10.22

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Die Diskussionsausweitung, die hier stattfindet, nehme ich gerne auf. Ich weiß zwar nicht, ob das irgendwie den Geschäftsordnungsvorgaben entspricht, aber wenn es denn zugelassen ist, soll es sein.

Tatsächlich ist ja etwas Wichtiges angesprochen worden von Bundesrat (in die Unterlagen blickend) Steiner. (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Bundesrat Steiner: Ein guter Witz! Superschmäh! Alter Schmähbruder!) Ich bin vor der Karwoche in ein paar Interviews gefragt worden, was ich denn zur Bildung der Landesregierung in Niederösterreich sage und wie ich das einordne. Wenn wir schon darüber reden, dann ist es wirklich wichtig, auch richtig zu zitieren. Wir haben ja schon in der Pandemie gesehen, dass das bei der FPÖ ein bisschen ein schwieriges Unterfangen ist. Es ist ja auch eine andere - - (Bundesrat Spanring: ... Neonazis, Rechtsradikale, gell, Herr Vizekanzler?) – Ja eben genau nicht, ja genau nicht! Es ist genau das Gleiche.

Damals ging es darum – und ich bleibe dabei, dass ich ausdrücklich gesagt habe, es ist ganz wichtig, das zu haben; das haben Sie sonst von wenigen Regierungsmitgliedern gehört –: Die Leute sollen, wenn sie gegen das Impfen sind, demonstrieren gehen, sie dürfen das und sonst etwas, aber wir als Regierung, wir als Abgeordnete, als Bundesräte dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass es sehr wohl auch solche gibt, die da dabei sind, manche – manchmal sogar an der Spitze –, und das ist die Gefahr und da muss man am Anfang immer hinschauen, immer eingeleitet und ausgeleitet damit, dass es natürlich das Demonstrationsrecht gibt, und mit dem Hinweis, dass das für die meisten nicht gilt. Solche aber sind eben auch dabei.

Wenn man das so benennt, dann ist es erstens genau korrekt, es entspricht auch der Wahrheit, die Sie traditionell verdrehen, und zwar in einer Art und Weise, wie es halt die letzten Jahre, auch über diese sogenannten sozialen Medien, in die jeder hineinkleschen darf, was er will, en vogue geworden ist. Ich halte das für demokratiegefährdend, was da passiert – dass das auch einmal in dem Haus gesagt wird, wenn das so Mode macht.

Auch was Niederösterreich betrifft, kann man genau den gleichen Vorgang beobachten. Wenn Sie die Interviews hören oder lesen – im ORF kann man das ja noch abrufen; auch in den Printmedien wurde es so festgehalten –, so werden Sie wissen, dass ich erstens einmal den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde zitiert habe, der genau darauf hingewiesen hat, dass es sich bei den einen oder anderen Funktionären um „Kellernazis“ handeln könnte – sinngemäß. Natürlich hat er das gesagt, ich habe es ja selber im ORF gesehen. Darauf habe ich hingewiesen, gleichzeitig, zuvor und danach betont, unter anderem bei Armin Wolf, es geht mir genau darum, dass es nicht die Wählerinnen und Wähler sind, weder im Allgemeinen noch im Besonderen, aber dass es Funktionäre gibt – ich glaube, Herr Deutsch hat sogar von Mandataren gesprochen, da habe ich mich nicht einmal hingewagt –, dass es diese Phänomene gibt, die dann so beschrieben werden.

Wenn Sie das dauernd verdrehen, dann ist das Ihr Kalkül. Ich sage nur: Es geht mir nicht um die Wählerinnen und Wähler. Das ist ganz wichtig in der Demokratie, da gebe ich Ihnen ja recht, wenn Sie das meinen. Sie machen die Verdrehung ja aus einem anderen Grund. Sie verdrehen absichtlich die Wahrheit, und dafür gibt es auch ein Wort, das heißt Lüge. Und wir werden nicht bereit sein, diese ständig zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf hinzufügen, dass es wenige gibt, wahrscheinlich bei den Grünen oder in der Regierungsverantwortung – früher bei SPÖ oder auch bei Grünen –, die immer wieder versuchen, ein sehr offenes Gesprächsklima oder eine Gesprächsbasis mit Funktionären oder Verantwortungsträgern der Freiheitlichen Partei aufrechtzuerhalten.

Ich habe sogar auch schon öffentlich da oder dort einmal gesagt, dass es in schwierigen Situationen, die wir gehabt haben, auch in dieser Regierungsperiode, gute Gespräche mit Klubobmann Kickl gegeben hat. Nicht dass ich das jetzt so wichtig und erwähnenswert finde; es beweist ja nur, dass Sie aus Kalkül immer das glatte Gegenteil behaupten. Herr Klubobmann Kickl weiß das auch. Natürlich regt er sich auf, wenn die Debatte so läuft wie jetzt. Das gehört dazu. Das müssen wir wechselseitig aushalten. Es ist aber, denke ich, nicht hinzunehmen, dass ständig alles verdreht wird, dass Sie dort, wo Sie sich dann besonders herumtreiben, in den sogenannten sozialen Medien – warum die so heißen, weiß man nicht –, genau immer die gegenteiligen Lügen verbreiten. Das muss einmal gesagt werden – wenn es sonst keiner macht hier herinnen, mache ich es halt selber. Und das geht einfach nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesrät:innen von ÖVP und SPÖ.)

So, jetzt in aller Knappheit zurück zum Thema: Die Vertrauensstelle Vera* wurde ja angesprochen. Ich bin zuversichtlich, dass wir da budgetäre Ausweitungen vornehmen können, weil es nämlich beide Bereiche – das war eben der Übergang von Sport zu Kultur – betrifft. Tatsächlich gibt es mehr Fälle als erwartet, und die Präventionsarbeit kommt ja auch noch dazu, die sehr, sehr wichtig ist.

Frauenfußball im TV, da das angesprochen wurde: An der Stelle möchte ich den ORF sogar verteidigen. Im Spitzenbereich ist da sehr viel passiert. Ich glaube, der ORF war eine der wenigen europäischen Stationen, die jedes – jedes, nicht nur die der Österreicherinnen – Fußballspiel der Europameisterschaft im letzten Sommer übertragen hat. Das halte ich für beachtenswert. Darauf war der ORF zu Recht stolz. Bei ORF Sport plus geht es jetzt im Übrigen genau darum, diese Sichtbarkeit zu erhalten. Da stimmen aber, glaube ich, eh die meisten hier herinnen – ich nehme an, auch Sie (in Richtung FPÖ) – überein. (Bundesrat Steiner: Da gibt es Anträge von uns!) Da geht ja tatsächlich etwas weiter.

Zum Kulturbereich, es wurde erwähnt, möchte ich nur sagen, dass wir da die Budgets ausweiten oder ausgeweitet haben auf 9 Millionen Euro. Das wird wohl auf dem Niveau bleiben, was den Fair-Pay-Bereich betrifft, und dass davon tendenziell natürlich mehr Frauen, aus allen Gründen, die vorhin genannt wurden, als Männer betroffen sind, ist auch klar.

Ein ganz spezieller Bereich ist das Genderbudgeting, vielleicht haben Sie ein anderes Wort dafür. Wenn wir uns das anschauen, dann sieht man, dass wir in der Filmförderung beispielsweise massive Fortschritte gemacht haben, weil da die Debatte besonders intensiv war, dass in der Anzahl der Projektförderungen, aber auch in der Volumenverteilung bei Projekten mit Frauenbeteiligungen aufgeholt werden kann. Da sind enorme Fortschritte passiert. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Letzter Punkt, das gilt jetzt für beide Bereiche, für Sport und Kultur: die Beschickung von Spitzenpositionen mit Frauen. Das betrifft im Kulturbereich zum Beispiel die Managementebene oder die künstlerischen und wissenschaftlichen Bereiche etwa in den Museen. In den Museen haben wir 75 Prozent Frauen an führender Stelle. Das kann man sich auch im Europavergleich anschauen. Bei den wirtschaftlichen Leitungen sind es auch immer noch 50 Prozent, bei den Bundestheatern ist es ein bisschen anders, aber ich denke, mit der Berufung und Besetzung von Lotte de Beer hat man gesehen, in welche Richtung es geht. Auch dort steigen natürlich entsprechend die Quoten.

Lange war es so – und so ist es noch –, dass gerade im Kulturbereich – durchaus aufgrund der Vorgänger in der Verantwortung – die Quoten von Frauen eigentlich auch international gesehen ganz gut sind, und sie steigen noch weiter. Im Sport war das viel, viel schwieriger. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass wir in den wenigen letzten Jahren von Quoten, die manchmal bei 0 Prozent, bei 10, 20 Prozent lagen, jetzt auf 30, 40, 50 Prozent oder darüber hinaus kommen. Warum? – Weil überall dort, wo das Sportministerium jemanden in diese Gremien schicken kann, wir diese mit mindestens 50 Prozent Frauen oder mehr beschicken, sodass die Gesamtrepräsentanz, die Frauenquoten in diesen Aufsichtsgremien oder Beratungsgremien – da gibt es ja verschiedene; ich will nicht alle aufzählen, sie sind Ihnen ja zum Teil bekannt –, jetzt ebenfalls massiv steigen, weil das eben einen riesigen, riesigen Unterschied macht. Das gilt übrigens auch wieder für das Gendertraineeprogramm.

Überall, wohin man kommt – jetzt war ich eben in Salzburg; dort sind ja besonders viele engagiert, was das Gendertraineeprogramm betrifft –, sagen selbst die männlichen, auch älteren Funktionäre oder auch hauptberuflich Verantwortliche dort, dass sich etwas ändert. In diesen ein, zwei Jahren – so kurz läuft das Programm im Übrigen erst – hat sich schon etwas verändert, weil nämlich eine andere Sichtweise, eine andere Herangehensweise und tatsächlich da oder dort – und gerade auch im Sport – eine andere Kultur mit Einzug hält.

Das, denke ich, sind schon Erfolgsnachweise, die schneller passieren, als ich das erwartet hätte. Vieles von dem, was eine Regierung tut, wirkt ja erst über Jahre – und viele Jahre – hinweg, deswegen hätte ich selber nicht erwartet, dass das jetzt so schnell geht und greift.

Das ist durchaus etwas Positives, denke ich, und mit diesem positiven Blick auf die Dinge möchte ich hier auch schließen, denn am Schluss sollten wir – zumindest in demokratischen Gremien – so weit sein, dass wir so zusammenarbeiten können, dass wir das Gemeinsame auch noch sehen und finden, und das, was uns trennt, sollte uns halt nicht ganz unversöhnlich zurücklassen.

Vielleicht wollen Sie (in Richtung Bundesrat Steiner) sich ja wirklich einmal mit mir unterhalten, aber in einem anderen Zusammenhang, und dann reden wir weiter – aber lange höre ich mir das auch nicht mehr an. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.32

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Kollege Steiner zu Wort gemeldet. – Bitte.

*****