11.19

Bundesrätin Mag. Isabella Theuermann (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Menschen kennen die Situation, dass ein geliebtes Familienmitglied aus gesundheitlichen Gründen plötzlich den Bedarf nach verstärkter Unterstützung im täglichen Leben und folglich auch nach Pflege hat. Natürlich versucht man als Familie, wenn es einem selbst möglich ist, alles zu tun, um die Pflege im gewohnten Umfeld daheim im eigenen Haus zu ermöglichen. Irgendwann stößt man aber im familiären Umfeld an die eigenen Grenzen und muss auf externe Pflegeleistungen zurückgreifen. Irgendwann muss oftmals auch die schwierige Entscheidung getroffen werden, dass die Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist, und dann beginnt die Suche nach einem Pflegeheim.

Eine solche Situation ist an sich für alle Beteiligten schon belastend genug. Die Suche selbst vervielfacht aber diesen Stress in vielen Fällen noch einmal deutlich, denn die Plätze in Pflegeheimen sind ein rares Gut. Daher muss es unser gemeinsames Ziel sein, zu bewirken, dass man als Angehöriger in einer solchen Ausnahmesituation nicht noch als Draufgabe zu hören bekommt: Na ja, der Platz wäre zwar vorhanden, wir haben aber nicht ausreichend Personal. – Das darf es in Zukunft nicht mehr geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Genau aus diesem Grund ist es höchste Zeit, dass nun eine jahrelange Forderung der FPÖ zur Umsetzung kommt. Es freut mich, dass ein großer Schritt in Richtung Etablierung der Pflegelehre gemacht werden kann. Wie allseits bekannt ist, steigt der Bedarf; bis 2030 benötigen wir 75 000 zusätzliche Pflegestellen. Die Einführung der Pflegelehre ist ein wichtiger Baustein für die notwendige Versorgungssicherheit.

Dass das funktionieren kann, führt uns die Schweiz eindrucksvoll vor. Dort ist die Pflegelehre bereits der drittstärkste Lehrberuf. Die Pflegelehre hat in der Schweiz innerhalb weniger Jahre eine Verdoppelung der Ausbildungsabschlüsse im Pflegebereich bewirkt. Allerdings wird die vermeintlich hohe Drop-out-Rate immer wieder als Gegenargument angesprochen; es wird von zwei Dritteln Drop-outs gesprochen. Unerwähnt bleibt aber gerne: 80 Prozent der Absolventen bleiben in Gesundheitsberufen tätig. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Die Pflegelehre als Grundberuf öffnet den Absolventen also auch viele Möglichkeiten. Auch diese Flexibilität ist ein wichtiger Faktor in der heutigen Zeit. Die Schweizer Pflegelehre ist somit ein Erfolgsmodell der Ausbildung, an dem wir uns getrost orientieren können. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Hahn: Ist das schon eine Vorbereitung auf Schwarz-Blau?)

Einige Parteien in diesem Haus sind aber eher nach dem Motto unterwegs: Wer braucht schon gut ausgebildetes Pflegepersonal?! – Jenen wäre es wohl lieber, dass wir einfach Pflegekräfte, die anhand von Youtube-Tutorials gelernt haben, in die Welt des medizinischen Improvisationstheaters entlassen, während das Pflegesystem fröhlich vor sich hin kollabiert. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Bravo!)

Bleiben wir aber lösungsorientiert: Wir stehen zur Pflegelehre. Als Kärntner Bundesrätin darf ich erwähnen, dass die FPÖ auch im Kärntner Landtag bereits einen Antrag eingebracht hat, dass auch Kärnten als weitere Modellregion für die Pflegelehre herangezogen wird. Wir wollen nämlich nicht aus vorsichtiger Entfernung abwarten und zuschauen, sondern wir wollen gerne auch ab der ersten Minute an diesem Erfolgsmodell beteiligt sein und somit auch ab der ersten Minute mit der Pflegelehre dem Personalnotstand in der Pflege entgegentreten.

Die Pflegelehre gibt nicht nur unserer älteren Generation mehr Sicherheit, sondern auch vielen Jugendlichen eine Perspektive, und genau diese Perspektive müssen wir verstärken, indem wir etwas aufzeigen, und zwar: Pflege ist viel mehr und Pflege kann viel mehr. Pflegerinnen und Pfleger ermöglichen es den Menschen, die unser Land aufgebaut haben, in Würde zu altern. Im Hinblick darauf sollten wir wieder dahin kommen, dass sich die Pfleger auch die Geschichte der Betreuten anhören können, dass sie Zeit für die Menschen haben, dass Pflege keine Fließbandarbeit ist, sodass jeder wieder das Gefühl hat, dass Pflege eine sinnstiftende Lebensaufgabe ist. Für mich ist Pflege nämlich nicht nur körperliche Pflege, sondern auch psychische Pflege. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Diese herausfordernde Aufgabe muss endlich ein besseres Image bekommen, und es muss natürlich auch eine ordentliche Bezahlung geben. Daher darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Isabella Theuermann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolventen der Pflegelehre“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Eckpunkte umfasst:

- Die gesetzliche Festlegung einer Mindestlehrlingsentschädigung im Ausmaß von 900 Euro brutto im ersten und 2.000 Euro brutto im letzten Lehrjahr für Absolventen der Pflegelehre

- Die Berücksichtigung der Absolventen der Pflegelehre bei zukünftigen Pflegeprämien des Bundes und der Länder

- Die Gewährleistung der berufsrechtlichen Durchlässigkeit des Ausbildungsmoduls der Pflegelehre zur Pflegeassistenz beziehungsweise Pflegefachassistenz im Gesamtaufbau der Pflegeausbildung bei den einzelnen Qualifikationen“

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Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

11.25

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der soeben von Kollegin Theuermann eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolventen der Pflegelehre“ ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Kocher. – Bitte, Herr Minister.