17.00

Bundesrätin Simone Jagl (Grüne, Niederösterreich): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Autoentzug für Verkehrsrowdys: Besonderes Augenmerk legen wir im Ressort in Abstimmung mit der Polizei auf die Raserszene. Diese Autoposer machen unsere Stadt regelmäßig unsicher. Doch die derzeit möglichen Strafen sind nicht ausreichend. Ich habe mich diesbezüglich bereits an Verkehrsministerin Gewessler gewandt, um eine Gesetzesänderung zu erreichen. Wir müssen Verkehrsrowdys wie in anderen Ländern üblich das Auto abnehmen. Das hilft in der Szene am ehesten. (Bundesrat Spanring: Sollte man mit einigen Fahrradlfahrern in Wien auch machen, Frau Kollegin!) – Das ist aus einer Meldung vom September 2020, aber nicht von einem Grünen oder einer Grünen – nein! –, sondern das war eine Meldung von Landesrat Steinkellner aus Oberösterreich, aus eurer Fraktion. (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und ÖVP. – Oh-Rufe bei den Grünen.)

Das ist also erstens einmal noch nicht so lange her, dass man sagen könnte: Okay, in der Zwischenzeit hat sich so wahnsinnig viel geändert, dass ihr eure Meinung ändert!, und zweitens auch nicht gerade von irgendjemandem aus eurer Partei, Herr Kollege Bernard. Vielleicht könnt ihr euch einmal entscheiden, welche Meinung ihr dazu habt. Ihr habt euch aber offensichtlich eh entschieden, lieber die Gefährder davor zu schützen, dass ihnen Eigentum, ihre Waffe, abgenommen wird, als unschuldige Opfer zu schützen. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Die Opfer: Das ist eine 48-jährige Mutter, deren Auto letztes Jahr in Wien gegen eine Ampel geschleudert wurde und die in ihrem Fahrzeug buchstäblich zerquetscht wurde; das klingt grauenvoll, ist es auch. Das ist außerdem die 19-jährige Radfahrerin, deren lebloser Körper nach einem Zusammenprall mit einem Raser auf die Straße geschleudert wurde; das war in Berlin. Herr Bernard, weil Sie im Ausschuss gefragt haben, warum das Auto in Österreich auf einmal eine Waffe ist, wenn Leute in Deutschland quasi ohne Geschwindigkeitsbeschränkung fahren können: Es ist auch in Deutschland eine Waffe, wie man sieht, wenn in unpassenden Bereichen damit massiv zu schnell gefahren wird. (Bundesrat Spanring: Ja, bei einem Terroranschlag zum Beispiel!) – Ja, genau! (Bundesrat Spanring: Ja, genau!) Jetzt ist die Frage, Herr Bernard: Haben Sie Kinder? Ist es wirklich so schwer, sich zu überwinden, Menschen wie die eben beschriebenen zu schützen? (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Der Sohn der vorhin beschriebenen Mutter hätte vielleicht seine Mutter auch noch gerne eine Zeit lang gehabt. Die 19-jährige Frau hat vielleicht jüngere Geschwister gehabt, die jetzt um sie trauern.

Sie schützen wie gesagt lieber die Täter – und das sind Täter im eigentlichen Sinn des Wortes. Mit 110 oder mit 130 km/h, das muss man sich einmal vorstellen, im Ortsgebiet zu rasen ist kein Kavaliersdelikt! Das passiert nicht einfach so. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Weil Sie vorhin davon gesprochen haben, dass jeder einmal einen Fehler machen kann: Wie gesagt ist das eine Geschwindigkeit, die nicht einfach so passiert – und nur diese Leute werden von dieser Regelung erfasst.

Ich glaube, es ist uns allen hier klar – außer eben euch von der FPÖ –: Es gibt bereits relativ hohe Strafen, die nützen aber bei einer bestimmten Gruppe von Rasern offensichtlich nichts. Da hilft es nur, wenn ihnen eben die Waffe weggenommen wird oder ihnen untersagt wird, diese zu benutzen.

Ihr habt einfach eine andere Definition von Gefahr und Gefährlichkeit, wie es scheint. Das hat sich heute auch schon gezeigt, als Kollege Pröller das Wagniskapitalfondsgesetz als gefährlich bezeichnet hat. Das ist euer Begriff von Gefährlichkeit: Raser, die Leute umbringen: Nein, das passt schon!; aber das Wagniskapitalfondsgesetz ist gefährlich. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.) – Ja, es ist so!

Eigentlich könnte man es euch ja auch fast nachsehen, weil es bei euch schon fast ein Reflex ist: Sobald eine Maßnahme die Begriffe Auto oder Autofahrer in sich trägt oder damit zu tun hat, schreit ihr reflexartig von Freiheit und Ein­schränkung und Eingriff in Grundrechte und so weiter. – Ja, das ist die Freiheit, die ihr meint. Nein, zügellose Rücksichtslosigkeit ist keine Freiheit, sondern kopflose Gefährdung und nichts anderes. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)

Wenn ich schon einmal als eine der ersten Redner:innen zu einem Punkt zu Wort komme, möchte ich die Maßnahmen der Vollständigkeit halber und auch zur Einordnung noch genauer ausführen – Kollege Bernard hat es angeschnitten –: Das ist der dritte Teil des sogenannten Raserpakets gegen extremes Schnell­fahren und unbelehrbare Extremraser. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, dass zusätzlich zur Geldstrafe und zu führerscheinrechtlichen Konsequenzen auch die Fahrzeuge dieser unbelehrbaren Extremraser, bei denen sich gelindere Mittel als nicht ausreichend erwiesen haben, eingezogen, beschlagnahmt und für verfallen erklärt werden können.

Die führerschein- und kraftfahrrechtlichen Maßnahmen beinhalten auch noch ein Lenkverbot, wenn das Fahrzeug eben nicht dem Lenker gehört. Da war der Experte im Ausschuss relativ klar: Abgenommen kann das Fahrzeug nur werden, wenn der Lenker, die Lenkerin auch tatsächlich Besitzer, Besitzerin ist. (Zwischenruf des Bundesrates Bernard.)

Der Eingriff erfolgt innerorts bei Tempoüberschreitungen ab 80 km/h beziehungsweise 90 km/h außerorts. Das muss man sich einmal vorstellen: Das sind 110 km/h in einer Dreißigerzone. (Bundesrat Pröller: Den Führerschein wegnehmen und erledigt!) Wenn Sie also 100 km/h in der Dreißigerzone fahren wollen, dann passiert Ihnen eh nichts; und Sie können in der Innenstadt auch noch immer 120 km/h fahren, Ihr Fahrzeug aber behalten. (Bundesrat Himmer – erheitert –: Das kann ja jedem einmal passieren!) – Genau, das kann ja jedem passieren. (Heiterkeit der Rednerin.)

Die Mehrheit von uns findet, dass diese Maßnahmen sachlich gerechtfertigt, angemessen und verhältnismäßig sind, ich danke also für die trotzdem breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.07

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. – Bitte, Herr Bundesrat.