13.32

Bundesrat Christian Fischer (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben seit mehr als einem Jahr eine enorme Teuerungswelle. In Österreich liegt die Inflation seit Monaten deutlich über dem europäischen Schnitt. Auch im Vergleich mit Deutschland steigen die Preise hierzulande deutlich stärker an. Das macht sich auch bei den Lebensmittelpreisen bemerkbar. Laut einem Preismonitor der Arbeiterkammer sind vergleichbare Markenartikel in Österreich brutto im Schnitt um 18 Prozent teurer als in Deutschland; netto, also ohne die unterschiedliche Mehrwertsteuer, waren es 15 Prozent. Viele Menschen können sich dadurch ihren täglichen Einkauf nicht mehr leisten – und gleichzeitig befindet sich unsere Bundesregierung im Dornröschenschlaf. (Beifall bei der SPÖ.)

Anstatt wirkliche Maßnahmen zu setzen, damit die Preise im Lebensmittelbereich endlich wieder sinken, sodass das Leben für viele wieder ein Stück leistbarer wird, inszeniert unsere Regierung den x-ten Teuerungsgipfel. Mit welchem Ergebnis? – Die Lebensmittel werden um keinen Cent billiger, aber das Abfallwirtschaftsgesetz wird geändert. Da ist euch ein Riesenwurf gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung – Gratulation! –: Der Lebensmittelhandel soll künftig berichten, wie viele Lebensmittel entsorgt sowie unentgeltlich weitergegeben wurden. Damit soll die Verwendung von Lebensmitteln transparenter gemacht werden. Die Regelung zielt auf größere Unternehmen im Einzel- und Großhandel ab. Mikrounternehmen und Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten wie Landwirtinnen und Landwirte, die Lebensmittel im Direktabsatz vertreiben, sollen von der Regelung ausgenommen werden. Ab dem vierten Kalenderquartal 2023 sollen die Daten erfasst und erstmals bis 10. Februar 2024 gemeldet werden.

Sosehr an sich bessere Daten und höhere Transparenz im Hinblick auch auf die Verschwendung von genießbaren Lebensmitteln zu begrüßen wären, muss diese Maßnahme vor allem vor dem politischen Hintergrund ihrer Entstehung betrachtet werden: Weil trotz anhaltender Teuerung bei den Lebensmitteln beim Lebensmittelgipfel der Regierung rein gar nichts herausgekommen ist und der politische Druck zu groß geworden ist, hat die Regierung wenige Tage später bei einem Antiteuerungspaket alle Maßnahmen zusammengewürfelt. Die verschärften Dokumentationspflichten bei den Lebensmittelabfällen will man den Bürgerinnen und Bürgern nun als Antiteuerungsmaßnahme verkaufen; dies auch, weil die bisher lediglich freiwilligen Vereinbarungen mit dem Lebensmittelhandel offenbar nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie diese Maßnahmen aber jetzt gegen die Überteuerung der Lebensmittel wirken sollen, bleibt völlig offen, denn die Daten werden erstmals im vierten Quartal 2023 erfasst und dann erst im Februar 2024 gemeldet. Was hier gerade passiert, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nichts anderes als die Umetikettierung einer Maßnahme zur Abfallvermeidung zu einem Antiteuerungspaket.

Und nur zur Klarstellung: Natürlich ist es richtig, gegen die Lebensmittelverschwendung weitere Maßnahmen zu setzen. Hier wären vor allem verbindliche Vorgaben notwendig. Jahr für Jahr fallen in Österreich 800 000 bis 1 Million Tonnen an vermeidbaren Lebensmittelabfällen an. Dabei handelt es sich nicht nur um Lebensmittelverschwendung, sondern auch um den Verlust großer Mengen an Ressourcen und Energie, die für die Produktion, Verarbeitung, den Transport sowie die Entsorgung der Lebensmittel aufgewendet werden.

Mit den vorliegenden Maßnahmen wird aber das Kilo Brot oder der Liter Milch auch nicht billiger, daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwendung von Lebensmitteln im Handel!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und der Bundesminister für Finanzen, werden aufgefordert, zur Vermeidung der Lebensmittelverschwendung und zur Linderung der Teuerung bei den Lebensmitteln dem Nationalrat sowie dem Bundesrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der

- ein Antidiskriminierungsgesetz bei Obst und Gemüse samt Abnahmepflicht des Handels,

- nach französischem Vorbild ein Konzept für die verpflichtende Abgabe von nicht mehr benötigten oder verkaufbaren Lebensmitteln an soziale Einrichtungen durch den Handel,

- sowie ein sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs beinhaltet.“

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Liebe Regierungsparteien, macht endlich eure Hausaufgaben! Dieses Gesetz ist ein Stückwerk und nicht mehr. Dieses Gesetz macht kein einziges Produkt billiger. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37

Präsident Günter Kovacs: Danke, Herr Bundesrat.

Der von den Bundesräten Christian Fischer, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Schluss mit Teuerungsexzessen und Verschwendung von Lebensmitteln im Handel!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesrätin Simone Jagl. – Bitte schön.