12.09
Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer:innen! Kurz einleitend, weil sich Kollege Bernard beschwert hat, es wurden keine Fragen im Ausschuss beantwortet, den ich leite: Das stimmt halt nicht. Es wurde gestern sogar dreimal gesagt: Das eine ist das Gesetz, um die Mauthöhen festzustellen, und etwas ganz anderes ist das Führerscheingesetz.
Im Führerscheingesetz wird geregelt, bis zu welchen Gewichtsklassen mit welcher Führerscheinkategorie gefahren werden kann. Das sind einfach zwei verschiedene Dinge. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Gut, also zum eigentlichen Thema: Wir haben heute den 8. November, es ist also schon sehr spät im Jahr, und die Gasspeicher in Österreich sind zu 99,8 Prozent gefüllt. De facto sind sie also knallvoll. Das, finde ich, ist schon beeindruckend und ein sehr deutlicher Beweis dafür, dass die Beschaffung im Sinne der Versorgungssicherheit sehr gut funktioniert. Das beeindruckte heute interessanterweise niemanden.
Ich erinnere aber daran, dass vor eineinhalb Jahren – es ist nicht so lange her – mannigfaltige Unkenrufe durch die Wälder geschallt sind: es würde nicht gelingen, diese Speicher zu befüllen, die Versorgung im kommenden Winter sei gefährdet und so weiter und so fort. Sie wissen, nichts dergleichen ist passiert. Das sei schon angemerkt. (Bundesrätin Schumann: ... ein milder Winter!)
Ein ganz wichtiger Grund hierfür sind zum Beispiel die eingeführten staatlichen Gasreserven im Ausmaß von 20 Terawattstunden. Das ist ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass der Verbrauch 90 bis 95 Terawattstunden beträgt. Das ist eben ein ganz, ganz wichtiges Polster für Krisen, für akute Krisen. Deswegen ist es auch sehr wichtig und richtig, dass eine Maßnahme, die wir heute beschließen werden, darin besteht, die Gasreserven um zwei weitere Winter bis ins Frühjahr 2026 hinaus zu verlängern. Das erhöht die Versorgungssicherheit, die Krisensicherheit und – wichtig! – es reduziert die Kosten, denn dadurch wird es ermöglicht, die Gasbeschaffung flexibler zu gestalten.
Sollte die Reserve dann irgendwann nicht benötigt werden, kann man das Gas natürlich verwenden, man kann es verkaufen und kann die Einnahmen dann nutzen. Wie damit umgegangen wird, ist übrigens im Hauptausschuss des Nationalrates zustimmungspflichtig. Auch das, denke ich, ist eine wichtige Sache im Sinne der Demokratie.
Ich finde schon, was man jetzt in Österreich wirklich feststellen kann, ist, dass das Krisenmanagement betreffend Gasversorgungssicherheit wirklich gut funktioniert hat. Es hat in Österreich keine Engpässe gegeben. Es war kritisch, das ist gar keine Frage, aber es hat funktioniert. Sehr gut funktioniert haben übrigens auch – das habe ich schon oft gesagt – alle sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen, um die hohen Kosten, die es tatsächlich gegeben hat, abzufangen. (Bundesrätin Schumann: Genau, deshalb haben wir so eine niedrige Inflation gehabt!)
Wir behandeln heute – die Frau Ministerin hat es auch am Vormittag gesagt – die, ich glaube, bereits fünfte Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes. Ich denke, das zeigt schon die Schnelligkeit und die Intensität der Aktivitäten zum Thema Versorgungssicherheit. Ich lasse mir es jetzt nicht nehmen, kurz stichwortartig einige der wichtigsten beschlossenen Maßnahmen zu skizzieren, denn man vergisst ja sehr schnell, was alles gemacht worden ist. Ich erinnere an die große Aufregung, die immer da war, und möchte zeigen, was alles gemacht worden ist.
Neben den Speichern – das haben wir schon gesagt – ist die Take-it-or-lose-it-Bestimmung sehr wichtig. Es war so, dass vor allem Gazprom riesige Speicherkapazitäten in Österreich gebucht – übrigens schon 2021, Russland hat schon den Krieg vorbereitet – und nicht befüllt hat. Wir haben ein Gesetz erlassen: Wenn das jemand macht, dann wird quasi das Recht entzogen und jemandem anderen gegeben. Das war überhaupt die Voraussetzung, um Speicher befüllen zu können und das nicht von Gazprom blockieren zu lassen.
Wir haben ein Gasdiversifizierungsgesetz beschlossen, das einen wesentlichen Förderungsrahmen für den Umstieg auf andere Lieferoptionen, auf andere Energieträger definiert, weil die teurer waren. Wir haben festgelegt, dass Speicherunternehmen zertifiziert werden müssen. Das ist wichtig, um die Einspeicherung im Sinne der Versorgungssicherheit sicherzustellen, denn Eigentümerinteressen könnten ja – im Sinne von Preisetreiben und so weiter – woanders liegen. Dem wurde ein Riegel vorgeschoben.
Wir binden – das wurde heute schon mehrfach gesagt – die Speicher an die Netze, in die oberste Netzebene ein, um das Speichervolumen in Österreich gut und breit verteilen zu können. Wir haben die Fernwärmekunden als geschützte Kunden definiert, das ist vor allem für Wien und für andere große Städte mit Gaskraftwerken, Gas-KWK-Anlagen ganz wichtig. Diese Mengen wandern damit ja automatisch für die Wärmeversorgung in den geschützten Bereich und es muss mehr Gas sichergestellt werden. Also das waren schon sehr wichtige Maßnahmen.
Doch wieder zurück zu den Verbesserungen in dieser Novelle: Neben der Verlängerung der staatlichen Reserve wird die Einspeicherungspflicht für Gasversorger und auch Gaskraftwerksbetreiber ausgedehnt. Sie müssen nun über das Winterhalbjahr gerechnet, also in der Phase hohen Bedarfs, 45 Tage vorhalten. Das reduziert sich – wie wir vorher gehört haben – auf 30 Tage, wenn kein russisches Gas bezogen wird. Das soll zum Umstieg auf andere Lieferanten motivieren und ist selbstverständlich eine Maßnahme zur Versorgungssicherheit, Herr Kollege Bernard. Dass Diversifizierung die Versorgungssicherheit erhöht, ist ja wohl ganz klar. Es geht um die Lieferländer. Sie verwechseln da etwas. Sie haben die Ukraine angesprochen. Die Ukraine ist kein Lieferland. Das ist ein Transitland, da kommt das Gas ja nicht her. Also bitte genau aufpassen, bevor man sich aufregt!
Diese Diversifizierung ist ja einer der Hauptpunkte, denn es geht ja darum, aus der über viele Jahre selbstverschuldeten einseitigen Abhängigkeit von russischem Gas rauszukommen. Das haben nun hoffentlich alle bis auf die FPÖ verstanden, die ja gerade vorhin wieder bewiesen hat, dass sie es nicht verstanden hat. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Das ist ein Sicherheitsrisiko, das ist auch ein sozialpolitisches Risiko, denn solche Versorgungsengpässe führen zu hohen Preisen und können sozialpolitische Verwerfungen und wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich bringen. Also auch dagegen wehren Sie sich offenbar.
Offenbar muss man hier auch noch einmal sagen, dass die Einnahmen aus dem Gasexport für Putin natürlich eine wichtige Finanzierungsquelle für seinen brutalen imperialistischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der ja an Grausamkeit noch einmal furchtbar zugelegt hat, sind.
Der zweite Schwerpunkt der Novellen des GWG und des ElWOG ist die massive Ausweitung im Konsumentenschutz betreffend Preistransparenz und Preisinformation. Gasversorger sind künftig verpflichtet, ihre Preisinformationen, ihre Produktinformationen umgehend in den Tarifkalkulator der Energie-Control, das ist die Regulierungsbehörde, die auch darauf schaut, einzumelden. Das ist natürlich ganz wichtig. Diese Daten sind dann quasi gesichert, geprüft und jeder Mann, jede Frau kann dort hineinschauen.
Wenn Sie noch nicht in den Tarifkalkulator geschaut haben – das wäre vor allem auch an die Kundinnen und Kunden adressiert –, tun Sie das bitte! Ich mache das immer wieder, übrigens auch wieder zur Vorbereitung für heute. Es ist wirklich beeindruckend, erstens wie gut er ist und zweitens welche Preisunterschiede es gibt. Geben Sie einmal Ihre Postleitzahl ein und schauen Sie sich das dann an! Das sind Zighunderte Euro für ein- und dieselbe Dienstleistung, wirklich viel Geld, das man einsparen kann. Mit einem Klick haben Sie die Informationen vor sich, Sie können vergleichen und Sie können sogar anklicken und den Anbieter sofort wechseln. Also das ist schon ein großartiges Instrument.
Zudem müssen Kund:innen – das ist ja auch wirklich neu und das ist schon erstaunlich, dass das gelungen ist – einmal jährlich von ihren Versorgern informiert werden, dass sie wechseln könnten. Sie könnten zu günstigeren Anbietern wechseln. Sie können sich vorstellen, wie sich die gefreut haben, dass so etwas eingeführt wird. Und sie müssen sogar noch mehr tun: Sie müssen Kunden informieren, wenn es in der gleichen Kategorie, also zum Beispiel für Haushalte, ein Produkt gibt, das günstiger ist als das, das sie jetzt haben. Sie müssen ihre Kunden darüber informieren. Also das ist, ganz ehrlich, schon cool. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Übergewinn ... Kleinigkeit ... alle freuen!) Also wo sonst gibt es bitte solche verbindlichen Transparenz- und Informationspflichten?
Zum Schluss das Wichtigste noch einmal: Raus aus der Abhängigkeit von Gas und Öl, indem wir die Energieversorgung schnellstens auf erneuerbare Energieträger umstellen – das ist die Herausforderung. Das Ziel ist, keinen Kubikmeter Gas, keinen Liter Öl mehr zu verbrennen. Das schafft Sicherheit, das hält die Preise stabil und es ist ein entscheidender Beitrag zur Überwindung der größten und bedrohlichsten Herausforderung, die wir haben: der Klimakrise.
Es ist unsere Verantwortung, den nächsten Generationen einen zumindest einigermaßen intakten Planeten zu hinterlassen. Vergessen wir niemals diese Hintergründe! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
12.19
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Alexandra Platzer. – Bitte schön.