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Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrte Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Ich möchte nur ganz kurz das Wort ergreifen, weil mich doch ein bisschen die Tonalität mancher Redebeiträge gewundert hat.

Ich glaube, es gab einmal eine Zeit, da hat die Freiheitliche Partei gewusst, was Neutralität bedeutet, sie hat das in der Zwischenzeit anscheinend vergessen. Es war ganz klar, wir haben eine militärische Neutralität, aber keine Gesinnungs- und Werteneutralität. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Als 1956 sowjetische Panzer durch Budapest gerollt sind, hat sich das damals junge Österreich, das gerade seine Souveränität bekommen hat, das gerade einmal zwölf Monate das BVG über die immerwährende Neutralität hatte, nicht gescheut, in der Generalversammlung der UNO alle Resolutionen gegen die Sowjetunion zu unterstützen und sogar eigene einzubringen. Und diese Linie führen wir fort. Wenn ein Staat glaubt, noch dazu ein Mitgliedstaat des Sicherheitsrates, ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates, alle Prinzipien, die wir nach dem Zeiten Weltkrieg entwickelt und die wir nach dem Fall der Mauer noch ausgebaut haben, mit Füßen treten zu können, dann kann Österreich nicht danebenstehen und zuschauen. Das werden wir auch weiterhin nicht machen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich bin daher auch etwas erstaunt und kann nur davor warnen, dass man sich das russische Narrativ zu eigen macht und Teuerungen und die EU-Sanktionen in einem Satz zusammenführt und irgendwie eine Kausalitätskette herstellt. Es gibt keine EU-Sanktionen auf Getreide, es gibt keine auf Ölsaaten, es gibt keine auf Gas. Und zur Teuerung: Bitte, man muss nur schauen, wo standen die Preise zum Beispiel von Gas Ende Dezember 2021, lange bevor in der Ukraine der erste Schuss gefallen ist? Da gab es schon eine Versechsfachung des Gaspreises. Also hier sollte man bitte nicht ein russisches Spiel spielen und Ursache und Wirkung verdrehen, sondern man soll bei den Tatsachen bleiben. Das wäre mir schon sehr wichtig. (Bundesrat Spanring: Das hat nichts damit zu tun, das war eure Coronapolitik! – Bundesrat Kornhäusl: Wenn es nicht Russland ist, ist es Corona!)

Vielleicht nur kurz, weil zur Europäischen Friedensfazilität einige konkrete Fragen von Bundesrat Schennach gestellt wurden, und das wird auch oft vermengt: Ganz klar, wir werden unsere Politik der konstruktiven Enthaltung gemeinsam mit den von Ihnen genannten Staaten fortführen. Und ich will das hier ganz klar sagen, dieses Geld hat ein Mascherl. Also es gibt wirklich eine völlige Trennung zwischen den Mitteln der Peace-Facility, die für letales Kriegsgerät verwendet werden, und dem Bereich, wo wir beitragen, wo es nur um das Humanitäre geht.

Ich möchte auch betonen – und das ist keine österreichische Quelle –, das Kiel Institut für Weltwirtschaft hat klar etabliert, dass Österreich, an privaten und öffentlichen Mitteln im BIP gemessen, europaweit Nummer eins ist, was die humanitäre Unterstützung für die Ukraine anbelangt. Auch diesen Weg werden wir sehr konsequent weitergehen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

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