20.29

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich mit meiner Rede beginne, möchte ich mich wirklich bei den Kollegen Appé und Kornhäusl bedan­ken, die hier vorne gestanden sind und ohne Polemik die Fakten angesprochen haben. Ich denke, nur so kommen wir am Ende zu einer Problemlösung und zu sinnvollen Diskussionen.

Mir ging es nämlich heute Morgen zum Beispiel so, dass ich die Titelseite der „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile „So krank ist unser Gesundheitssystem“ gesehen habe, und da ist mir eigentlich schon klar gewesen: Das wird heute das Thema der Dringlichen Anfrage der FPÖ sein; denn nur Schlagzeilen zu machen ist ja eigentlich die Masche. Damit kommen wir aber in der wirklichen Problemlösung nicht weiter.

Ja, sicher ist es im Parlamentarismus gewünscht und natürlich auch legitim, lebendige Diskussionen zu führen und die Dinge auch anzusprechen. Tatsächlich stelle ich mir aber in der letzten Zeit immer öfter die Frage, ob es angesichts der multiplen Krisen weltweit und insbesondere derzeit in Europa nicht besser wäre, wirklich konstruktiv an Lösungen zu arbeiten und nicht ständig und immer wieder – und das ist wirklich schon ermüdend – mit Dreck zu schmeißen und uns so im Tun zu lähmen. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Na, Hauptsache ihr habt es machen können!)

Wenn ich mir die 131 Fragen, die wir in der Anfrage finden, im Detail ansehe, wiederholt sich da so einiges. Die Beantwortung wird uns in der Problemlösung auch nicht wirklich weiterbringen.

In ganz Europa stehen die Gesundheitssysteme vor sehr großen Herausforde­rungen. Die Pandemie hat das Brennglas auf die Probleme gerichtet und die Fehler aus der Vergangenheit nun sehr deutlich gemacht. Dafür nun einen Minister, der seit 8. März im Amt ist, verantwortlich zu machen, halte ich schon für äußerst tollkühn. (Vizepräsident Hirczy übernimmt den Vorsitz.)

Auch ich muss es ansprechen: War es nicht die Gesundheitsministerin Hartinger-Klein, die 1 Milliarde Euro an Einsparungen durch die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten versprochen hat und schlussendlich 215 Millio­nen Euro Mehrkosten verursacht hat? (Bundesrat Ofner: Wenn eine Partei so unfähige Gesundheitsminister hat, wie ihr sie habt, darf man nichts sagen!)

Das ist ja auch ganz interessant: Die angebliche Einsparung, also das Verhindern von Missbrauch der E-Card, wenn ein Foto des Patienten auf derselben ist, hat schlussendlich wahrscheinlich zu Kosten von 32 Millionen Euro geführt. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Schennach: Aber die ÖVP war schon Teil der Koalition!)

Bis heute ist die Verwaltung damit beschäftigt, E-Cards laufend mit tauglichen Fotos zu versehen (Bundesrat Spanring: Blödsinn!), während es doch ganz einfach gewesen wäre, einfach einen Ausweis zu verlangen, was übrigens das Gesetz bei einer ärztlichen Behandlung sowieso vorsieht. (Bundesrat Spanring: Wir wissen, dass das nie gemacht worden ist!)

Da möchte ich gleich zu dem Passus in der Anfrage überleiten, wo auf die ausständigen Gelder von 80 Millionen Euro Schulden durch die Behandlung von Tourist:innen hingewiesen wird, die übrigens – so steht es ja eh auch in der Anfrage – eh zu 100 Prozent erstattet werden.

Ja wie soll das denn in der Praxis funktionieren? Soll sich die Patientin, der Patient nach einem Unfall beim Skifahren in das Heimatland begeben und sich dort operieren lassen oder vielleicht die Rechnung im Krankenhaus gleich in bar bezahlen? – Entschuldigung, aber das ist wirklich, wirklich absurd. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel. – Bundesrat Steiner: Das ist in Italien ganz normal!)

Es ist ja recht interessant: Ich hatte heute vor genau zehn Jahren einen Unfall im Ausland, und ich hatte meine Europäische Krankenversicherungskarte mit. Dort steht eine Nummer drauf. Die habe ich im Krankenhaus bekannt gegeben und wurde dort gut behandelt. Ich gehe davon aus, dass dieses Krankenhaus im Ausland genauso lange auf die Bezahlung gewartet hat, aber das Geld dann auch bekommen hat, so wie das in Österreich eben der Fall ist.

Na ja, damit bin ich auch schon in Europa: Überall in Europa sind die Gesund­heitssysteme am Prüfstand. Als Beispiel kann ich da – darüber haben wir heute auch schon gesprochen – den derzeitigen Medikamentenmangel nennen.

Ich habe heute in der Früh zufällig deutsches Radio gehört. Da wurde über die Situation in Deutschland, Frankreich, Tschechien und Polen gesprochen, und man höre und staune: Allein Österreich wurde als positives Beispiel hervorge­ho­ben, nämlich mit einer großen Handlungskompetenz unter dem Motto – so wurde es gesagt – Österreich first, weil Österreich schon den Schritt eingeleitet hat, einen Exportstopp für 249 Medikamente zu verhängen.

Weil es mir persönlich wichtig ist, möchte ich noch zwei Dinge ansprechen – der Herr Minister hat es schon gesagt, meine Vorredner haben es gesagt –: Es ist ja tatsächlich so, dass im Gesundheitsbereich das System so aufgebaut ist, dass viele Dinge in Länderkompetenz liegen. Wir haben es auch heute bei den TOPs 8 und 9 gesehen. Da hat der Gesundheitsminister tatsächlich nur sehr wenig Einfluss auf die Situation, weil eben die Vollziehung genau bei den Ländern liegt. Auch da gibt es jetzt bereits einen Vorstoß des Ministers, wie wir gerade gehört haben.

Weil in der Anfrage wieder Sachen vermischt worden sind – natürlich Gesund­heit, Krankheit und Asyl –, möchte ich aus jahrelanger Erfahrung Folgendes anmerken – und das zu betonen ist mir auch noch einmal wichtig –: Menschen, die über keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus verfügen, werden im Rahmen einer akut notwendigen Behandlung selbstverständlich versorgt, weil sie eben diese Behandlung dringend benötigen und weil sie an ihren temporären Aufenthalt in Österreich gebunden sind. Erst wenn der Aufenthalt in Österreich dauerhaft bestätigt ist, kommt es zu einer längerfristigen Behandlung wie einer Chemotherapie oder Ähnlichem.

Jetzt ein Schlusssatz – ich halte mich kurz, es wurde heute schon so viel gesprochen –: Wir brauchen Veränderung in unserem Gesundheitssystem. Daran wird mehr als intensiv gearbeitet. Vielleicht ist es vonseiten der FPÖ möglich, sich in dieser Richtung konstruktiv einzubringen. Das wäre doch einmal ein Vorsatz für das neue Jahr. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Spanring:  Ha! Ha!)

20.35

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.