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Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben letztes Jahr die Regierungsvorlage zum Maßnahmenvollzugs­anpassungs­gesetz beschlossen; sie wurde heute schon erwähnt. Ich bin davon überzeugt, dass das eine wichtige Reform, ein wichtiger erster Schritt war, weil in den letzten 50 Jahren im Maßnahmenvollzug einfach keine grundlegende Reform gelungen ist. Warum ist es nicht gelungen? – Bundesrat Spanring hat es schon gesagt: weil es nicht so einfach umzusetzen ist.

Es ist schwierig und es ist auch nicht gerade beliebt. Es geht ja um Personen, die psychisch krank und potenziell gefährlich sind. Ich halte es aber dennoch aus Sicht der Justiz und als Justizministerin für entscheidend, dass wir da einen Unterschied machen: Personen, die gefährlich und psychisch krank sind, sollen natürlich in den Maßnahmenvollzug kommen. Personen, die psychisch krank, aber nicht gefährlich sind, haben im Gefängnis nichts verloren.

Genau da müssen wir ansetzen, und genau da setzt auch diese Maßnah­men­vollzugsanpassungsreform an. Die Einweisungsvoraussetzungen sollen dahin gehend geändert werden, dass jene, die gefährlich sind, in den Maßnahmen­vollzug kommen und jene, die nicht gefährlich sind, im Idealfall in eine psychia­tri­sche Krankenanstalt kommen, in der sie auch behandelt werden. Ich glaube, das ist das Entscheidende.

Wir haben uns auch deswegen für die Reform – insbesondere dort, wo es die Jugendlichen betrifft – eine lange Übergangsfrist gegönnt, um zu schauen, wie wir mit den Menschen umgehen, insbesondere jenen, die damals Jugendliche waren, die keine Kapitalverbrechen begangen haben, die dann möglicherweise rauszulassen sind. Da haben wir gesagt: Okay, wir schauen in dieser Zeit, wo wir diese Menschen unterbringen können.

Wir haben aber leider gesehen, dass die Voraussetzungen außerhalb des Maßnahmenvollzugs nicht im erhofften Ausmaß vorlagen. Das betrifft insbesondere psychiatrische Versorgungen. Sie, Frau Bundesrätin (in Richtung Bundesrätin Gruber-Pruner), haben das ja schon gesagt: Die psychiatrischen Versorgungen müssen ausgebaut werden, insbesondere in den Ländern.

Wir haben aber auch gesehen, dass die Gesundheitseinrichtungen nicht damit zurechtkommen werden. Genau das ist der Grund, warum wir jetzt sagen: Dann gehen wir doch einen Schritt zurück! Wir belassen die Reform so, wie sie ist, denn die Einweisungsvoraussetzungen müssen geändert werden, aber für die Personen, die jetzt im Maßnahmenvollzug sind, übernehmen wir die Verantwortung, wir lassen sie – auch aufgrund des eingetretenen Hospitalisie­rungs­effekts – nicht sofort raus. Das geht nicht, das funktioniert einfach nicht, wenn wir die Nachfolgeeinrichtungen nicht haben.

Das ist genau der Grund, warum wir gesagt haben: Nein, es sollen dann Fall­konferenzen stattfinden und danach soll – basierend auf dieser Fallkonferenz – ein Gericht bemüht werden. Das soll in einer gerichtlichen Entscheidung entschieden werden – so, wie es üblicherweise der Fall ist –: Kann die Person bedingt entlassen werden oder nicht? Und sie kann nur dann bedingt entlassen werden, wenn sie nicht mehr gefährlich ist.

Das heißt, die üblichen Voraussetzungen haben wir für die Personen, die jetzt schon im Maßnahmenvollzug sind, auch eingehalten. Eingebaut haben wir die Fallkonferenzen – diese soll übrigens der Anstaltsleiter initiieren. Das heißt, der, der dem Insassen am nächsten steht, mit diesem zu tun hat, soll diese Fallkonferenz initiieren. Der Anstaltsleiter initiiert sie und zieht auch Personen zurate, die mit der Person – mit dem Untergebrachten – zu tun haben. Basierend auf diesen Ergebnissen geht es dann zum Gericht, dann wird ent­schie­den: Soll es zu einer bedingten Entlassung kommen oder nicht?

Warum bedingte Entlassung? – Weil es wichtig ist, dass wir darauf schauen, dass gewisse Auflagen, die vom Gericht kommen, auch erfüllt werden. Wenn jemand suchtkrank ist, muss er sich einer Behandlung auch außerhalb des Gefäng­nisses unterziehen. Ich halte das für einen wirklich wichtigen Schritt.

Ich glaube, dass wir mit diesem Initiativantrag, mit dieser Änderung im Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz einen richtigen und wichtigen Schritt gehen. Es darf aber nicht vergessen werden: Wir dürfen uns nicht ausruhen, denn der Maßnahmenvollzug ist mit dieser Änderung noch lange nicht dort, wo er sein soll. Es braucht natürlich das Gesetz für den Vollzug im Maßnahmen­vollzug. Daran arbeiten wir und das wird demnächst finalisiert werden. In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrätin Gruber-Pruner.)

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