21.41

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Bundesminister! Liebe etwaige Zuseherinnen und Zuseher! Es ist schon auf vielen Ebenen eine Malaise mit dieser Regierung, und es geht einfach zu viel daneben, das ist ganz eindeutig.

Ich bedauere sehr, dass Herr Bundesrat Kornhäusl jetzt nicht da ist (Bun­desrat Kornhäusl: Bin eh da! Ich lausche!) – ja wunderbar!, denn es sind schon einige Worte zum Pflegebonus zu verlieren, gerade aus Ihrer Sicht, da Sie selbst Spitalsarzt sind.

Es ist einfach das Problem der Ankündigungspolitik dieser Bundesregierung. Man kann sich nicht im Mai hinstellen (Bundesrat Kornhäusl: Warum?) und den Beschäftigten, die danach lechzen, dass sie endlich Anerkennung kriegen, dass sie eine bessere Bezahlung kriegen, sagen: Ihr kriegt 2 000 Euro!, und dann sagen: Aber jetzt ist es nicht so! Nein, es ist doch weniger, was bei Ihnen im Geldbörsel ankommt! – So kann man nicht Politik machen! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Kornhäusl: Aber das 15. Monatsgehalt! Das 15. Monatsgehalt!)

Sie sind ein Opfer Ihrer eigenen Ankündigungspolitik, so schaut es ganz einfach aus, das ist das Problem. (Bundesrat Kornhäusl: Frau Präsidentin! Ein 15. Monats­gehalt, das ist ja nicht nichts, bitte! Wenn das zu wenig ist?!) Und noch eines, für Sie als Spitalsarzt (Zwischenrufe bei der ÖVP) – lassen Sie mich ausreden, hören S‘ mir zu, dann lernen Sʼ noch was! (Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Preineder: Sie aber auch!) –, jetzt für Sie als Spitalsarzt noch gesagt: Sie wissen ganz genau, für jeden – für jeden! – Patienten und jede Patientin brauchen wir die Pflegekräfte, brauchen wir die Kräfte des medizinischen Personals, wir brauchen aber auch ganz viele andere Personengruppen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Leute aus den Küchen, aus der Verwaltung, wie viele Hebammen mir gesagt haben: Warum kriegen wir keinen Bonus? Wir sind in der Coronazeit da gewesen, haben uns auch der Ansteckung ausgesetzt. (Zwischenruf der Bundes­rätin Eder-Gitschthaler.) Ein Spital funktioniert auf vielen Ebenen, sie kriegen den Bonus nicht, und der Bonus hat einfach die Beschäftigten separiert. Das ist nicht gescheit, ganz einfach nicht gut gemacht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Ich darf auch noch einen kurzen Satz zu Herrn Bundesrat Gross sagen: Es hat schon ein bissel was Verzweifeltes, wenn man der Opposition sagt, sie solle endlich akzeptieren und anerkennen. Das ist nicht die Aufgabe der Opposition! Wir können sagen, dass manches gut rennt, aber akzeptieren und anerkennen, und das aus dem Munde eines Grünen, das ist schon erstaunlich. Da ich Sie aus früheren Zeiten als starke oppositionspolitische Partei kenne, ist das ein bissel viel. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt haben wir die drei Gesetze, die hier vorliegen, und wir können allen dreien leider nicht zustimmen: den ASVG-Änderungen nicht, weil im Abänderungs­antrag noch dazugekommen ist, dass die Daten, die Sozialversicherungsdaten, der Personen an Kreditinstitute im In- und im Ausland weitergegeben werden. – Sorry, da kann die Sozialdemokratie auf keinen Fall mit.

Zum zweiten Punkt möchte ich vorausschicken: Die Bäuerinnen und Bauern mit ihrer Leistung sind absolut anzuerkennen. Sie sind wichtig für das Land, sie sind wichtig für die Versorgung in unserem Land, sie leisten ganz, ganz Großartiges. Aber man muss aufpassen, dass man in den Systemen keine Ungerechtigkeiten schafft, und mit dieser Bauern-Sozialversicherungsgesetz-Änderung schaffen Sie eine Ungerechtigkeit. Das muss Ihnen bewusst sein.

Sie machen das bewusst, das ist mir klar, es ist Klientelpolitik, ist schon in Ordnung. Es muss aber klar sein: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben betreffend ihre Sozialversicherungsbeiträge keine Chance, dass sie sie sozusagen für ein Jahr gestundet kriegen, sondern sie müssen sie auch rück­wirkend zahlen, und wenn sich bei ihnen etwas verändert  mit den Überstun­den, was auch immer , dann greift sofort die Sozialversicherung mit einer Änderung zu.  Also auch da können wir nicht zustimmen.

Und noch etwas ist passiert, und das ist besonders bedauerlich: Gerade die Bezie­herinnen und Bezieher von Opferrenten – das ist der dritte Gesetzesteil –wurden beim Teuerungsausgleich einfach vergessen, und das ist beschämend! Es ist keine große Gruppe, aber es sind Menschen, die Furchtbares erlebt haben. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja, aber darum beschließen wir es ja!) – Ja, aber viel zu spät, Sie haben sie vergessen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Da könnt ihr ja mitstimmen!) Das ist das Problem einer Einmalzahlungspolitik, dass man dann halt nicht alles gut hineinbringt und dass man vergisst. (Bundesrat Kornhäusl: Im Burgenland hat es Einmalzahlungen gegeben! Dort ist ...!)

Diese Gruppe zu vergessen! Das sind die Menschen, die Impfschäden haben, das sind die Menschen, die Opfer geworden sind, das sind Verbrechensopfer, das sind Kriegsopfer, das sind wirklich Menschen in traumatisierenden und schwie­rigen Situationen, oft mit sehr kleinen Einkommen. Die haben Sie vergessen. Jetzt schießen Sie schnell nach, aber es ist ein Zeichen dafür, dass Sie kein umfas­sendes Denken für diese Gruppen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf jetzt zu noch etwas kommen. Es waren gerade die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, und ich glaube, da gilt es, nicht nur in diesen 16 Tagen hinzuschauen, sondern da muss man einfach das ganze Jahr hinschauen und da muss man handeln.

Es ist unerträglich! Jede Form der Gewalt gegen Frauen, sei sie psychisch oder physisch, ist unerträglich, und es ist noch viel unerträglicher, wenn es zu Frauenmorden kommt.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminal­sta­tistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien, Integration und Medien im Bundeskanzleramt und Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert schnellstmöglich eine rechtswirksame Definition für den Begriff ,Femizid‘ zu erarbeiten und dafür zu sorgen, dass ressortübergreifende Maßnahmen ergriffen werden, damit geschlechtsspezifische Motive bei Frauenmorden in Zukunft detailliert in der Kriminalstatistik aufscheinen und so essentielle Weichen für eine umfassendere Gewaltschutzpolitik in Österreich gestellt werden können.“

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Wir können uns als Politik nicht erlauben, wegzuschauen. Wir können uns als Politik nicht erlauben, kleine Handlungsschritte zu setzen, sondern wir müssen wirklich handeln. Jede Frau, die aufgrund eines Gewaltaktes ihr Leben lassen musste, ist eine zu viel, und jede Frau, die Gewalt erleben musste, ist eine zu viel, und da hoffe ich auf den gemeinsamen Kampf aller Bundesrätinnen und Bundesräte, damit man Gewalt nicht als Selbstverständlichkeit nimmt, sondern eher als Ausnahme. Wir müssen dagegen ankämpfen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47

Vizepräsident Bernhard Hirczy: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Dr. Karl Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungs­antrag betreffend „Gewalt gegen Frauen – Forderung einer einheitlichen Definition des Begriffs ,Femizid‘ zur verbesserten kriminalstatistischen Erfassung und Prävention von geschlechtsmotivierten Frauenmorden“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Bitte, Herr Bundesrat.