13.07

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich habe vorgestern im Ausschuss dieses Gesetz als das schäbigste Gesetz dieser Regierung (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), das bisher das Haus erreicht hat, bezeichnet, und ich wiederhole das sehr gerne (Bundesrat Spanring: ... schäbig!), weil es auch eines der schäbigs­ten Gesetze ist (Bundesrat Spanring: Das war die Impfpflicht! Die Impfpflicht war das, Herr Kollege! Die Impfpflicht, und ihr wart mit dabei!) und einer Kulturna­tion völlig abträglich. Es ist nämlich eine Kulturlosigkeit, die älteste Tages­zeitung der Welt einzustellen, und es ist eine Verantwortungslosigkeit gegenüber der Geschichte, so zu handeln und auch, sich medienpolitisch so zu gebärden.

Man muss sich das einmal überlegen: Eines der größten Ereignisse in Europa war zweifelsohne die Französische Revolution. Da war die „Wiener Zeitung“ schon 86 Jahre im Geschäft! (Bundesrat Tiefnig: Die hätte es nicht gegeben, wenn ...!) Dann kam die Amerikanische Revolution, dann der Wiener Kongress, die Neuordnung Europas 1815, dann die Revolution von 1848, und einer der größ­ten Treppenwitze ist: Die „Wiener Zeitung“ hat Metternich und das Polizeispitzelsystem überlebt, aber eine Medienministerin Raab und eine schwarz-grüne Koalition nicht. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

Sie hat auch den Ersten Weltkrieg, den Schwarzen Freitag, also den großen Börsenkrach, und auch den Zweiten Weltkrieg überlebt. Daniela Gruber-Pruner hat ein interessantes Beispiel gebracht, nämlich die erste Ausgabe nach dem Zweiten Weltkrieg. Und die Zeitung hat zweimal Schwarz-Blau überlebt, aber nicht Schwarz-Grün – ist das nicht ein Irrsinn? (Ruf bei der FPÖ: Ja, das ist wahr!)

Als ich heute Kollegin Hauschildt-Buschberger zugehört habe, hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, ich bin in einer Pippi-Langstrumpf-Aufführung: Ich mache mir die Wirklichkeit so, wie sie mir gefällt. – Eure Wirklichkeit ist nicht: Wir retten die „Wiener Zeitung“!, sondern – nein! – ihr zerstört ein Weltkulturerbe. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Für die Pippi-Langstrumpf-Vorlage hatte sie ja ein Vorbild, nämlich Frau Ministerin Susanne Raab, die wörtlich im Nationalrat gesagt hat: „Ich möchte noch einmal ausdrücklich sagen: Wer von einer Abschaffung der ‚Wiener Zeitung‘ spricht, der sagt die Unwahrheit!“ – Hallo, welche Welt bauen Sie sich da? (Bundesrätin Kittl: Welche Welt bauen Sie da?!) Welches Märchen tischen Sie den Leuten auf? Natürlich zerstören wir eine Zeitung und ein Kulturgut.

Sehen wir uns an, wie eifrig sich Zivilgesellschaft, NGOs, Kirchen und so weiter engagieren, denn – ja, Kollege Schreuder! – die habt ihr nämlich alle für eure schäbige Aktion verloren. Da sind zum Beispiel die Grazer Autorenversammlung zu nennen, Franz Fischler – bei Gott kein Roter –, Heinz Nußbaumer, Michael Chalupka von der Diakonie, Oskar Deutsch (Bundesrätin Schumann: Der Bischof!), Bischof Lederleitner, Kardinal König und, vielleicht für Frau Buschreiter wichtig (Rufe bei ÖVP und Grünen: Hauschildt-Buschberger!) – Buschberger –, Ru­dolf Anschober, Altpräsident Heinz Fischer, dann Othmar Karas – auch das ist jemand, der heute schon zitiert wurde –, die Michaels – Michael Häupl und Michael Ludwig –, Herbert Haupt, Wolfgang Katzian, Maria Rauch-Kallat, Franz Vranitzky, Andrea Kdolsky, für die Kärntner Christof Zernatto, Re­porter ohne Grenzen – also ich könnte das jetzt ungefähr noch eine Stun­de fortsetzen.

Ich habe keine Kirche gefunden, die nicht protestiert, zum Beispiel auch die buddhistische Glaubensgemeinschaft, die Altkatholische Kirche; sie alle kritisieren die Zerstörung dieses Weltkulturerbes. (Unruhe im Saal.)

Wenn ich mir die Rede der früheren Rektorin und heutigen Abgeordneten Blimlinger im Nationalrat anhöre, kann ich nur sagen: Sie hat sich zu Recht entschuldigt. So eine Minderleistung muss man erst einmal zustande bringen; dazu muss man auch noch bedenken, dass sie einmal Rektorin war.

Es gab jetzt ganz viel Schönfärberei. Die „Wiener Zeitung“ konnte von den 24 Millionen Euro, was sie kostet, bisher 20 Millionen Euro einnehmen – okay, die Situation hat sich verändert. Wenn ich aber hernehme, was alleine die einzelnen Ministerien – wenn ich nur die ÖVP-Ministerien hernehme! – jedes Jahr für PR hinauspulvern, dann komme ich zum Schluss, dass wir uns zehn „Wiener Zeitungen“ leisten könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich will aber auch nicht verheimlichen, dass wir hier auch noch einen inter­essanten Gesetzentwurf, dem wir auch gerne zustimmen, diskutieren, jenen zum Medientransparenzgesetz (Bundesrat Steiner: Na, da redest du noch mehr!), einem klaren Ergebnis des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses. Das ist ja nicht so gekommen, dass die Regierung gesagt hat: Wir müssen jetzt un­bedingt Transparenz hereinbringen!, sondern es hat einen Korruptionsuntersu­chungsausschuss gegeben, und dadurch musste man liefern.

Meine Damen und Herren, noch einmal (zwei Exemplare der „Wiener Zeitung“ mit der jeweiligen Überschrift „1703 2023“ beziehungsweise „Ende“ auf der Titelsei­te in die Höhe haltend): 1703 und jetzt das Ende – das darf es nicht sein!

Liebe Grüne, wenn ihr dem wirklich zustimmt – ich weiß, ihr seid gewillt und ihr habt heute ja Schönfärberei der Sonderklasse betrieben –, dann macht ihr euch geschichtlich schuldig: schuldig, ein Kulturgut, ein Weltkulturerbe zerstört zu haben. Das ist einer Kulturnation nicht würdig.

Kommen wir zum Schluss zu der Debatte, die wir führen. (Bundesrat Steiner: Das ist keine Debatte!) Die Debatte, die wir in Österreich führen, betrifft die Teuerung, die Tatsache, dass sich Menschen das Leben nicht mehr leisten kön­nen. Dazu bleibt nur eines zu sagen: All das, was da gestern präsentiert wurde, haben selbst konservative Wirtschaftsforscher schon zerlegt, das muss nicht der Schennach hier machen, eines möchte ich aber noch einmal an­merken: Etwas muss sein – an dem führt weder für die Grünen noch für die ÖVP ein Weg vorbei –, und das ist die sofortige Mietpreissenkung. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Experten haben gesagt, die gestrigen Beschlüsse reduzieren die Inflation kaum, die Inflation wird das nicht einmal spüren. Kogler hat etwas ande­res gesagt, aber da halte ich mich lieber an die Experten. Wenn wir endlich einen Mietpreisdeckel einführen, wenn wir bei den Mieten etwas tun, dann spürt man es. Anderenfalls nistet sich die Inflation ein, und wenn sich die Inflation ein­nistet, ist das ein Riesenschaden für die Volkswirtschaft, aber auch für das Gesamteinkommen und den sozialen Zusammenhalt in dieser Gesellschaft. De­ckeln wir den Mietpreis! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Steiner, bitte. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner. – Bundesrat Steiner – auf dem Weg zum Red­ner:innenpult –: Jetzt fange ich erst an! – Unruhe im Saal.)