11.07

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Digitalisierung ist natürlich immer ein unglaublich spannendes. Ich meine, dass man im Hinblick darauf Folgendes nie vergessen darf: Im Bereich des Klimaschutzes sind wir tatsächlich die letzte Generation, die noch etwas ändern kann. Wir sind aber auch die letzte Generation von Menschen, die noch beide Welten kennt, nämlich die analoge Welt und die digitale Welt. Das wird bei der nächsten Generation nicht mehr so sein. Diese wird nur noch die digitale Welt kennen.

Ich schaue jetzt auch ganz bewusst Frau Kollegin Eder-Gitschthaler an, die nicht müde wird, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es auch sehr viele Menschen gibt, die mit der digitalen Welt tatsächlich noch ihre Probleme haben. Einerseits müssen wir digitalisieren, weil natürlich der Druck groß ist und der Wunsch nach Einsatz dieser einfachen Mittel zu Recht besteht, um auch die Verwaltung digital zugänglicher zu machen, andererseits tun sich viele ältere Menschen – wenn auch nicht nur ältere, aber natürlich vor allem ältere Menschen – durchaus schwer damit. Das ist eine große Herausforderung für die Verwaltung, und das ist die große Verantwortung, die wir haben. Es liegt in unserer Verantwortung, Zugänglichkeiten zu schaffen und die Verwaltung einerseits digital zu machen, andererseits aber für alle zugänglich zu machen. Das macht das Ganze eigentlich auch spannend.

Ich möchte an dieser Stelle allerdings schon sagen, dass wir in Österreich dies­bezüglich wirklich enorm weit sind. Dazu darf ich vielleicht eine kurze persönliche Geschichte erzählen: Ich war vor drei Wochen in Berlin und hatte dort einen kleinen Unfall. Weil ich eine Prellung hatte und aufgeschürft war, habe ich mir gedacht: Ich glaube, meine Tetanusimpfung ist schon wieder eine Zeit her. Daher habe ich mir gesagt: Geh lieber in die Charité und lass das anschauen!

Man hat das dort angeschaut, es war ein kurzer Check – Gott sei Dank nichts gebrochen, da war ich froh, aber machen wir doch lieber die Tetanusimpfung! Dann habe ich so einen Zettel mit einem Stempel für die Tetanusimpfung bekommen. Ich sage: Ah super, können Sie mir das geben? Dann kann ich zu meinem Arzt gehen, damit ich es in meinen elektronischen Impfpass eintragen kann. Die Ärztin schaut mich an und sagt: Ach, Sie sind Österreicher, nicht? Wir haben dat nich. (Heiterkeit des Redners.) Sie hat mir gesagt, dass sie das auch wirklich gerne hätten.

In diesen Digitalisierungsfragen ist zum Beispiel Deutschland tatsächlich noch nicht so weit fortgeschritten wie wir. Ich muss wirklich sagen, wenn man elektronische Wege machen muss – egal ob mit Handysignatur oder schon mit ID Austria –: Viele Dinge sind jetzt tatsächlich in einer Art und Weise möglich, wie ich es vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten hätte, dass das so schnell geht. Ich finde, das ist wichtig zu sagen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte mich eh ausdrücklich bei Ihnen, Herr Staatssekretär, bedanken. Das Thema der Digitalisierung – das merkt man ja auch in dieser Debatte – schreitet hierzulande schnell voran. Wenn man sich an den gestrigen Bundesratstag erinnert, sind die meisten Diskussionen mittlerweile ausschließlich von Empö­run­gen, von politischem Brutalismus und Hooliganismus und von sofortigen Aufregungen geprägt. Die Themen der Digitalisierung werden eigentlich noch einigermaßen sachlich und ohne die üblichen Empörungswellen diskutiert. Das finde ich ganz gut.

Ich möchte mich im Übrigen auch ausdrücklich bei meinem Kollegen im Natio­nal­rat Süleyman Zorba bedanken, der sich wahnsinnig in dieses Thema hineinkniet. Ich durfte ja das Thema Digitales bei den Regierungsverhandlungen mitverhandeln und finde schon, dass wir da auch wirklich weit vorangeschritten sind.

Der Digital-Austria-Act ist tatsächlich, finde ich, ein Meilenstein für die Digitalisierung in Österreich. Ich kann allen, die jetzt zuschauen, nur empfehlen, einmal auf digitalaustria.gv.at hineinzuschauen, denn – und ich habe jetzt nur noch 5:50 Minuten Redezeit – dort sind 117 Maßnahmen, die genau erklärt werden, und 36 Digitalisierungsgrundsätze zu finden. Einer ist spannender als der andere – das muss man wirklich sagen – und auch sehr erhellend, weil man dann auch draufkommt, wo das eigentlich überall hineinkommt, wo Digitali­sierung eine Rolle spielt und wie sehr sie unseren politischen, unseren mensch­lichen, einfach unseren kompletten Alltag prägt.

Da findet man wirklich Themen aus allen Bereichen, die derzeit wichtig sind. Es gibt sicherlich auch noch einiges, wo Nachholbedarf besteht – ich will das überhaupt nicht verschweigen –, aber ein dynamisches Thema hat es so an sich, dass etwas schnell passiert, dass schnell einmal Nachholbedarf da ist und vieles zu tun ist.

Ein Bereich in diesem Act ist zum Beispiel – das finde ich auch für uns im Bundesrat ganz spannend –, dass es für die Gesetze jetzt einen Digicheck geben soll, das heißt, dass wir die Gesetze dann automatisch auf den Grad der Digitalisierung prüfen. Ich halte das für einen ganz wichtigen Punkt. Das ist auf jeden Fall auch eine Weiterentwicklung in Richtung digitales Amt und Smartgovernment. Wir brauchen einfache mobile Zugänge zu den Verwaltungs­services des Bundes.

Das Wichtige dabei ist – da schaue ich auch wieder (in Richtung Bundesrätin Eder-Gitschthaler) auf Sie, auf die Vertreter:innen von Seniorinnen und Senioren –: Es muss natürlich der Mensch im Mittelpunkt stehen – auch bei allen Digitalisie­rungsfragen der Verwaltung. Es geht um den Menschen. Es ist ja auch von Frau Zeidler-Beck genannt worden: diese einfachen Klicks. Dass der Mensch auch bei einer Entwicklung im Mittelpunkt steht: Ich glaube, das schaffen wir bei dieser öffentlichen Verwaltung sehr gut.

Man hat in den letzten Jahren oft gedacht, Digitalisierung reicht schon, und hat ein bisschen zu wenig Wert auf die Usability gelegt. Es muss aber tatsächlich so einfach sein wie ein Amazon-Klick oder ein anderer Klick, obwohl es natürlich besser ist, bei heimischen Nahversorgern zu kaufen und nicht bei Amazon. Das möchte ich schon auch sagen. (Heiterkeit des Redners sowie der Bundesrätin Neurauter.)

Weil wir ja auch im Bundesrat sind: Es wird in Zukunft auch sehr wichtig sein, dass bei all diesen Zugängen nicht jedes Bundesland ein eigenes Süppchen kocht, sondern dass wir alle im Interesse der einfachen und auch der standar­di­sierten Zugänglichkeit an einem Strang ziehen. Das ist bislang auch wirklich gut gelungen. Das möchte ich dazusagen.

Eine langjährige, sehr intensive Kooperation, die es zwischen dem Bund, den neun Bundesländern sowie den Städten und Gemeinden gibt, verfolgt das Ziel einer einheitlichen, vernetzten und abgestimmten Vorgehensweise. Die 80 Ver­treterinnen und Vertreter dieser Gebietskörperschaften haben ein gemeinsames E-Government-Projekt und eine Strategie für die österreichische Verwaltung entwickelt. Das ist ein wichtiges Zeichen. Das ist ein Signal, dass wir dann am besten voranschreiten, wenn wir das zusammen machen und uns nicht gegen­seitig niederknüppeln.

Allerdings muss da auch die Cybersecurity eine wichtige Rolle spielen. Jetzt ist es natürlich schade, dass Landeshauptmann Kaiser nicht mehr da ist, weil ja beispielsweise höchstsensible Daten von Kärntnerinnen und Kärntnern von Hackern gestohlen wurden und im Internet zum Verkauf stehen. Wir müssen wirklich mit Argusaugen darauf achten, dass die Daten unserer Bürgerinnen und Bürger geschützt sind. Da muss ich schon auch die Länder in die Pflicht nehmen, bei der Cybersecurity sehr, sehr aufmerksam zu sein.

Das Thema künstliche Intelligenz ist von Herrn Kollegen Schennach auch schon angesprochen worden. Sie ist auf ebenso vielen Ebenen eine Gefahr und gleichzeitig eine Chance. Sie kann in so vielen Bereichen, wie Klimaschutz, Ökologie, Medizin oder Forschung, von enormer Nützlichkeit sein. Gleichzeitig kann sie – auch das wurde gesagt – für viele Berufe und für uns als Menschheit durchaus auch eine Herausforderung sein, die nicht immer einfach zu bewältigen sein wird, ja, die in gewissen Bereichen sogar eine Gefahr darstellt, der man rechtzeitig auf ethischen Grundwerten begegnen muss. Ich kann auch da nur wieder auf die Webseite digitalaustria.gv.at verweisen, wo es einen ganzen Kapitelbereich zur künstlichen Intelligenz gibt und wo man auch sieht, dass zu diesem Thema sehr, sehr viel auf Bundesebene gemacht wird.

Zwei Punkte möchte ich schon auch noch kritisch anmerken, vor allem weil Herr Kollege Schennach das auch angesprochen hat, nämlich zunächst einmal Open Source. Es ist tatsächlich so, dass Open-Source-Projekte zum Beispiel im Ministerium für Bildung, aber auch, Herr Kollege Schennach, bei der Stadt Wien abgestellt worden sind. Die Stadt Wien gibt lieber Millionen Euro für Microsoft-Lizenzen aus, statt auf Open Source zu setzen und heimische Entwicklerinnen und Entwickler zu unterstützen, denn das können die bei den Microsoft-Produkten nicht. Das ist wirklich auch ein Stadt-Wien-Thema, Herr Kollege Schennach, und nicht nur ein Bundthema. (Bundesrätin Hahn: Schauen Sie nach Niederösterreich! Da ist genau dasselbe ...! – Bundesrat Schennach: ... von der Stadt Wien geförderte Start-ups ...!)

Außerdem möchte ich auch einen Punkt sehr positiv hervorheben: die Kompetenzoffensive. Die Kompetenzoffensive ist wirklich eine wichtige Sache. In 3 500 Workshops – hoffentlich in allen Gemeinden in Österreich – wird digitale Kompetenz gestärkt. Da gibt es eben genau für die Menschen Work­shops, die sich mit der digitalen Welt etwas schwertun. (Bundesrätin Hahn: Ja, was mache ich nach einem Workshop?) Ich denke an meine Mama. Jetzt ist sie ganz stolz, weil sie das Tablet bedienen kann, aber sie braucht da schon auch das eine oder andere Mal Hilfe. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja!)

Ja, meine Damen und Herren, wir sind tatsächlich die letzte Generation, die beide Welten kennengelernt hat. In manchen Bereichen weine sogar ich, der ich ein sehr digitaler Freak bin, der analogen Welt hinterher. Man kann aber zum Glück ja auch immer noch Schallplatten kaufen. Im Grunde ist Digitalisierung aber natürlich ein so riesiges und wichtiges Feld, dass wir da alle an einem Strang ziehen müssen.

Österreich geht da wirklich gut voran, und zwar gemeinsam: die Städte, die Gemeinden, die Länder und der Bund. Das ist gut so. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.18

Vizepräsidentin Margit Göll: Für eine erste Stellungnahme hat sich Herr Staatsekretär Florian Tursky zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.