10.51

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und auch zu Hause! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es war 1998, als ich das erste Mal mit der „Wiener Zeitung“ zu tun hatte, und zwar im Zuge einer Unternehmensgründung und der daraus resultierenden Pflichtveröffentlichung im „Amtsblatt“. Als kleiner Handelsbetrieb im lokalen Bereich fragten wir uns damals kurz, warum wir diesen Veröffentlichungsbeitrag zahlen müssen, und die Sinnhaftigkeit hat sich uns damals nicht wirklich er­schlossen.

Genau diese Pflichtveröffentlichung von Firmenbucheinträgen im „Amtsblatt“ ist die finanzielle Grundlage der „Wiener Zeitung“. Eine EU-Richtlinie besagt nun, dass das in dieser Form nicht mehr gestattet ist, also verliert die „Wiener Zeitung“ ihre wichtigste Einnahmequelle und somit auch ihre wirtschaftliche Grundlage. (Bundesrätin Schumann: Genau, dann lassen wir sie sterben! – Bundesrätin Hahn: Alternativen hätte es ja überhaupt keine gegeben!) Österreich ist dazu verpflichtet, diese EU-Richtlinie umzusetzen, ob wir wollen oder nicht. Und mir ist aufgefallen, dass in einer Presseaussendung, einer OTS vom 6.3., zum Beispiel auch von der Freiheitlichen Wirtschaft bejubelt wurde, dass die Pflichtveröffentlichung jetzt wegfällt – und somit eben auch die Finanzierungsgrundlage.

Und machen wir das nicht, drohen uns Strafzahlungen und ein Vertragsverlet­zungsverfahren seitens der EU.

Ein Festklammern an der „Wiener Zeitung“ in der derzeitigen – ich betone: in der derzeitigen – Form als reines Printtageszeitungsprodukt würde das gesamte Medienunternehmen in Gefahr bringen. (Bundesrätin Hahn: Ist sie ja nicht! Das ist sie ja nicht!) Und gerade deshalb, genau aus diesem Grund, wollen und wer­den wir die „Wiener Zeitung“ retten. (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Wir müssen deshalb jetzt handeln, und zwar mit einer umfassenden Reform. Und solche Änderungen fallen nun einmal schwer, jede Änderung fällt schwer, aber es ist jetzt an der Zeit, das zu tun. (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Hahn, Gerdenitsch und Schennach.) Wir müssen Realitäten anerkennen, wir müssen nach vorne blicken und den Kern der „Wiener Zeitung“ bewahren, und dieser ist ihre – wir haben es heute schon gehört – journalistische Qualität. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir sichern die Zukunft der „Wiener Zeitung“. (Bundesrätin Schumann: Mit Kündigungen!  Bundesrat Schennach: Bitte retten Sie niemanden ...!) Wir garantieren ihren Fortbestand als Printmedium und machen sie als digitales Qualitätsmedium fit für die Zukunft. Mit dieser Umstellung werden wir nämlich dafür sorgen, dass die „Wiener Zeitung“ noch mehr Leserinnen und Leser erreichen wird als bisher und dass sie auf lange Sicht die österrei­chische Medienlandschaft bereichern wird. (Bundesrat Schennach: Die Rede von der Frau Blimlinger ...! Die hat sich wenigstens entschuldigt!)

Wir Grüne haben durchgesetzt – und das wird im Gesetz ganz klar fixiert (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn) –: Die „Wiener Zeitung“ muss auch weiterhin gedruckt werden, nämlich mindestens zehnmal pro Jahr; ob täglich, wöchent­lich oder in einem anderen Rhythmus, bleibt allein die Entscheidung des Unternehmens. (Bundesrat Schennach: Wow, eine Tageszeitung, die zehnmal im Jahr erscheint!)

In Zukunft bekommt die „Wiener Zeitung“ allein für ihre Publikationen ein Budget von 7,5 Millionen Euro pro Jahr und dadurch wird sie weiterhin in gedruckter Form erscheinen können. Und wie wir heute schon vom Kollegen gehört haben, bekommt die Wiener Zeitung GmbH insgesamt ein Budget von 16,5 Millionen Euro. Das ist – um es mit den Worten unseres Vizekanzlers zu sagen – nicht nichts. Ein kleiner Vergleich dazu: Andere Tages- und Wo­chenzeitungen haben sich bisher knapp 9 Millionen Euro Presseförde­rung geteilt.

Das Ziel ist, dass die „Wiener Zeitung“ ein innovatives und investigatives Me­dium wird (Bundesrätin Schumann: Investigativ! – Heiterkeit bei der SPÖ – Bundesrat Schennach: Sind wir jetzt beim Salzburger Stier?), auch mit Fokus auf internationale Kooperationen, durch die ihre Reichweite gesteigert und vor allem ihr Profil als digitales Qualitätsmedium gestärkt werden soll. Die „Wiener Zeitung“ wird sich als Bildungs- und Demokratiemedium neu positionieren. Die Umstellung auf ein starkes Onlinemedium ist ein Zukunftsmodell und in der heutigen Zeit eine tatsächliche Aufwertung. (Bundesrätin Hahn: Eine Aufwertung, indem man sie einstellt – interessante Philosophie!) Die Zugriffszahlen werden bald zeigen, dass die Zeitung so viel mehr Relevanz erzielen kann und Tag für Tag wesentlich mehr Leserinnen und Leser als bisher erreicht. (Bundesrat Reisinger: Noch so ein Ziel und wir sind verloren!) Und mit dem neu geschaffenen Media Hub wird die „Wiener Zeitung“ (Bundesrätin Hahn: Wisst ihr, was Rudi Anschober dazu sagt?) künftig einen wichtigen Beitrag für den Nach­wuchsjournalismus in unserem Land leisten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Vielleicht ist es auch wichtig, dass ich das jetzt hier noch einmal sage, weil Kollegin Theuermann das nämlich gerade etwas anders dargestellt hat: Dieser Media Hub ist keine Aus- oder Weiterbildung, sondern gewährleistet ein Praxisprogramm (Bundesrätin Hahn: Was ist das? Was soll das sein?) in Lehrredak­tionen wie bei „Dossier“, „Profil“ oder bei der „Kleinen Zeitung“. (Bundesrä­tin Hahn: Eine schöne Überschrift, aber sonst nix!) Das sind Praxisprogramme, in denen junge Menschen wertvolle journalistische Erfahrungen sammeln kön­nen, und das Gesetz legt ganz klar fest, dass dabei die Redaktion der „Wiener Zeitung“ eingebunden sein muss.

Es hätte wahrscheinlich uns alle sehr gefreut, wenn es ernsthafte Übernah­meangebote für die „Wiener Zeitung“ gegeben hätte. Es gab leider nur vereinzelt Ideen und vage Überlegungen, aber eben keine konkreten Pläne und vor al­lem keine umsetzbaren Konzepte. (Bundesrat Reisinger: Es gab eine ganze Liste an Vorschlägen!) Durch den heute zu verabschiedenden Gesetzesbeschluss wird die „Wiener Zeitung“ in einer neuen Form weiterbestehen. (Rufe bei der SPÖ: Zu Grabe getragen!)

Ganz kurz noch zum 2. Tagesordnungspunkt und zu den Änderungen des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes: Zukünftig müssen alle Einschaltungen und Medienkooperationen der öffentlichen Hand un­abhängig von der Erscheinungsfrequenz eines Mediums ab dem ersten Euro an die Medienbehörde RTR gemeldet werden. Bisher waren nicht-periodische Medien ausgenommen und es galt eine Bagatellgrenze von 5 000 Euro. Die Mel­deverpflichtung wird auf Social-Media-, Plakat- und Kinowerbung erweitert. Für Kampagnen ab 150 000 Euro muss ein Transparenzbericht, für Kampagnen ab 1 000 000 Euro zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchgeführt werden. So gibt es lückenlose Klarheit ab dem ersten Euro und einen verantwortungsvol­len Umgang mit Steuergeld. Das ist es, was wir heute beschließen werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.58

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dr. Arlamovsky zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.