10.45

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Na, das war ja ein Feuerwerk einer Werbedurchsagerede, würde ich einmal sagen. (Bundesrat Himmer: Weiter so! – Bundesrat Tiefnig: Die Energie der Jugend ist das gewesen!) Keine Angst, Frau Kollegin: 3,6 Milliarden Menschen auf der Welt sind derzeit vom Internet gänzlich abgeschnitten. Die Welt insgesamt kann also noch sehr viel Tempo aufnehmen, und auch Österreich kann noch viel Tempo aufnehmen.

Die nächste Frage, die sich hier immer wieder stellt, ist immer jene nach der Zielsetzung. Was ist die Zielsetzung von Digitalisierung? Ist die Zielsetzung, dass die Arbeitsweisen erleichtert, Verwaltungskosten gesenkt oder die Aktenverwaltung vereinfacht werden, oder geht es nur darum, Personalkosten einzusparen? Es ist ein verhängnisvoller Weg, den wir immer wieder sehen, dass man sagt, in erster Linie geht es darum, Menschen aus dem Arbeitsprozess herauszunehmen und nicht, die Digitalisierung zu einem Werkzeug zu machen, um Arbeit zu vereinfachen und Arbeitsplätze zu verbessern. – Das ist einmal eine Situation.

Die Frau Kollegin hat in ihrer Rede gerade noch die digitale Kluft unter­gebracht. Die digitale Kluft ist etwas, das uns enorme Sorgen macht, und zwar nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Der UN-Generalsekretär hat sich dazu geäußert und gemeint, dass zum Beispiel bei Gesundheitsinforma­tionen die digitale Kluft eine Frage von Leben und Tod sei. – Das muss man einmal so sehen.

Die digitale Kluft, wenn wir jetzt wieder nach Österreich blicken, gibt es zwischen Einzelpersonen, zwischen Haushalten und Unternehmen, zwischen geografischen Gebieten, also zwischen Stadt und Land, zwischen unterschiedlichen sozioökonomischen Ebenen, und natürlich spielt auch der unterschiedliche Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien eine Rolle. Das alles sind Dinge, die wir hier berücksichtigen müssen, also nicht nur die Generationenfrage.

Was wir immer brauchen, ist, dass wir um offene Zugänge kämpfen müssen, gerade dann, wenn wir hier von Ländern und Gemeinden sprechen. Es muss also alles auf beide Weisen angeboten werden; es darf kein Zwang zum Mobile Phone da sein, sondern es muss immer eine Möglichkeit der offenen Ressourcen sein.

Wenn ich daran denke, dass der Bildungsminister vor wenigen Tagen zu diesem Thema im Nationalrat gesprochen hat: Herr Staatssekretär, auf Ihre Inspirationsreise hätten Sie vielleicht den Bildungsminister mitnehmen sollen (Zwischenrufe der Bundesrät:innen Hahn und Steiner), denn auf die Frage, wie es denn mit der Digitalisierung in den Schulen aussieht, kam die Antwort, es werde den digitalen Schülerausweis geben. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann. – Bundesrätin Hahn: Wow, den braucht es unbedingt!) Was wir brauchen, ist Kompetenz in der Schule. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Es ist zwar nett, wenn es einen digitalen Schülerausweis gibt, es ist auch nett – was die Kollegin gesagt hat –, dass es den digitalen Führerschein gibt, das ist alles sehr nett, das kann man alles machen (Bundesrätin Zeidler-Beck: Ich habe auch das Digitale-Kompetenz-Paket erwähnt!) – ja, ist ja alles gut –, aber wichtig ist, dass wir da vor allem darauf schauen: Junge Leute benötigen heute die entsprechende Ausbildung und die entsprechende Kompetenz und müssen vor allem auch einen verantwortungsvollen Umgang mit allem, was mit Internet zu tun hat, beherrschen.

Herr Staatssekretär, die künstliche Intelligenz ist gerade von der Frau Kolle­gin eingefordert worden. Künstliche Intelligenz ist eine der heißesten Forschungen auf dieser Welt. Wissen Sie, was diese Regierung im Budget dafür vorgesehen hat? (Bundesrat Schreuder: ... auf digitalaustria.gv.at, oder was?) – In Österreich 7 Millionen Euro! Das ist in anderen Bereichen ein Huster. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir heute das Thema Städte und Gemeinden haben, dann kommen wir zur Grundaufgabe der Städte und Gemeinden, und da ist die digitale Kluft von besonderer Bedeutung. Städte und Gemeinden haben nämlich die Daseinsvor­sorge zu garantieren und abzusichern. Da können wir uns eine digitale Kluft, eine Benachteiligung nach ethnischer Zugehörigkeit, nach unterschiedlichen Bildungsgraden nicht leisten. Das heißt, der Zugang zur Daseinsvorsorge muss auf jede Art und Weise garantiert sein und kann nicht durch eine digitale Kluft Menschen hinausschmeißen oder schwer benachteiligen.

Was, glaube ich, gerade für den Schulbetrieb notwendig ist – was der Herr Bildungsminister noch nicht so ganz drauf hat –, ist, dass wir von den ganz großen amerikanischen Anbietern – ich meine, Sie waren gerade dort, in Amerika – wegmüssen und die Open-Source-Produkte forcieren müssen. (Bundesrat Schreuder: Na, in Wien zum Beispiel! Da wird das nicht- -! Wien hat aufgehört damit! Wien hat’s gestoppt!) – Ja, aber der nächste Schritt kommt, mein Lieber! (Bundesrat Schreuder: Ja, Entschuldigung, du kannst ja fordern, aber Wien hat gestoppt! Du bist Wiener SPÖ-Bundesrat!) – Ja, bin ich! Auch die Diskussion haben wir in Wien: dass das, was einmal gestoppt wird, nicht für immer gestoppt sein muss. Wichtig ist aber: Open-Source-Produkte in den Schulen sind etwas, mit denen unsere Schüler und Schülerinnen umgehen müssen.

Eines müssen wir komplett bekämpfen – möglicherweise wird meine Kollegin Hahn da auch noch darauf zurückkommen –, nämlich den digitalen Analphabetismus. Das ist etwas, was genauso unter den Nägeln brennt. Es ist, Kollege Schreuder, einfach das Augenmerk darauf zu lenken, dass die Dienste inklusiv sind, dass sie gerecht sind, dass sie zugänglich, bezahlbar und sicher für alle zu gestalten sind. Es gibt eine Goldgräbermentalität, und das Gold der heutigen Tage heißt Daten. Daten, Daten, Daten! Das ist das heiß begehrte Gold, und da müssen wir noch mehr – gerade in Schulen – schauen, dass die Daten der Schüler und Schülerinnen sicher sind.

Gerade in der Verwaltung müssen wir schauen, dass die Daten sicher sind, auch wenn wir einen universellen Zugang zum Internet herzustellen und die Digitalisierung zu befördern haben. Das ist die Zukunft, da kann ich zu meiner Vorrednerin nur sagen: Ja, das ist sie, aber sie muss den Menschen dienen! Es kann ja nicht sein, dass die Apotheken – wenn ich ein Beispiel nehme –, die früher immer ein sehr guter Arbeitsplatz waren, heute alle so umgebaut werden, dass eigentlich die Robots im ersten Stock rennen (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig) und zwei Drittel des Personals von Apotheke zu Apotheke abgebaut werden. Ist das ein Fortschritt? – Für mich ist das kein Fortschritt, denn dass Menschen Arbeit haben und Arbeit vorfinden: Das sind politische Maßnahmen, die wir dahinter auch überlegen müssen.

Wir müssen nicht nur sagen: Ja, digitalisieren wir! Setzen wir Robotechnik ein! Führen wir die künstliche Intelligenz ein!, wichtig ist, dass es bei allen Vorgängen, bei denen Menschen in der Verwaltung – in Städten, Gemeinden, in der Sozialversicherung, in der Daseinsvorsorge – Onlineabwicklungen machen, auch noch Menschen gibt, die beraten: die Beratungsdienste. Das ist gerade eine Forderung, die erst kürzlich im Europarat in einer Resolution aufgestellt wurde: dass, um keine Menschen auszuschließen, gerade bei Verwaltungsverfahren die Bedeutung dieser Beratungsdienste mitgedacht wird.

In diesem Sinne: Die Digitalisierung kommt. Wir hoffen, dass sie auch die österreichischen Schulen in entsprechender Weise erreicht. Wir sollten aber immer bedenken, dass die Digitalisierung nicht nur das Ziel haben sollte, Arbeitsplätze einzusparen. Das wäre der falsche Weg. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.56

Vizepräsidentin Margit Göll: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.