12.28

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Keine Frage, es ist zu begrüßen, dass der gemeinsame Haushalt als Voraussetzung für den Anspruch auf den Angehörigenbonus bei Pflege eines nahen Angehörigen gestrichen wurde.

Natürlich ist das eine notwendige Maßnahme gewesen. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass es nicht nur am Land sehr oft vorkommt, dass zwei Generationen in einem Haus wohnen, im Erdgeschoss und im Obergeschoss, meistens aber nicht im gemeinsamen Haushalt.

Auch die vorgenommene legistische Klarstellung, dass auch diplomierte Pflegekräfte und nicht nur Ärzte in den Einstufungsprozess einbezogen werden können, sehe ich positiv. Zu hoffen bleibt nur, dass die ansuchenden Personen schneller den Bescheid über die Pflegegeldstufe erhalten. Eine durchschnittliche Wartezeit von acht Wochen ist schlicht und einfach inakzeptabel. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Veränderungen im Bundespflegegeldgesetz wiegen aber nicht auf, dass die Regierung mit diesem Angehörigenbonus leider nicht die Probleme der betroffenen Personen lösen wird. Pflegestufe 4 ist die Voraussetzung dafür, dass man überhaupt für den Erhalt dieses Bonus in der Höhe von 4,10 Euro am Tag anspruchsberechtigt ist. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben richtig gehört: 4,10 Euro. Zum Vergleich – als Denkanstoß –: Die Kosten für die Miete eines elektronischen Pflegebettes im ersten Monat betragen zurzeit laut Auskunft des Roten Kreuzes in Lilienfeld 3,70 Euro. Darin sind aber die täglichen Stromkosten nicht beinhaltet. Um 4 Euro bekommt man bei Billa gerade ein Jausensackerl mit einer Extrawurstsemmel, einer Kabanossi und einer Cola-PET-Flasche – ja, das war früher auch billiger, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Gerade die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sind von der derzeitigen Teuerung besonders stark betroffen. Die Pflege an sich kostet schon sehr, sehr viel. Die Valorisierung des Pflegegeldes ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Medizinische Hilfsmittel, Medikamente und Heilbehelfe machen oft einen sehr großen Teil der monatlichen Ausgaben für die Betroffenen aus. Für viele Betroffene führt die exorbitante Teuerung von Wohnen, Energie und Lebensmitteln jetzt schon dazu, dass sie bei den Ausgaben für ihre Gesundheit und die Gesundheit ihrer Angehörigen sparen müssen. In einem reichen Land wie Österreich sollte es so etwas nicht geben, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meiner Meinung nach ist es notwendig, dass man die mobilen Dienste und die Tageszentren, aber auch die Betreuungseinrichtungen für stationäre Kurzzeitpflege ausbaut. Das wären die notwendigen Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige, denn sie sind tagtäglich körperlichen, aber auch psychischen Anstrengungen ausgeliefert. Leider können sich die meisten der Betroffenen aber keine Auszeit oder einen wohlverdienten Erholungsurlaub leisten, da es kein entsprechendes Angebot der Kurzzeitpflege gibt – oder nur nach monatelanger Wartezeit.

Im Bezirk Lilienfeld gibt es aktuell vier Betten für Kurzzeitpflege und in der Landeshauptstadt Sankt Pölten leider auch nicht viel mehr. Es gibt viel zu wenig Personal, keinen adäquaten Betreuungsschlüssel und leider vieles mehr. Da spreche ich jetzt gar nicht die Wartezeit für einen Langzeitpflegeplatz an.

Für den Volkshilfe-Sozialbarometer führt Sora mehrmals jährlich eine repräsentative Befragung zu aktuellen sozialpolitischen Themen durch. Im März wurden die Menschen zu ihren Einstellungen zu aktuellen Pflegethemen befragt. Derzeit sehen fünf von zehn Menschen in Österreich der eigenen Zukunft und der ihrer Angehörigen in Bezug auf die Pflege eher mit Sorge entgegen. Mit zunehmendem Alter steigt die Sorge und sinkt die Zuversicht in Bezug auf die eigene Pflege und jene der Angehörigen. Bei jenen Personen, die aufgrund ihres Alters mit der aktuellen Pflegesituation konfrontiert sind beziehungsweise diese im Alltag erleben, ist die Sorge am stärksten ausgeprägt. Von den älteren Menschen ab 75 Jahren blicken 63 Prozent mit Sorge in die Pflegezukunft. Darüber hinaus blicken auch Menschen mit geringerem Einkommen mit größerer Sorge und geringerer Zuversicht in die Zukunft der Pflege.

Im Moment vergeht kaum ein Tag ohne Schreckensmeldung aus dem Gesundheitswesen. Überfüllte Spitalsambulanzen, überfordertes Gesundheitspersonal und gesperrte Stationen gehören mittlerweile zum Alltag.

50 Prozent der Bevölkerung haben einen negativen Blick auf die Attraktivität von Pflege- und Betreuungsberufen. Auch dem gehört entgegengewirkt. Eine einheitliche Bezahlung für die Ausbildung, ähnlich wie bei der Polizei, ist ein sicherer Weg, um mehr Menschen für die Pflege- und Betreuungsberufe zu interessieren. Auch für Umsteigerinnen und Umsteiger würde das Angebot die Entscheidung erleichtern. Die Pflegeberufe müssen einen Zugang zur Schwerarbeiterpension erhalten und die Ausbildungszeiten zu Pflegeberufen sollen auch als Versicherungszeiten anerkannt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Da gehört der Hebel angesetzt. Dort müssen unbedingt Verbesserungen angedacht werden, liebe türkis-grüne Regierung, anstatt Ausschüttungen nach dem Gießkannenprinzip zu beschließen, bei denen man bestenfalls von einer symbolischen Geste des Dankes sprechen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.