14.41
Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Frau Minister! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseher! Zur Rede von Dr. Mertel muss ich sagen: Chapeau! Ich kann das Gesagte zu 100 Prozent unterschreiben, ich bin völlig deiner Meinung. Und grundsätzlich unterstützen auch wir alle Gesetzesnovellen, die der Korruption in diesem Land Einhalt gebieten. Was an dieser Novelle aber mehr als nur verstörend ist, ist zum einen, wie dieses Gesetz entstanden ist. Dann: Wie wird es argumentiert? Und welches Ziel wird damit verfolgt? Und, was, glaube ich, der Hauptpunkt ist: In Wahrheit wird mit diesem Gesetz, wenn es einmal in Kraft getreten ist, keine Korruption verhindert. So schaut es aus.
Das Perfide daran ist, dass Sie dieses Gesetz in manipulativer Art und Weise benutzen, um die Amtszeit von Strache als Vizekanzler, in der er sich nichts zuschulden hat kommen lassen, in ein schlechtes Licht zu rücken. Und das, meine Damen und Herren, ist ganz einfach unredlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Allein die Formulierung: aufgrund der Erfahrungen des Ibizavideos. – Was ist denn bitte vom Ibizavideo übrig geblieben? (Ruf bei der ÖVP: Ihr seids übrig geblieben!) – Ein Video, das zeigt, wie Strache und Gudenus ganz gezielt in eine Falle gelockt wurden, wo 7 Stunden aufgezeichnet wurden und daraus in wirklich manipulativster Art und Weise einige wenige Minuten zusammengeschnitten wurden. (Ruf bei der ÖVP: Wie ihr das machts! – Zwischenruf bei der SPÖ.) Aufgrund dessen gab es Anklagen, Ermittlungen und Verfahren. Was ist übrig geblieben? (Bundesrat Leinfellner: Ein ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss!) – Elf Freisprüche für Strache (Bundesrat Schreuder: Wird er wieder Parteimitglied?), keine einzige Verurteilung. Elf Freisprüche, das ist unterm Strich von Ibiza übrig geblieben. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Schreuder: Wird er wieder Parteimitglied? – Bundesrat Steiner: Und ein ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss!) – Lieber Herr Kollege Schreuder, zu euch Grünen komme ich schon noch. (Bundesrat Schreuder: Na wird er Parteimitglied? Es war nur eine Frage!)
So grotesk das jetzt klingen mag: Im Nachhinein müssen wir ja sogar dankbar sein, dass Ibiza passiert ist, denn dadurch haben wir das wahre Moloch der Korruption in Österreich aufdecken können. Sie haben sich für die Formulierung entschieden: aufgrund der Erfahrungen des Ibizavideos; das steht im Gesetz drinnen. Warum steht nicht stattdessen drinnen: aufgrund der Erfahrungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses? Das müsste im Eingangsstatement stehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Denn im Unterschied zur FPÖ gibt es bei der ÖVP bereits erste Verurteilungen; Karmasin war jetzt einmal der Anfang. Im Unterschied zur ÖVP gibt es bei der FPÖ auch niemanden, der sich in eine Kronzeugenregelung flüchten musste. In die Kronzeugenregelung flüchtet eigentlich nur jemand, der weiß, dass er massiv Dreck am Stecken hat, und bei der ÖVP bemühen sich gleich mehrere darum, in so eine Regelung zu kommen, ich sage nur: Schmid, Beinschab und wer weiß, wer noch aller. Wir wissen ja nicht alles. Denken Sie einmal darüber nach!
Diese ÖVP-Kronzeugen – auch davon bin ich überzeugt – werden singen oder haben bereits gesungen, und zwar lauter als Rainhard Fendrich, Stichwort „Tango Korrupti“. Gerade für die ÖVP ist Ibiza ja ein Bumerang der Sonderklasse. Peter Filzmaier hat in einem Interview mit dem ORF einmal gesagt: Wenn sich die Vorwürfe gegen die ÖVP bestätigen, dann ist Ibiza dagegen lediglich eine ganz kleine Insel im Mittelmeer. Und genau an diesem Punkt sind wir heute. (Beifall bei der FPÖ.)
Zuerst hat sich die ÖVP – und ich behaupte aus heutiger Sicht – geplant und mit Vorsatz aus einer wirklich erfolgreichen Regierung gestohlen, um dann die Stimmen der FPÖ abzugreifen und die absolute Macht im Land zu übernehmen. Kurzzeitig ist ihr das sogar gelungen, das muss man ihr zugestehen. Der Ibiza-Untersuchungsausschuss, mit dem man der FPÖ den Todesstoß verpassen wollte, wurde dann aber zum vorhin erwähnten ÖVP-Bumerang und führte direkt zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss.
Ich habe hier schon einmal Bertolt Brecht zitiert – Herr Schreuder war sehr verwundert – und ich zitiere ihn heute wieder: „Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.“ Ich sage: Ibiza war eine Unternehmung für Dilettanten. Wahre Profis planten das Projekt Ballhausplatz. Hashtag ÖVP-Korruption. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren, weil es auch von Kollegin Kittl angesprochen wurde: Ja, ich verstehe, dass sich immer mehr Bürger von der Politik abwenden und wenig Vertrauen in uns Politiker haben, denn es gibt die korrupten Politiker; leider hört und sieht man es ja jeden Tag. (Bundesrätin Huber: In Graz! Die FPÖ in Graz!) Und leider – das muss man auch sagen – kommen viele damit durch. Man hat das bei der Partie rund um Sebastian Kurz gesehen, aber da wissen wir ja noch nicht, wie es ausgeht.
Korruption – und das sage ich immer – beginnt ja nicht im Nationalrat (Bundesrätin Huber: Auch in Graz!) oder im Bundesrat oder in der Regierung, sondern sie beginnt ja schon im Kleinen, in den Kommunen. Ganz aktuell: Bei mir im Bezirk – wir sind ja hier die Länderkammer – fährt der Gemeindebundpräsident und Bürgermeister von Grafenwörth mit Umwidmungen (Bundesrätin Grossmann: Die Grazer Stadt-FPÖ!) von Grundstücken und Bauprojekten ganz zufällig einen Millionengewinn ein. Und er ist nicht der einzige ÖVPler in meinem Bezirk, wo das in den Kommunen so läuft, dass die Bürgermeister oder deren direkte Angehörige mit dieser Vorgehensweise ganz zufällig Millionen verdienen. Das ist ÖVP-Macheloikes, so weit das Auge reicht. Für meinen Bezirk kann ich sagen, dass es das in Michelhausen, in Judenau, Königstetten und so weiter gegeben hat, und das ist nur mein Bezirk, und das passiert natürlich alles immer ganz zufällig.
Und, liebe Grüne, weil ich es angekündigt habe, nun zu Ihrer Selbstgefälligkeit: Echte Verbrechen dieser Republik sind in den letzten Jahren während Corona passiert, und zwar Verbrechen an den Menschen. Natürlich gab es auch Korruption, und auch da wird es sicher noch Aufklärung geben, Stichwort Cofag, Covid-19-Finanzierungsagentur. Da waren Sie von den Grünen auch immer ganz vorne mit dabei. Auch das wird noch aufgearbeitet werden, und dann wird auch den Grünen das Lachen noch vergehen.
Was auch die Grünen betrifft, weil das Ihr Klientel ist, das Sie so gerne vertreten und auch verteidigen: Warum sitzt eigentlich Herr Teichtmeister beim Nobelitaliener in der Stadt und nicht in der Justizanstalt Wien Josefstadt? (Bundesrätin Kittl: ... absurd! – Zwischenruf der Bundesrätin Jagl.) 58 000 Kinderpornodateien und 100 Gramm Kokain sind anscheinend nicht genug. Diese Frage stelle ich auch Ihnen, Frau Justizminister: Wie kann es sein, dass so jemand wirklich noch nicht in Untersuchungshaft sitzt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nicht mindestens zwei der drei Gründe für eine Untersuchungshaft erfüllt sind. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn das Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz ernsthaft ausgearbeitet worden wäre, dann würden wir das gerne unterstützen. Aber einerseits ist das Gesetz selbst, so wie wir es gehört haben, schlecht gemacht. Es enthält viele unklare Gesetzesbegriffe und auch schwammige Definitionen: Wann ist es ein Wahlkampf? Wer ist bei einer wahlwerbenden Partei der tatsächlich Verantwortliche? Das kann ich mir dann aussuchen, je nachdem, wen ich gerade haben will. Wer definiert den aussichtsreichen Listenplatz? Da kann ich dann sagen: Okay, bei denen geht es noch bis Platz fünf und bei den anderen geht der aussichtsreiche Listenplatz bis Platz zehn, weil wir sie halt weniger wollen. – Auch da sind also der Willkür wieder Tür und Tor geöffnet.
Andererseits – und das ist der Grund, warum ich wirklich sauer bin – versuchen Sie mit diesem Gesetzentwurf, die Vorverurteilungen von Strache, die es gegeben hat, jetzt im Nachhinein zu rechtfertigen. Ich wiederhole es gerne: H.-C. Strache – elf Freisprüche. (Bundesrat Kornhäusl: Dann nehmts ihn wieder!)
Dieser Gesetzentwurf ist polemisch und allerhöchstens eine Rechtfertigung für die Unfähigkeit dieser Regierung. (Beifall bei der FPÖ.)
14.50
Präsidentin Mag.a Claudia Arpa: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Dr.in Andrea Eder-Gitschthaler. – Bitte.