13.08
Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz: Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der zweiten Kammer, der Länderkammer! Die allgemeinen Daten sind genannt worden. Ich möchte in erster Linie auf meinen Geschäftsbereich, der ein sehr vielfältiger ist, ein bisschen näher eingehen.
Es gibt bei uns auch einen – unter Anführungszeichen – „Massenträger“, nämlich das Thema Auszahlung des Klimabonus. Natürlich muss man alles, wie generell die Beschwerden zu Verwaltungstätigkeiten, für ganz Österreich darstellen. Wir sind diesbezüglich auch in Gesprächen mit den Beamten des Klimaministeriums, und diese vertreten den Standpunkt: Das ist eine Aktion, bei der 8,3 Millionen Menschen bezugsberechtigt sind – was sind da in der Relation die im Berichtszeitraum 500 respektive bei Drucklegung 750 und aktuell über 1 600 Beschwerdefälle von Menschen, die seit 2022 ihren Klimabonus nicht bekommen haben, bei der Volksanwaltschaft?
Das kann man eben so oder anders sehen. Wir als Volksanwaltschaft sind eine Institution, die ihr Augenmerk insbesondere auf das Schicksal des Einzelnen richtet, und da erlebt man teilweise sehr abenteuerliche Dinge. Da hat eine Frau den Klimabonus zweimal überwiesen bekommen, ruft bei der Hotline an, sagt: Ich würde das gerne zurückzahlen!, und erhält die telefonische Auskunft: Das ist nicht vorgesehen! Freuen Sie sich! – Dann beschwert sich die Mutter der Glücklichen, weil sie keinen Klimabonus bekommen hat. Darauf sagt das Ministerium: Ah, das haben wir irrtümlicherweise der Tochter – die den gleichen Namen hat; das soll in Familien ja vorkommen – überwiesen! Wissen Sie was, liebe Frau? Machen Sie das mit Ihrer Tochter aus! – Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, was wir uns unter korrektem Verwaltungshandeln nicht vorstellen. (Heiterkeit bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Es reißt momentan auch nicht ab, die Beschwerden kommen nahezu jeden Tag. Bei einer Gesamtzahl von rund 24 000 Beschwerden sind 1 600 Beschwerden alleine in meinem Geschäftsbereich, auf zwei Jahre aufgeteilt, wenn ich dieses Jahr bereits als voll rechne, durchaus ein beträchtlicher Anteil.
Ähnlich verhält es sich im Bereich des Innenministeriums, des Vollzugs des Fremden- und Asylwesens. Da ist natürlich die Magistratsabteilung 35 ein Dauerbrenner, die in den letzten Jahren, auch aufgerüttelt durch Berichte der Volksanwaltschaft, äußerst bemüht ist, aufzuholen. Es kann aber noch immer nicht gelingen, die Beschwerdeflut ist eine, die nicht abreißt – noch dazu hat ja der Gesetzgeber aufgrund der Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft, der erleichterten Staatsbürgerschaft für Opfer des Nationalsozialismus beziehungsweise deren Nachkommen, eine Generalzuständigkeit der MA 35 ohne entsprechende personelle Vorsorge beschlossen. Die MA 35 hat innerhalb eines Jahres auf einmal 20 000 Akten einfach so auf den Tisch bekommen, ohne wirklich zusätzliches Personal zu erhalten. Wir anerkennen die Bemühungen, sehen aber auf der anderen Seite, dass es Verfahren gibt, im Rahmen derer Menschen ein, zwei, drei, vier Jahre auf die Abwicklung eines rechtsstaatlichen Verfahrens warten.
Da kommt natürlich auch ein psychologischer Aspekt dazu, dass in Österreich sogar für Personen, die noch nicht so lange in Österreich sind, irgendwie die Meinung vorherrscht: Lieber nicht aufregen, lieber untertan sein, denn ich kriege ja nur eine befristete Aufenthaltsbewilligung; wer weiß, was mich die dann, wenn ich einen schwarzen Punkt habe, weil ich halt aufgemuckt habe, bei der Verlängerung vielleicht anschauen lassen, also lieber einmal nicht aufregen! – Ich glaube, an dieser Mentalität sollte und könnte man in einem Rechtsstaat unter Umständen auch arbeiten. Das beginnt vielleicht schon in der Schule.
Kollege Achitz hat es ja bereits angesprochen: Ja, die Volksanwaltschaft ist ein Haus der Menschenrechte, und im Innenressort werden auch Polizeiinspektionen oder andere Orte, wo seitens der Polizei Anhaltungen – also ein Entzug der Freiheit, wenn auch nur für kurze Zeit in Relation zu einer justiziellen Strafe – erfolgen, angesehen, und es wird geschaut, ob bei einer Inhaftierung auch Menschenrechtsverletzungen entweder schon tatsächlich stattgefunden haben oder stattfinden könnten.
Da gibt es auch Dinge, die auf der einen Seite mit der baulichen Ausstattung dieser Polizeiinspektionen, Anhaltezentren, was auch immer zu tun haben, weil dafür oft die Budgetmittel nicht rasch genug ausreichend vorhanden sind.
Trotzdem treibt das aber kleine Blüten, zum Beispiel dass in einer Zelle, in einem Haftraum die Toilette nicht vom Insassen betätigt werden kann, sondern er muss nachher einen der Polizisten rufen, der dann von außen die Spülung betätigt. Das sind natürlich Blüten, aber was ich sagen möchte, ist: In der Volksanwaltschaft erleben wir schon Dinge, angesichts derer ich mir als durchaus erfahrener Jurist – auch in meinem Zivilberuf – dann oft denke: Es gibt doch Dinge, von denen man nicht glaubt, dass es sie gibt!
Auf der anderen Seite möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, dass die Polizistinnen und Polizisten insgesamt, was menschenrechtliche Beurteilungen betrifft – das berichten die Opcat-Kommissionen, die wir dort hinschicken –, einen freundlichen, kompetenten, beflissenen, aufgeschlossenen und tadellosen Umgang pflegen.
Das war nicht von Beginn an so. Also auch da sieht man, dass die Volksanwaltschaft, insbesondere was das Opcat-Mandat betrifft, auf fruchtbaren Boden stößt, nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil die Volksanwaltschaft im Rahmen der Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten in den Polizeischulen auch Module mit entsprechenden Vorträgen hält, dass das Partner sind.
Es gibt immer mehr lobende Worte seitens der Kommission, die wir dann natürlich auch dem Innenministerium berichten, wobei wir auch namentlich sagen, besonders Herr Abteilungsinspektor Sowieso, Frau Bezirksinspektorin Sowieso hat dieses und jenes auch mit viel Eigeninitiative gemacht, sodass das auch beim Bundesminister, der unser Ansprechpartner ist, auf fruchtbaren Boden fällt.
Aus den einzelnen Fällen der nachprüfenden Kontrolle möchte ich zwei Punkte herausgreifen – Sie lesen es auf Seite 116 und folgende –, in denen es um die Frage der Polizei geht. In Fällen von Lärmbelästigung oder Ruhestörung ergibt es zum Beispiel relativ wenig Sinn, dass die Polizeistreife, wenn jemand anruft und sagt: Es ist grad laut bei uns auf der Straße!, erst nach 60 Minuten anrückt und sagt, sie konnte keine Lärmerregung mehr feststellen. Das bringt unter Umständen eine gewisse Frustration für den Bürger mit sich, der dann sagt: Jetzt rege ich mich erst gar nicht mehr auf!, und sich dann vielleicht zurückzieht.
Ein Fall ist aber gerade in Zeiten wie diesen ein besonders sensibler, nämlich die Fehleinschätzung eines Notrufes: Eine Frau ruft an und sagt, sie wird von ihrem Ehemann – da gab es ein Betretungsverbot und so weiter – in ihrer Wohnung mit dem Messer attackiert. Nachdem der einschreitende Beamte am Notruftelefon Schreien und auch Lachen im Hintergrund gehört hat, hat er gesagt: Das ist ein Scherzanruf, das behandle ich nicht weiter! – Ein Anwesender hat dann noch einen zweiten Notruf abgesetzt und die Situation dann geklärt, und die Frau, die bereits lebensgefährliche Messerverletzungen gehabt hat, konnte gerettet werden.
Es hat selbstverständlich disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen diesen einen Beamten gegeben, die wir nicht kennen, von denen wir nichts wissen. Es geht uns wie überhaupt bei all unseren Darstellungen auch nicht um den einzelnen Beamten, so wie Kollege Achitz gesagt hat: Es geht beim Pflegepersonal nicht um den Einzelnen, es geht nicht um den einzelnen Polizisten, darum, dass jemand an den Pranger gestellt wird, sondern uns geht es ums Aufzeigen und Verbessern.
Ein anderer Fall, auf Seite 201 ganz unten: Es geht um eine landwirtschaftliche Förderung, eine Investitionsförderung. Da gibt es Förderrichtlinien, übrigens in verschiedensten Bereichen, auch bei der Fotovoltaik: Man darf nicht beginnen, bevor die Förderzusage am Tisch liegt. In diesem Fall hat der Landwirt einen Antrag eingereicht, aufgrund von Kostenvorschlägen und, und, und. Dann legt er alle Unterlagen vor und die Auftragsvergabe ist dann laut Meinung des Ministeriums – letztlich bereits im Instanzenweg – einen Tag vor Einreichung erfolgt. Daher wurde die zugesagte Investition gestrichen.
Tatsächlich hat nur die Firma eine Auftragsbestätigung mit diesem Datum erstellt, denn natürlich: Wenn man etwas baut, fragt man nicht zuerst im Ministerium nach, sondern man muss zuerst einmal mit der Firma reden: Könnt ihr das? Macht ihr das? Wie viel kostet das?, und so weiter. Die Firma hat in einem gewissen Übereifer diese Aufstellung schon einen Tag vorher gemacht. Tatsächlich ist das Dokument dann ein paar Tage später übermittelt worden, ist dann vom Antragswerber unterschrieben worden, das heißt, zivilrechtlich überhaupt gültig gemacht worden. Aufgrund unserer Intervention hat dann das Ministerium – das ist jetzt das Positive dabei – den Fall neu aufgerollt und konnte feststellen, dass die ursprüngliche Nichtvergabe rechtswidrig war, und der Landwirt freut sich, dass er die Förderung bekommen hat.
Das sind jetzt nur ein paar kleine Punkte. Ich hoffe, Sie als Gesetzgeber werden entsprechend ihre Schlüsse ziehen. Ich darf mich bedanken und ich werde das auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergeben, die mit einer sehr hohen Expertise arbeiten. Ich sage es immer gerne dazu: Ich glaube, manches Ministerium wäre froh, einen von unseren Mitarbeitern als Experten in einem Kabinett oder sonst wo in einer Abteilung zu haben, nur: Bei uns sind die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsklima so gut, dass niemand weggehen möchte. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Heiterkeit bei der FPÖ.)
13.19
Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Eine weitere Stellungnahme liegt von Frau Volksanwältin Gabriela Schwarz vor. – Bitte schön.