9.23
Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herzliche Gratulation an unsere neuen Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, Sie hier auch begrüßen zu dürfen, und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen. Ich möchte natürlich auch die Angehörigen und die Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Hohen Haus sehr herzlich begrüßen.
Ich freue mich sehr, dass wir heute Gelegenheit haben, das Thema Gleichstellung mit der Staatsspitze, dem Vizekanzler immerhin, zu diskutieren. Der Bundeskanzler lässt sich bei solchen Themen ja regelmäßig entschuldigen (Bundesrat Buchmann: Na hallo!), was auch – ja, tatsächlich! – sehr schade ist, denn Gleichstellung muss in jeder Organisationseinheit Chef- beziehungsweise Chefinnensache sein, in jedem Betrieb, in jedem Verein sowie natürlich auch im Staat, sonst funktioniert das nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Himmer.) Das Gleichstellungsziel muss schließlich auch durchgesetzt werden. Das ist eine ganz, ganz wesentliche Führungsaufgabe. Dieser kann man sich auch nicht entziehen und entledigen, indem man pro forma eine Frauenbeauftragte einsetzt oder im Falle des Staates eben eine Frauenministerin ernennt, die die notwendigen Steuerungsinstrumente und Durchgriffsrechte nicht hat und – im Falle des Staates Österreich – auch gar nicht haben will, zumal sie ja Wert darauf legt, nur ja nicht irgendwie mit dem Feminismus in Berührung zu kommen, und nur ja keine Feministin sein will.
Deshalb, Herr Vizekanzler, adressiere ich Sie ganz bewusst auch ressortübergreifend mit Gleichstellungsthemen, obwohl die Ausformulierung des Themas dieser Aktuellen Stunde auf Gleichstellung von Frauen in Sport und Kultur ja sehr eingegrenzt ist.
Da gibt es auch einiges zu tun, zweifellos, da ist auch schon einiges getan worden, denn unter dem Eindruck der schrecklichen Fälle von Machtmissbrauch in den Bereichen Kunst und Kultur und Sport wurde ja auf SPÖ-Initiative – es gab hier ja auch einige Anträge von uns – die Einrichtung der Vertrauensstelle Vera* beschlossen, die Kollege Schreuder schon erwähnt hat, um Opfern von Belästigungen und Gewalt eine Anlaufstelle zu bieten. Diese unabhängige Stelle soll kostenlose psychologische und juristische Unterstützung bieten, aber natürlich auch präventiv Bewusstseinsbildungsarbeit leisten. Der Bedarf danach ist wohl größer als ursprünglich angenommen, denn diese Stelle wird sehr stark in Anspruch genommen – so stark, dass man mit den Ressourcen schon an die Grenzen stößt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sind schon sehr mit der Fallbearbeitung ausgelastet, da bleibt oft wenig Zeit für die wichtige Präventivarbeit.
Also da braucht es dringend auch eine Verbesserung der finanziellen und personellen Ausstattung, damit diese wichtige Aufgabe auch wirklich im Sinne der Erfinderinnen und Erfinder geleistet werden kann, und es braucht natürlich auch diesen Know-how-Transfer, diese Bewusstseinsbildung hinein in alle Vereine. Dort wird auch sehr viel geleistet, schon aus Eigeninitiative in den Vereinen. Allein wenn man sich die Aktivitäten beim Askö ansieht: Da gibt es ganz klare Konzepte.
Kollege Schreuder, diese Broschüre, die Sie gezeigt haben, ist gut, ja, aber man soll sie nicht nur zur Hand nehmen, wenn etwas passiert ist, sondern da braucht es Präventivarbeit. Da ist jeder Verein gefordert, und es ist wie gesagt eine Chef‑, Chefinnensache, dafür zu sorgen, dass die Strukturen schon von vornherein so aufgebaut werden, dass es gar nicht zu Missbrauchsfällen kommt, überhaupt dann, wenn man mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat. (Beifall bei der SPÖ.) Gerade da ist Prävention absolut unverzichtbar; das muss wie gesagt wirklich von oben auch entsprechend eingeleitet und gesteuert werden. Zum Sportbereich wird mein Kollege Stefan Schennach im Einzelnen noch Stellung nehmen.
Noch zum Kulturbereich zurückkommend: Es hat bei uns einiges an Kopfschütteln und Irritation hervorgerufen, als Bundesrat Schreuder gemeint hat, er hat oder es wurde das Radio-Symphonieorchester schon gerettet. (Bundesrat Schreuder: Ich habe es nicht gerettet!) – Wäre schön, wir wollten jetzt mitjubeln, aber ich weiß nicht, da wäre vielleicht noch Aufklärung notwendig. Ich hoffe, wir können auch bald die Rettung der „Wiener Zeitung“ verkünden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.) Das wäre auch ein ganz großes Anliegen. Also wenn wir schon in Jubelstimmung ausbrechen, sollten wir auch einen Grund dafür haben, aber vielleicht gibt es dazu heute noch Aufklärung.
Herr Vizekanzler, Sie sind ja auch für den öffentlichen Dienst zuständig. Da hat die Bundesregierung unlängst den 14. Gleichbehandlungsbericht des Bundes vorgelegt, dem Nationalrat, wohlgemerkt, nicht uns im Bundesrat, obwohl sehr viele länderspezifische Empfehlungen drinnen stehen. Daher fordern wir als Bundesrätinnen und Bundesräte der SPÖ in einem Gesetzesantrag, dass dieser Bericht auch dem Bundesrat vorgelegt und im Bundesrat diskutiert wird.
Ich entnehme jetzt Ihrer Körperhaltung, dagegen gibt es gar keinen Widerstand, aber das wird sehr wohl von den Mitgliedern der Regierungsfraktionen blockiert. (Bundesrätin Schumann: Genau!) Vielleicht können Sie dafür Sorge tragen, dass hier Bewegung in die Sache kommt und dass wir diesen wichtigen Bericht im Bundesrat auch diskutieren dürfen. (Beifall bei der SPÖ.)
Man muss sich vor diesem Bericht wirklich nicht fürchten, sondern kann zielführende Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen daraus ableiten, denn im gesamten Bundesdienst ist der Frauenanteil gestiegen, zwar nur sehr schwach, aber immerhin auf 43 Prozent gestiegen (Bundesrat Kornhäusl: Na ja! Das ist ja nicht nichts!), und in manchen Bereichen, etwa bei Lehrer:innen, ist er traditionellerweise besonders hoch.
Es fällt auch positiv auf, dass im Bundesdienst jahrzehntelange Männerdomänen immer stärker auch von Frauen erobert werden, zum Beispiel bei Richter:innen, bei Staatsanwält:innen, in der Verwaltung, auch im gehobenen Dienst. Es gibt da zwar doch noch gewissermaßen auch eine gläserne Decke, die feststellbar ist, aber da tut sich im Bundesdienst unglaublich viel. Also das ist anscheinend wirklich ein Best-Practice-Modell.
Warum tut sich da viel? – Weil es wirksame Gleichbehandlungsgesetze gibt, und nicht erst, seit die Grünen in der Regierung sind, sondern schon recht lange: dank einer Johanna Dohnal, einer Barbara Prammer, einer Helga Konrad, einer Gabriele Heinisch-Hosek, und wie sie alle heißen (Beifall bei der SPÖ) – eben noch echter Frauenministerinnen, die ihre Aufgabe auch ernst genommen haben –, und Bundeskanzlern wie Kreisky, wie Vranitzky, und wie sie alle heißen, die das auch zugelassen und unterstützt haben.
Im Bundesdienst sind viele Dinge eine Selbstverständlichkeit, um die man in der Privatwirtschaft noch kämpfen muss. Die Teilzeitquote von Frauen etwa ist im öffentlichen Dienst im Vergleich relativ gering, und die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind auch relativ gering – eben dank wirksamer Gleichbehandlungsgesetze, dank weitgehender Lohntransparenz und Frauenförderung, die, wie ich eben gesagt habe, auf sozialdemokratische Regierungen zurückgehen.
Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Vizekanzler, wäre es an der Zeit, diese Erkenntnisse auch auf die Privatwirtschaft zu übertragen, anstatt Teilzeitbeschäftigte an den Pranger zu stellen. Jetzt wäre es an der Zeit für echte Lohntransparenz, und gerade jetzt ist eine Gelegenheit, weil auf EU-Ebene derzeit die Lohntransparenzrichtlinie bereits auf Ratsebene in Verhandlung ist, da sie die Kommission und das Parlament schon passiert hat. Da ersuche ich Sie, Herr Vizekanzler, auch dafür zu sorgen, dass der unmittelbar zuständige Minister Kocher zustimmt und eben nicht länger auf der Bremse steht, denn bisher hat er sich da auf EU-Ebene nicht sehr kooperativ und konstruktiv verhalten (Beifall bei der SPÖ), wie auch in vielen anderen Bereichen, wenn es um Gleichstellung und Verbesserung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht.
Zusammenfassend muss man sagen, den Frauen in Österreich geht es wirklich nicht gut. Das, was die Frauen tagtäglich spüren, lässt sich auch an Zahlen, an trockenen Zahlen ablesen. Ich war jetzt in der Osterwoche gemeinsam mit den Abgeordneten Lopatka, Graf und Stögmüller bei einer OECD-Tagung in Paris, und da mussten wir uns anhören, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in Österreich im OECD-Vergleich so ziemlich unter den höchsten sind. Die Reallöhne gemessen an der Kaufkraft sind bei uns im Sinken, und Frauen sind da besonders benachteiligt und durch die gestiegenen Preise für das Wohnen, für das Essen und für die Güter des täglichen Bedarfs belastet. Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben. Da tragen Sie, wenn auch als kleiner Regierungspartner, große Mitverantwortung. Bitte nehmen Sie diese endlich wahr! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
9.33
Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Bundesrätin.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. – Bitte, Herr Bundesrat.