12.18

Bundesrat Daniel Schmid (SPÖ, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream! Zunächst muss ich etwas ausholen, denn so manche – auch hier in unseren Reihen – verstehen es nicht.

Ich kann mich noch ganz gut an die Weihnachtsfeiertage im Jahr 2015 erinnern. Damals war ich daheim auf der Terrasse – ich lebe auf circa 1 000 Meter Seehöhe – und habe die Sonne genossen, bekleidet mit einem kurzärmeligen T-Shirt. Heuer tat ich exakt am 1. Jänner dasselbe, aber diesmal hatte ich noch eine kurze Hose an – am 1. Jänner, auf 1 000 Meter Höhe!

Nun gut, da können wir jetzt sagen, das sind Wetterereignisse, wie sie halt hie und da einmal vorkommen. Ein Wetterereignis ist halt ein momentaner Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort, und in diesem Fall war das halt bei mir daheim im Tiroler Oberland.

Wenn wir den Zeitraum auf den gesamten bisherigen Winter ausdehnen, so sehen wir, dass wir beispielsweise in Tirol einen bisher ungewöhnlich nieder­schlagsarmen und warmen Winter hatten. Und wenn wir dann die letzten 23 Jahre Revue passieren lassen, erkennen wir, dass seither Österreich jedes Jahr im Vergleich zum Langzeitschnitt überdurchschnittlich hohe Temperaturen aufweist.

Macht man in weiterer Folge eine statistische Auswertung der aufgezeichneten Messdaten über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren, dann ergibt sich ein Mittelwert, und diesen Mittelwert, sehr geehrte Damen und Herren, nennt man Klima. Unter den 25 wärmsten Jahren seit Beginn der Messgeschichte vor 256 Jahren liegen 18 im Zeitraum zwischen dem Jahr 2000 und 2022.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wissenschaft ist sich darüber einig, dass wir uns in einer Phase einer äußerst besorgniserregenden Erwärmung des Klimas befinden. Die globale Erwärmung der letzten Jahrzehnte beruht auf der starken Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre, die dem Verhalten und Handeln der Menschen vor allem seit der Industrialisierung geschuldet ist. Die negativen Folgen für uns, aber vor allem für die künftigen Generationen werden wirklich beispiellos sein. Die Land- und Forstwirtschaft in Österreich spürt es ja bereits jetzt, und im globalen Süden sind die Auswir­kungen mittlerweile schon verheerend.

Wir hier in Österreich sind ein Teil dieses globalen Problems. So haben wir in Österreich pro Jahr einen Ressourcenverbrauch, für den man mehr als dreieinhalb Erden bräuchte; das ist das Doppelte des weltweiten Durchschnitts. Umso unverständlicher ist es für mich – ja, es hat mich nahezu sprachlos gemacht –, dass ein türkiser Bundeskanzler zum Klimaquacksalber mutiert, dessen Ignoranz gegenüber der Wissenschaft zum Himmel schreit. (Beifall bei der SPÖ.)

Dass sich das Klima durch menschliches Handeln rasch ändert und sich die Erde erwärmt, wissen wir ja schon sehr lange. So startete beispielsweise etwa der Deutsche Bundestag bereits 1987 die Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“, die 1994 ihren Abschlussbericht veröffentlichte. Das Fazit von damals war, es müsse etwas gemacht werden, es sollten ganz konkrete Maßnahmen definiert werden. Heute ist uns die Dringlichkeit erst recht bewusst, dass wir entsprechende Maßnahmen nicht nur definieren, sondern treffen müssen. Daher ist Nehammers Aussage zum Klimawandel in seiner skurrilen Zukunftsrede völlig entbehrlich, wie auch er selbst spätestens durch diese befremdliche, wirklich befremdliche Rede als Bundeskanzler dieses Landes entbehrlich ist. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Kornhäusl: Hallo!)

Wir müssen jetzt rasch handeln und noch stärker als zuvor auf erneuerbare Energie setzen.

So, sehr geehrte Damen und Herren, damit komme ich jetzt zur Umwelt­verträglichkeitsprüfung, zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. (Bundesrat Kornhäusl: Ah, eh schon!) Es wurde hier schon einiges dazu gesagt, deswegen werde ich mich jetzt da nicht noch einmal in Details verlieren. Das überarbeitete UVP-Gesetz soll einen Beitrag dazu leisten, zum Beispiel Genehmigungen von Vorhaben der Energiewende eben entsprechend zu beschleunigen, denn es ist bereits fünf vor zwölf. (Bundesrat Hübner: Nach zwölf!) Es ist unbestritten, dass die Genehmigungsverfahren einfacher - - Richtig, Kollege, nach zwölf, ja richtig (Bundesrat Hübner: Es war schon 1987 nach zwölf!) Es ist unbestritten, dass die Genehmigungsverfahren einfacher und schneller abgearbeitet werden müssen, denn es kann ja nicht sein, dass Projektwerber über mehrere Jahre hinweg darauf warten müssen, bis sie endgültig wissen, ob sie das Vorhaben realisieren können oder nicht.

Das UVP-Gesetz enthält durchaus gute Ansätze. Es sind gute Absichten darin zu erkennen. Ob die Verfahren dadurch aber wirklich schneller und beschleunigt werden, das stelle ich hier schon infrage. Es braucht dafür nämlich gerade in den Bundesländern definitiv mehr Ressourcen und mehr Personal, also folgerichtig auch mehr Geld. Der Bund ist da eben gefordert, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit die Länder die erforderlichen Maßnahmen auch realisieren können, um die Verfahren so wie gewünscht zu beschleunigen. Und das erkenne ich leider nicht.

Wir laufen Gefahr, dass die Verfahrensbeschleunigung letztendlich auf Kosten des Naturschutzes geht und eben der Klimaschutz gegen den Naturschutz ausgespielt wird. Ich vermisse auch den bundesweiten Pool für Sachverständige, der bis zum angekündigten Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz auf­geschoben wurde, wann auch immer dieses Gesetz kommen mag.

Frau Bundesministerin Gewessler hat davon gesprochen, dass die Gesetzes­änderung „eine Überholspur für die Energiewende“ mit sich bringen werde. Ja, das sehe ich auch so, ich sehe es halt aus einer anderen Perspektive. Eine Ausgewogenheit zwischen der so dringend notwendigen Energiewende einer­seits und dem Naturschutz sowie dem Schutz der Biodiversität andererseits lässt sich meines Erachtens nur schwer erkennen. Einer Forcierung der Energiewende mit fadenscheiniger Berücksichtigung des Artensterbens kann ich wenig abgewinnen, denn die Biodiversitätskrise ist in ihrem Ausmaß sowie als Bedro­hung unserer Lebensgrundlage mindestens gleich relevant und sollte von der Energiewende nicht überholt werden.

Letztendlich ist es aber von enormer Bedeutung, dass wir bei der Energiewende rasch voranschreiten. Daher werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen, wenn auch mit etwas Bauchschmerzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­des­rätin Eder-Gitschthaler: Also doch!)

12.27

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Herr Bundesrat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte, Herr Minister.