13.05

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Wir machen heute zweifelsfrei einen weiteren Schritt zur Sicherung der Erdgasversorgung und damit zur Energie­souveränität. Das ist schon wichtig zu betonen, denn ohne Sicherheit gibt es keine Souveränität. Leider ist es so, dass wir noch ein paar Jahre von Gas und von Gasimporten abhängig sein werden, allerdings umso kürzer, je schneller wir den Mut haben, konsequent Maßnahmen zu setzen, um aus dem Gas ganz generell auszusteigen.

Übrigens, als Seitenbemerkung: Dazu gehört natürlich auch eine Offenlegung der OMV-Verträge Richtung Regierung, um prüfen zu können – auch unab­hängig –, ob oder wie ein Ausstieg aus diesen Verträgen möglich ist.

Der Ausstieg selbst im Sinne von Umstieg ist zweifelsfrei eine große Heraus­forderung. Man kann leider nicht über Jahrzehnte aufgebaute Strukturen, Verträge und Abhängigkeiten von heute auf morgen vom Tisch wischen. Es geht – ich möchte das noch einmal betonen, weil Herr Hübner, für mich völlig unverständlich, wieder einmal oder bei jeder Gelegenheit eine antieuropäische Position einnimmt – nur europäisch. Ohne europäische Solidarität sind wir in der Energieversorgung generell – bei den fossilen Energieträgern, also Öl, Gas, übrigens auch beim Strom, aber vor allem beim Gas – komplett aufgeschmissen und haben keine Energiesicherheit und keine -souveränität. Ich erinnere an die Durchleitungskapazitäten, wir brauchen LNG-Importe und so weiter und so fort.

Ich empfehle dringend – wir hatten das Thema schon ein paar Mal –, die vor Kurzem erschienene Analyse der Österreichischen Energieagentur, sie heißt „An der Gasleine“, zu lesen. Sie zeigt wirklich sehr eindrücklich, auf ein paar Seiten zusammengefasst, dass über Jahrzehnte alle Warnungen vor einer einseitigen Abhängigkeit von Gas aus Russland in den Wind geschlagen wurden. Das wurde in den Wind geschlagen, auch noch nach 2014, also der Krim-Okkupation, auch noch zu Zeitpunkten, als längst klar war, dass Putin selbstverständlich bereit ist und nicht zögert, die Gasversorgung als Waffe und als Druckmittel einzusetzen. Genau das sollten wir nicht vergessen.

Ich halte es schon für ganz wichtig, den Kontext noch einmal kurz anzusprechen: Je länger wir vom Gas aus Russland abhängig sind, desto länger hat Putin Geld, um den Vernichtungskrieg in der Ukraine, den er ganz alleine losgetreten hat, weiterzuführen, weiter ganze Städte komplett zu zerstören, weiter Abertau­sende Existenzen zu zerstören, Abertausende Menschen zu töten und zu verletzen. Gas ist nun einmal wirklich mehr als ein Molekül, das ist eine geopolitische Waffe. Aus dieser Abhängigkeit müssen wir raus.

Seitens der Regierung ist eine ganze Reihe von Maßnahmen erfolgreich gesetzt worden. Ich zitiere sie nur kurz, das vergisst man ja sehr schnell: Wir haben letztes Jahr eine strategische Gasreserve geschaffen. Vor einem Jahr ging das übrigens noch gar nicht, das war rechtlich nicht möglich. Wir haben geschafft, dass der Staat selber Gas einkaufen kann. Wir haben die Speicher gefüllt, trotz aller Unkenrufe und vieler Leute, die dachten, das sei nicht möglich. Jetzt, nach dem Winter, sind wir immer noch bei zwei Dritteln Füllstand.

Ich beobachte das ein bisschen, in den letzten Tagen steigt das sogar wieder. Diesen Polster brauchen wir ganz dringend für den nächsten Winter. Ich warne davor: Es ist nicht klar, dass es leicht werden wird, die Speicher zu füllen, überhaupt nicht. Es ist nicht gesichert, dass im Herbst die Preise so sein werden, wie sie im Moment gerade sind, ein bisschen auf Sinkflug. Deswegen ist es nach wie vor natürlich wichtig, Gas zu sparen und aus Gas auszusteigen.

Ich erinnere an eine ganz wichtige Maßnahme: die Take-it-or-lose-it-Bestimmung Anfang des Sommers letzten Jahres. Das ist wichtig, weil die Gazprom nicht daran dachte, die Speicher in Österreich zu befüllen, und die Gazprom hat große Kontingente gebucht. Das hat sie übrigens vorletztes Jahr auch schon gemacht, also gebucht hat sie das schon länger, schon über viele Jahre, aber vorletztes Jahr hat sie die Speicher nicht befüllt. Und das war übrigens der Grund dafür, warum 2021 im Herbst die Preise gestiegen sind: weil die Speicher leer geblie­ben sind – natürlich strategisch beabsichtigt, um dann mit höheren Gaspreisen die Kriegskassa zu füllen.

Wir haben ein Gasdiversifizierungsgesetz beschlossen, das im Wesentlichen eine Finanzierung vorsieht, um erhöhte Kosten für den Umstieg auf andere Liefer­optionen abzugelten und den Umstieg auf andere Energieträger bei den Nutzern, also vor allem bei Industriebetrieben und bei Händlern, zu finanzieren, und damit auch das Ziel verfolgt, dass die Kosten dieser Maßnahmen nicht weitergegeben werden.

Was inhaltlich im GWG im Detail drinsteht, das komprimiere ich jetzt und wiederhole nicht alles – das ist, finde ich, gut und breit ausgeführt worden –: Die Zertifizierung ist sehr wichtig, weil man damit sozusagen einen schädlichen Einfluss auf die Speicher verhindern kann, weil man eine Zertifizierung entziehen kann, wenn die Speicherbewirtschaftung nicht den Zielen entsprechend erfolgt. Das ist ganz wichtig.

Zur Anbindung an die Netzebene 1 möchte ich noch kurz ausführen: Wir haben letztes Jahr darüber diskutiert, vielleicht können Sie sich erinnern, dass der Speicher Haidach eben nicht an die Netzebene 1 in Österreich angeschlossen war, sondern direkt bei unseren Nachbarn nach Deutschland. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: alle Speicher an die Netzebene 1, also die große Verteilebene, anzuschließen. Das schafft mehr Versorgungssicherheit, weil im Krisenfall dann die Speicherenergie besser in die Bundesländer verteilt werden kann.

Wir haben gehört, dass auch die Fernwärmekunden als geschützte Kunden gelten. Ganz viele Fernwärmeversorgungsnetze – Wien vor allem, Graz, aber auch Salzburg, Linz – hängen am Gas. Was bedingt das nun? – Das bedingt, dass diese Versorger zusätzliche Mengen einspeichern müssen, weil die Kunden geschützt sind, und für geschützte Kunden muss bevorratet werden. Das heißt also, damit sind auch alle diese Kunden, die indirekt über Fernwärme versorgt werden, geschützt, also deren Versorgung ist gesichert – ein ganz wichtiger Punkt. Das steckt eigentlich hinter dieser Bestimmung.

Über die freiwillige Vereinbarung haben wir gehört, sehr schön, das breite ich jetzt nicht noch einmal aus. Ich möchte nur auf zwei andere Dinge hinweisen, weil es so wichtig ist: Es hat sehr, sehr viele Hilfen im Energiebereich gegeben, die teils höher als die Kostenerhöhungen waren. Trotzdem gibt es Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, die Energierechnungen selber zu bezahlen, so wie auch zum Beispiel das Wohnen. Deswegen haben wir den Wohnschirm – ich möchte es noch einmal betonen – auch auf einen Energieschirm ausgedehnt. Wenn jetzt Menschen nicht mehr in der Lage sind, es wirklich nicht mehr geht, die Energierechnung zu bezahlen, dann kann das der Wohnschirm übernehmen, und er tut das auch. (Bundesrätin Schumann: Wäre aber gescheiter, die Inflation zu senken! Schirme gut und schön!) Das ist ganz wichtig, und ich finde es auch wichtig, das zu verbreiten, wenn Sie Leute kennen, die das betrifft, diese Infos weiterzugeben.

Noch einmal – das sage ich ja fast jedes Mal, weil es auch so wichtig ist –: Wichtig ist umsteigen. Wir haben eine Möglichkeit geschaffen, im Moment noch für Ein- und Zweifamilienhäuser, wir sind intensiv dran, das auf Mehrwoh­nungs­häuser auszudehnen: Wir finanzieren den Umstieg auf erneuerbare Energie­träger zu 100 Prozent, wenn die Leute sich das nicht leisten können. Das ist klar definiert mit 20 Prozent, also die untersten 20 Prozent der Einkommen können das in Anspruch nehmen.

Es freut mich, dass in letzter Zeit die allermeisten Energiegesetze mit großer Mehrheit beschlossen werden konnten, das ist sehr schön, und es werden auch nicht die letzten sein.

Ich möchte abschließend schon die Gelegenheit nützen, mich bei Kollegen Günther Novak mit großem Respekt zu verabschieden. Günther, du bist aus meiner Sicht und aus unserer Sicht ein absolut glaubwürdiger und authen­ti­scher Vertreter der Energie- und Klimaschutzthemen, also da hatte ich nie einen Zweifel, und ich habe auch großen Respekt vor dem, was du in deiner Gemeinde auch bei dem Thema leistest. – Danke. (Beifall bei den Grünen, bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

13.14

Präsident Günter Kovacs: Danke, Herr Bundesrat.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Johannes Rauch. – Bitte sehr, Herr Bundesminister.