19.00

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es steht in der Dringlichen Anfrage: „Lösen Sie [...] die Krisen im eigenen Land!“ Ich möchte mich darauf konzentrieren, weil ich glaube, über Krisen zu sprechen ist tatsäch­lich gerade in einem Parlament eine wichtige Sache.

Wir sollten diese Krisen, die uns in unserem Land, in Europa und auf dem ganzen Planeten bedrohen, auch beim Namen nennen. An erster Stelle – ich weiß, Sie wollen das immer nicht hören und ich gehe Ihnen damit auf die Nerven; ich wer­de Ihnen weiterhin damit auf die Nerven gehen – steht die wichtigste Krise, die wir zu bewältigen haben, und das ist auf lange Sicht auf jeden Fall die Klima­krise. Das müssen wir ganz klar so sagen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring: Ich habe geglaubt ...!)

Sie von der Freiheitlichen Partei sagen immer so gerne: Wir wollen etwas gegen Flüchtlinge tun! Vielleicht können Sie auch einmal überlegen, etwas gegen Fluchtursachen zu tun. Eine der größten Bedrohungen für diesen Planeten ist tatsächlich die Erderwärmung. (Bundesrätin Schartel: Da müssen Sie aber mit den Chinesen reden ...!) Wenn wir es bis zum Ende dieses Jahrhunderts nicht schaffen, die Erderwärmung zu bremsen, wenn wir bei rund 4 Grad Erd­erwärmung anlangen – und diese Gefahr besteht, wenn der ganze Planet so weitermachen würde, wie Sie es gerne tun würden - - (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Hören Sie zu! Ihr habt jetzt viele Reden gehalten, jetzt bin ich am Wort. Sie können gerne danach etwas dagegen sagen. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Ofner und Steiner-Wieser.)

Wenn wir 4 Grad Erderwärmung haben, bedeutet das, dass rund 100 bis 200 Kilometer nördlich und südlich des Äquators kein Mensch mehr leben kann. Diese Menschen würden sich dann auf den Weg machen. Wenn Sie das nicht wollen, dann müssen Sie uns in allen Maßnahmen gegen die Klimakrise unter­stützen, die notwendig sind und die die Bundesregierung auch tatsächlich trifft. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Eine andere Krise, die wir derzeit haben, ist natürlich der Krieg. Da bin ich schon sehr erschrocken, dass hier so getan wird, als sei nicht eine Partei ganz klar der Aggressor gewesen und als habe sie nicht jegliches Völkerrecht ignoriert. Es war noch nie in Österreich so, dass man ein Verbrechen, das auf internatio­naler Ebene passiert ist, nicht beim Namen genannt hätte – noch nie! 1968 beim Prager Frühling beispielsweise – ich kann mich noch genau erinnern – hat Österreich eine klare Rolle gehabt, um dem Prager Frühling auch einen unter­stützenden Raum zu geben. (Bundesrat Hübner: Genau! Österreich hat Waf­fen geliefert damals sogar an die Tschechen!)

Ich kann mich sogar erinnern, weil ich ja ein großer Anhänger des Eurovision Songcontest bin, wie jeder weiß: Österreich hat sogar extra als Signal einen Tschechen zum Eurovision Songcontest geschickt. Karel Gott war das damals mit einem Song, der „Tausend Fenster“ hieß, was ausdrückt, dass man sich öffnen kann. Das gab es doch tatsächlich. (Bundesrat Himmer: Ich kenne nur „Die Biene Maja“!)

Österreich war übrigens auch das Land, das damals, 1969, das Franco-Regime boykottiert hat.

Ich will damit nur sagen, Verbrechen beim Namen zu nennen ist auf jeden Fall auch für ein neutrales Land eine ganz wichtige Aufgabe. So zu tun, als sei das nicht eine ganz klare Aggression Russlands gewesen, bedeutet auch, eine Geschichtsfälschung im Vorhinein zu machen.

Meine Damen und Herren, wenn man bedenkt, dass wir seit Anfang 2020 auch noch eine Pandemiekrise zu managen hatten – der Bundeskanzler hat es gesagt –, dann kann man schon sagen, diese Regierung hatte Herausforderungen zu bewältigen, die es in dieser Form überhaupt noch nie gegeben hat, seit dem Zweiten Weltkrieg auf jeden Fall nicht mehr.

Was ich auch sagen kann, wenn behauptet wird, wir täten nichts und wir würden etwas nicht sehen, ist: Ich habe eine unglaublich lange Liste – und ich muss das jetzt für meine Rede verdichten – von so unfassbar vielen Maßnahmen, die wir gemacht haben, um all diese Krisen zu bewältigen. Ich glaube, dass ich jetzt in meiner Liste nur 10 bis 15 Prozent aller Maßnahmen habe, aber ich werde nicht müde werden, sie zu wiederholen, weil – wissen Sie? – ich stolz darauf bin, dass wir das in dieser Bundesregierung durchgebracht haben.

Wir wissen genau: Ja, die ÖVP und die Grünen, das ist mitunter durchaus eine herausfordernde Koalition, das sind zwei Welten, wie es so schön heißt, die manchmal miteinander ringen müssen. Ja, wir haben oft unterschiedliche Meinungen. Ja, ich habe sogar heute bei der einen oder anderen Antwort des Herrn Bundeskanzlers möglicherweise einen anderen Gedanken oder eine andere Meinung (Zwischenruf des Bundesrates Ofner) – die hatte ich auch wirklich bei manchen Dingen –, so wie auch die ÖVP bei vielen Äußerungen, die ich hier machen werde, sicher eine andere Meinung haben wird. Wir setzen uns aber zusammen, kümmern uns um die Krisen, kümmern uns um die Men­schen und haben unfassbar viel gemeinsam geschafft. (Bundesrat Ofner: Ja! Nur: Die kriegen das nicht mit!) Das ist Demokratie (Beifall bei Grünen und ÖVP) und nicht, die Gesellschaft zu spalten, sondern in aller Unterschiedlichkeit zusammenzuarbeiten. Das ist Demokratie. (Bundesrat Ofner: Wer hat ... verur­teilt? – Ihr wart es!)

Was wir zum Beispiel geschafft haben, war eine ökosoziale Steuerreform. Klimafreundliches Verhalten wird jetzt belohnt und klimaschädliches bekommt einen gerechten Preis. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Damit haben wir einen Klimabonus verbunden, erhöht mit einem Antiteuerungsbonus, verdoppelt auf 500 Euro pro Erwachsenem und 250 Euro für alle unter 18 Jahren.

Wir haben ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verabschiedet: 100 Prozent sauberer Strom aus Sonne, Wind und Wasser bis 2030. (Bundesrat Schennach: Und was ist mit dem Klimaschutzgesetz?)

Wir haben Anreize für klimafreundliche Mobilität geschaffen. Wir haben das größte Klimaschutzinvestitionsprogramm und die größte Sanierungsoffensi­ve, die es je gegeben hat. Wir haben sogar die EU-Ebene so inspiriert, dass die das auch in ihr EU-Wiederaufbauprogramm mitaufgenommen haben. (Bun­desrat Hübner: Aber mit diesen Leistungen: Warum wollt ihr dann keine Neu­wahlen? Ihr könnt ja eine absolute Mehrheit haben!)

Raus aus Öl und Gas ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wir fördern mit 7 500 Euro den Heizungstausch für alle Privathaushalte, und bis zu 100 Prozent Förderung beim Heizkesseltausch gibt es für Menschen mit ge­ringem Einkommen. Wissen Sie, darauf bin ich stolz, da könnt ihr (in Rich­tung FPÖ) noch so hämisch lächeln.

Wir haben Entlastungen in einem ungeheuren Ausmaß geschafft. Das wird auch vom Momentum-Institut – das ist ja durchaus nicht unbedingt Schwarz-Grün-freundlich –, vom Budgetdienst des Parlaments, von allen bestätigt. Wir haben so entlastet, wie es überhaupt noch nie passiert ist.

Wir haben einen Teuerungsausgleich mit enormen Entlastungen für vulnerable Gruppen geschaffen. Wir haben einen Energiekostenausgleich von 150 Euro bei der nächsten Stromjahresabrechnung geschaffen. Wir haben Ökostrompau­schale und Ökostrombeitrag 2022 auf null gesetzt – durchschnittlich 100 Euro Entlastung. Es gibt die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe – circa 60 Euro Ersparnis bei Strom, 100 Euro bei Gas. Wir haben den Kindermehrbe­trag dauerhaft von 250 Euro auf 550 Euro pro Jahr und Kind erhöht. Es gibt den von 1 500 Euro auf 2 000 Euro erhöhten Familienbonus, es gibt im August die zusätzliche Familienbeihilfe von 180 Euro pro Kind, es gibt den Teuerungsabsetzbetrag – bis zu 500 Euro für Einkommen bis maximal 2 500 Euro –, und so weiter und so weiter. Ich könnte die Liste ganz lange fortsetzen. Ich lasse mir das nicht schlechtreden.

Und ja, wir haben auch volle Unterstützung für die Ukraine ausgesprochen. Wir haben geflüchteten Menschen Unterstützung gegeben, weil es notwendig und menschlich ist.

Am Schluss vielleicht noch eine Kleinigkeit, um zu zeigen, wie wir uns um die Menschen kümmern, weil ja die FPÖ immer so kritisch zu den Impfungen steht (Bundesrat Ofner: Nein, zu eurem Impfzwang!): Für viele Menschen ist die HPV-Schutzimpfung eine ganz wichtige Angelegenheit. (Bundesrat Hübner: Da gibt es ja keinen Impfzwang! Habt ihr einen Impfzwang für die HPV-Impfung?) Es gibt ganz viele HPV-Infektionen. Die können zu Karzinomen führen, zu Ge­bärmutterhalskrebs, es kann zu Problemen im Genitalbereich kommen, und so weiter. Wir machen die HPV-Schutzimpfung für alle, sowohl für Männer als auch für Frauen, bis zum 21. Geburtstag gratis. Deswegen finde ich, wir müssen weiterarbeiten, und ich bin stolz darauf. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desrät:innen der ÖVP.)

19.10

Präsidentin Korinna Schumann: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Arlamovsky. – Wenn die Bundesräte vielleicht wieder die Plätze einnehmen könnten! Danke schön.

Bitte, Herr Bundesrat.