zusehende vor den Bildschirmen! Wir freuen uns über die gelun­gene 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und natürlich vor allem dem Land Wien, die die öffentliche Verkehrserschließung erweitert. 5,7 Milliarden Euro sind viel Geld, aber die Erweiterung stellt ohne Frage eine Aufwertung der Stadt­infrastruktur dar. Man kann sagen, das ist ein inklusives Projekt, denn es bringt die verschiedenen Menschen und sozialen Gruppen in der Stadt näher zu­einander.

Natürlich – das haben wir Grünen in der Stadt Wien auch immer wieder gesagt – ist, was die Öffis betrifft, in Wien aber noch einiges zu tun. S-Bahn, Straßenbahn und Bus sind für die Erschließung und die Mobilität in Wien, vor allem in den Außenbezirken, mindestens genauso wichtig wie die U-Bahn. Wir alle wissen in­zwischen: Je mehr Infrastruktur es gibt, desto mehr wird sie genutzt. Das ist bei den Öffis so, das ist bei den Gehwegen so, das ist bei den Radwegen so und leider ist es auch bei den Straßen so.

Daher sind die U-Bahnen nicht nur ein klimaförderndes Projekt, sie sind auch ein soziales Projekt. Ich wiederhole es ohnehin immer wieder: Angenehmer und schneller unterwegs zu sein, leichter in die Arbeit und an schöne Orte der Stadt zu kommen, erhöht die Lebensqualität in Wien. Dazu fällt mir natürlich auch das auf Initiative der Grünen umgesetzte 365-Euro-Ticket ein, das auch heute immer noch ein Riesenerfolg ist. Leistbare Mobilität bewirkt auch soziale Be­weglichkeit, und das ist gut so.

Ein kleiner Nachteil der besseren Infrastruktur, der allerdings recht schwer als Nachteil zu sehen ist, obwohl es einer ist, ist, dass sie Anleger:innen anzieht – Stichwort Gentrifizierung. Diese Anleger:innen wissen genau, dass die Menschen, vor allem jene, die bereits mobil sind und mehr Einkommen haben, in Gegenden ziehen, die gut erschlossen sind. Und diese Menschen haben auch das Geld, um sich mehr und teureren Wohnraum zu leisten.

Da beginnt die Spirale der Gentrifizierung: Investor:innen errichten Häuser, sie richten sie her, die Gegend wird schöner, aber sie wird teurer. Und die Menschen, die bisher relativ günstig gemietet haben, werden verdrängt, vor allem dann, wenn sie befristete Mietverträge haben. Nach Ablauf dieser Befristung müssen sie umziehen, weil sie sich die höhere Miete in der nun schöneren Gegend nicht mehr leisten können. Sie ziehen dann meist in weniger schöne und billigere Gegenden um. Aufgrund der eher stagnierenden und voraussichtlich sogar sinkenden Immobilienpreise in Wien wird das vorerst möglicherweise kein Thema sein, das ist wahrscheinlich der einzige Vorteil.

Was sich aber auch noch zusätzlich aus dem U-Bahn-Bau ergibt, ist die Möglichkeit der Umgestaltung des öffentlichen Raums oberhalb der U-Bahn-Baustellen. Diese Baustellen bieten nämlich das Potenzial, den öffentlichen Raum darüber neu zu gestalten, ihn nämlich klimafitter zu machen und so zu gestalten, dass alle Verkehrsteilnehmer:innen in Wien dort Platz finden und der Platz gerecht verteilt wird.

Ich mache da einen kleinen Schwenk zum Modal Split in Wien, der derzeit so ausschaut, dass ein Viertel der Wiener:innen zur Fortbewegung das Auto benutzt. Von den anderen gehen 35 Prozent zu Fuß, fast 10 Prozent fahren mit dem Rad und 30 Prozent mit den Öffis. Wenn sich diese Aufteilung der Fortbewegungsarten auf der Straße oder eben im öffentlichen Raum wiederfin­det, wäre schon viel erreicht, auch klimatechnisch.

So eine gerechte Aufteilung wäre auf einigen Baustellen in Wien möglich: zum Beispiel im Neunten, am Arne-Karlsson-Park, oder – wir kennen sie wahrscheinlich alle – auf der Landesgerichtsstraße, der Straße hinter dem Rat­haus. Diese Straße ist vierspurig, sie ist schmutzig, man kann sie als Beton­wüste bezeichnen, sie ist laut und sie hat einen lächerlich dimensionierten Rad­weg. Aber dort gibt es eben auch ein extrem hohes Potenzial, den öffentli­chen Raum gerechter zu verteilen, ihn grüner und klimaschützender zu machen. Entschleunigung ist möglich, Begegnung und Erholung sind möglich. Die Hitze kann durch Begrünung und Entsiegelung reduziert werden und Radfah­rer:innen könnten auch mit Kindern sicher unterwegs sein.

Alles in allem kann dort die aktive Mobilität, also das Zufußgehen und das Radfahren, gefördert werden, und das ist unabdingbar, wenn Wien seine selbst gesteckten Klimaziele erreichen will. Zu diesen gehört unter anderem, den motorisierten Individualverkehr bis 2030, also in den nächsten acht Jahren, um 50 Prozent zu reduzieren. Das heißt, ihn von circa 30 Prozent – das war, glaube ich, die Grundlage –auf 15 Prozent, also um 10 Prozentpunkte, zu redu­zieren, und dafür muss man viel tun.

Ich habe es heute eh bereits gesagt: Die Klimakrise ist schon lange bekannt, aber richtig ernst genommen wurde sie auch in Wien erst mit der Regierungsbetei­ligung der Grünen. Da wurden dann Maßnahmen, große Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung gesetzt. Wir erinnern uns an die Begegnungszonen – die große Begegnungszone Mariahilfer Straße –, es kamen aber auch dichtere Öffi­intervalle und mehr Radwege.

Was uns, auch mich persönlich, aber sehr traurig macht, ist, dass es vor allem rote Bezirksvorsteher sind, die lieber Parkplätze als Menschen schützen. (Bundesrat Schennach: Na, aber!) Ich richte daher wieder einen Appell an Sie, liebe SPÖ: Denken Sie um, geben Sie sich einen Ruck! Setzen Sie die vielen wunderbaren Klimakonzepte, die Sie leider in die Schublade gelegt haben, um! Öffnen Sie sich für systematische, stadtweite Verkehrsberuhigung und gerechte Verteilung des öffentlichen Raums! (Bundesrat Schennach: Genau das tun wir!)

Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die mit den Öffis fahren, freiwillig oder unfreiwillig, weil sie sich den vermeintlichen Luxus eines Autos nicht leisten können. Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die von Lärm und Schmutz geplagt sind, weil sie an großen oder engen Straßen wohnen. Es wird Ihnen gedankt werden von denen, die sich in ihrer Wohnumgebung aufhalten müssen, weil sie kein Geld für große Ausflüge oder Reisen haben oder weil sie schlicht zu alt sind, um sich weit von ihrer Wohnung fortzubewegen.

Es geht um eine menschengerechte, nicht um eine autogerechte Stadt. Wenn Sie eine menschengerechte Stadt fördern, dankt Ihnen das vor allem die junge Generation, der Sie, wenn Sie nicht umdenken, ihre Zukunft rauben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Die ÖVP weiß nicht einmal: Sollen sie klatschen, sollen sie nicht klatschen?)

13.10

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Mag. Harald Himmer. – Bitte, Herr Bundesrat.