11.58

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister und ehemaliger Energie- und Umweltlandesrat! – Das passt gut zum Thema. Also was das jetzt für eine Rede war, kann, glaube ich, nur Kollege Bernard selber beantworten. Ich wäre wirklich sehr dafür, wenigstens irgendwo in Rufweite des Themas einer Tagesordnung zu bleiben (Beifall bei Grünen und ÖVP – Zwischenrufe bei der FPÖ), und das UVP-Gesetz haben Sie offenbar nicht gelesen; aber das werde ich gleich erörtern.

Wir haben uns mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ein wirklich wichtiges Ziel gesetzt, nämlich – Sie wissen das – bis 2030 die Stromversorgung vollständig auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Dazu ist ein Zubau von 27 Terawatt­stunden gesetzlich verankert. Ich möchte das ein bisschen in Relation rücken, damit man versteht, was das heißt. Der Strombezug aus dem öffentlichen Netz beträgt in Österreich pro Jahr ungefähr 60 Terawattstunden. 27 Terawattstunden wollen wir in acht Jahren, nachdem  wir damit gestartet haben, dazubauen. Das ist schon eine Challenge, und die jetzige Preiskrise und der Ukrainekrieg, denke ich, haben gezeigt, wie wichtig und richtig dieses Gesetz ist. (Präsident Kovacs übernimmt den Vorsitz.)

2030, darauf sei auch hingewiesen, ist nicht das Ende der Fahnenstange beim Ökostromausbau, da wird es nämlich erst noch einmal so richtig losgehen. Der Stromverbrauch wird weiter steigen, weil sich die Gesellschaft in allen Bereichen quasi elektrifiziert. Der Stromverbrauch wird weiter steigen, weil wir dringend Wasserstoff, der hergestellt werden will, in der Industrie brauchen – und sicher keinen Wasserstoff etwa in der Individualmobilität brauchen.

Damit die Ausbauziele realisiert werden können, braucht es vieles, unter anderem natürlich eine Verbesserung und Beschleunigung der Genehmigungs­verfahren. Genau das ist ein zentrales Anliegen der Novelle, nämlich die Energiewende voranzutreiben und zu beschleunigen, und dafür gibt es eine Reihe von Verbesserungen. So werden sämtliche Vorhaben der Energiewende – das ist definiert; das sind alle Projekte, die zur Errichtung, Erweiterung, Änderung von Anlagen zur Erzeugung, Speicherung oder Leitung erneuerbarer Energien dienen – per se als im öffentlichen Interesse stehend definiert. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es betrifft also Windparks, Biomassekraftwerke, Wasserkraftwerke, Leitungssysteme. Das wird dann bei der Abwägung der Interessen im Verfahren die Position solcher Energiewendeprojekte stärken.

Wie macht man das konkret? – Neben dem öffentlichen Interesse wird zum Beispiel festgelegt – ein wichtiger Punkt! –, dass Einwendungen, die natürlich legitim sind, in Hinkunft konkret begründet sein müssen. Wenn sie nicht konkret begründet sind, entfalten sie keine aufschiebende Wirkung. Diese quasi Blanko- oder Standardbeschwerden werden in Zukunft nicht mehr verzögernd wirken können. Zudem sind solche Einwendungen zeitgerecht, mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung, einzubringen. Das schafft Zeit für die Sachverständigen, für die Verfahrensleitung, sich damit zu beschäftigen, um dann das Verfahren effizient abwickeln zu können.

Ein wichtiger Punkt – das war ein großes Anliegen vieler Projektanten, das auch verständlich ist – war, den Stand der Technik als im Zeitpunkt festgelegte Auflage des Verfahrens zu definieren. Das ist ganz wichtig: Verfahren dauern mitunter länger, und ändert sich der Stand der Technik und verbessert er sich, hat es mitunter quasi geheißen: Zurück an den Start, Neudefinition des tech­ni­schen Konzeptes! – Das wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Die wohl meistdiskutierte Änderung befindet sich in § 4a; dabei geht es eben genau um diese Genehmigung von Windparks. Was wird da tatsächlich festgelegt? – Es wird einerseits festgelegt, dass, wenn ein Bundesland zwar eine überörtliche Raumplanung für Windenergie hat, aber keine Konkretisierung auf der regionalen, örtlichen Ebene, die Errichtung von Windenergieanlagen trotzdem zulässig ist; also von solchen Anlagen, die über der UVP-Schwelle sind, darunter gilt ja sowieso ein anderes Regime. Das ist ein wichtiger Punkt.

Andererseits werden die Gemeinden nicht entmachtet. Das Gegenteil ist der Fall, sie werden gestärkt. Liegen nämlich keine überörtlichen Zonenplanungen eines Landes vor, kann die Gemeinde, gemeinsam mit einem Projektanten, hergehen und trotzdem Windenergieanlagen errichten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt zum Verständnis, wie dieser Paragraf in der UVP-Novelle gemeint ist.

Gemeinden, die engagiert sind und einen Beitrag leisten wollen, können das in Zukunft tun, auch wenn es keine überörtliche Raumplanung gibt. Solche Gemeinden gibt es viele, zum Beispiel auch die des Kollegen Auer, der sich vorhin verabschiedet hat. Das ist auch so eine Gemeinde, die sehr engagiert ist und damit eigentlich gestärkt wird.

Weil es immer wieder kommt und Kollege Bernard das auch breitgetreten hat – ich erachte das als mutwilliges Missverständnis, aber es gibt auch nicht mutwillige Missverständnisse –, möchte ich anmerken, dass es halt nicht stimmt, dass diese Bestimmungen, die jetzt geändert werden, andere einzuhaltende Kriterien aushebeln. Das tun sie nicht. Selbstverständlich sind naturschutz­rechtliche Bestimmungen einzuhalten, selbstverständlich sind Mindestabstände einzuhalten, selbstverständlich sind die Rechte Dritter zu berücksichtigen. Alles das ändert sich nicht; Projekte können nur eben nicht mehr aufgrund fehlender energieplanerischer Festlegungen verhindert werden. Das ist der Punkt. Übri­gens wird in diesen Tagen ein Schreiben des BMK – eine Klarstellung – an die Behörden ergehen, wie das zu verstehen und auszulegen ist.

Es geht also nicht darum, Rechte Dritter oder von Gemeinden zu mindern, ganz und gar nicht, es geht vielmehr darum, eine Motivation zu setzen, Planungen zu machen. Das sagt eben auch § 4a im ersten Satz: dass Wind­kraftanlagen vorrangig dort errichtet werden sollen, wo rechtlich verankerte Zonen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich möchte das noch einmal hervorheben: Man kann im UVP-Verfahren vieles machen, und man macht es auch, aber die wichtigste Beschleunigung für die Energiewende, um die Ausbauziele zu erreichen, ist entsprechende strategische Planung auf Landes- und Gemeindeebene – das ist ganz, ganz wichtig! –, denn das schafft Planungssicherheit, und nicht nur das, es verhindert Konflikte und bringt auch Ordnung in das Ausbaugeschehen hinein.

Ein hoher Stellenwert kommt in der UVP-Novelle, eben genau in dieser Denklogik, jetzt den strategischen Umweltprüfungen zu. Liegt eine solche vor, kann im Verfahren in vielen Punkten auf diese Bezug genommen werden und ganz viele Sachen müssen im Verfahren nicht mehr geprüft werden. Also da wieder die Botschaft – eine Motivation –: Bitte in einem demokratischen Prozess im Vorfeld Zonen festlegen und diese Zonen mit einer SUP verknüp­fen! – Das ist die beste Voraussetzung für schnelle Verfahren, und das UVP-Gesetz unterstützt jetzt genau das. Das ist einmal ein ganz, ganz wichtiges Verständnis dieser ganzen Sache; das ist der Kern bei der Beschleunigung bei den Energieprojekten.

Das machen übrigens einige Bundesländer und Gemeinden – es ist ja nicht so –, aber nicht alle, und ich möchte daran erinnern, dass es im Rahmen von Repower EU – ein Beschluss dieses Paketes ist übrigens im nächsten Quartal wahrscheinlich beziehungsweise hoffen wir darauf – ohnehin eine verbindliche Ausweisung von sogenannten Go-To-Areas geben wird. Das heißt, Länder müssen dann – bei uns ist das ja subsidiär – solche Flächen verbindlich ausweisen und verankern, und zwar in einem Ausmaß, mit dem nachgewiesen werden kann, dass die nationalen Ziele erreicht werden können. Darum ist es gescheit, sich dem Thema zu widmen und nicht auf den letzten Moment zu warten.

Und noch einmal: Das UVP-Gesetz belohnt genau das – wenn man solche Planungen vorher gemacht hat. Die UVP-Novelle motiviert dazu, mehr Klarheit zu schaffen. Sie wird kürzere Verfahren bringen und zum Anliegen der Energiewende beitragen, ohne die berechtigte Mitsprache von Bürger:innen­initiativen einzuschränken. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Bundesrätin Neurauter.)

12.07

Präsident Günter Kovacs: Danke, Herr Bundesrat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesrat Josef Ofner. – Bitte sehr, Herr Bundesrat.