20.14
Bundesrätin Viktoria Hutter (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich ist ein Waldland: Knapp die Hälfte der österreichischen Staatsfläche ist mit Wald bedeckt, und die Forstwirtschaft ist mit ihrer nachgelagerten holzverarbeitenden Industrie der zweitgrößte Wirtschaftsfaktor in Österreich. Rund 300 000 Menschen sind in diesem Sektor beschäftigt.
Neben dem bemerkenswerten wirtschaftlichen Faktor, der im Forstgesetz unter Nutzwirkung verankert ist, hat der Wald noch viele weitere Aufgaben zu erfüllen, die wir oftmals – wir haben es gerade vorhin auch gehört – als gegeben hinnehmen und unterschätzen.
Ich finde es sehr schade, Frau Kollegin Arpa, dass die Funktionen des Waldes und die Aufgaben des Waldes generell so wenig wertgeschätzt und nicht wahrgenommen werden. (Bundesrätin Schumann: Das hat sie ja nicht gesagt! Also geh!)
Jedoch leisten diese wie gesagt einen wesentlichen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft. Der Wald ist ein Ruhepol, ein Ort, an dem man Kraft tanken kann, an dem man sich erholen kann – die Erholungswirkung des Waldes. Er filtert frisches Trinkwasser, ist Lieferant für Sauerstoff, bindet obendrein noch CO2 aus der Atmosphäre und speichert nachhaltig Kohlenstoff im Holz, je nach Verwendung nachhaltig und langfristig – die Wohlfahrtswirkung.
Daher möchte ich auch hier an dieser Stelle noch einmal klar Folgendes zum Ausdruck bringen: Nur ein nachhaltig bewirtschafteter Wald ist uns auch eine Stütze im Kampf gegen den Klimawandel, denn nur wenn wir so viel Holz wie möglich langfristig in Dachstühlen, Häusern, Möbeln oder wo auch immer verbauen, ist auch der Kohlenstoff nachhaltig langfristig gebunden.
Noch deutlicher gesagt: Wenn wir die Wälder außer Nutzung stellen und das Holz nicht nutzen, es im Wald verrottet, ist der Wald im besten Fall klimaneutral. Da sehe ich Forderungen, die immer wieder aufkommen, wenn man mit den Menschen diskutiert, nach einer monetären Abgeltung der CO2-Bindung unserer Wälder sehr kritisch, denn eines ist auch ganz klar: Immer dann, wenn Nadeln, Äste, Stämme, Wurzeln, Stöcke verrotten, wird Kohlenstoff freigesetzt. Das könnte dann aber auch bedeuten, dass ich als Waldbesitzerin dafür zahlen muss, wenn wieder Kohlenstoff freigesetzt wird. Das finde ich nicht gut.
Noch schlimmer ist es, wenn die Wälder total ausgeräumt werden: Kein Ast bleibt im Wald zurück, es kommt zur Nährstoffverarmung und in der Folge zu versauerten Böden, kaum Wachstum und letztendlich Humusabbau. Das kann also auch nicht unser Wunsch sein.
Das führt mich auch schon zur letzten im Forstgesetz verankerten Funktion, der Schutzwirkung. Wenn man von der Schutzfunktion des Waldes spricht, denken die meisten Menschen an Berge und die dort vorherrschende Gefahr von Lawinen. Wir kämpfen aber auch mit anderen Elementargefahren und schädlichen Umwelteinflüssen, wie Überschwemmungen und Winderosion. Gerade im Osten Niederösterreichs sind der Wind und die Winderosion ein Thema. Agroforstsysteme und die landwirtschaftliche Nutzung von Mehrnutzungshecken können da Abhilfe schaffen. Daher ist die Erleichterung der Anlage solcher Hecken auch in Hinblick auf Biodiversität ein Meilenstein in dieser Novellierung des Forstgesetzes.
Ich selbst komme aus dem Waldviertel, aus dem Bezirk Waidhofen an der Thaya. Gemeinsam mit den Bezirken Krems und Horn sind wir in den letzten Jahren leider zum Borkenkäferhotspot geworden. Alleine im Waldviertel wurden 13 000 Hektar Wald vernichtet. Wir spüren aktuell am eigenen Leib, was es heißt, wenn der Wald fehlt: Ganze Streifen in der Landschaft sind kahl, und genau in diesen Gebieten kommt es vermehrt zu kleinräumigen Überschwemmungen. Die kahlen Hänge können den Regen, der jetzt meist innerhalb von kürzester Zeit in Starkregenereignissen fällt, nicht mehr so gut aufnehmen wie früher. Die Menschen merken einfach, dass Kleinklima ist ein anderes, die kühlende Wirkung des Waldes fehlt. Die Hänge und Kahlflächen trocknen in der Sonne aus, und so wird es immer schwerer, Wälder wieder aufzuforsten.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an dich, lieber Herr Bundesminister, für die Verlängerung und Aufstockung des Waldfonds für die nächsten zwei Jahre. Es ist wirklich eine Hilfe, die direkt bei den Waldbesitzern draußen ankommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesrät:innen der Grünen.)
Aufforsten und den Wald in den ersten Jahrzehnten pflegen, kostet Geld. Das kostet die Waldbesitzer richtig viel Geld. Der Waldfonds ist da eine unverzichtbare Unterstützung, trägt natürlich auch maßgeblich zur Aufforstung klimafitter Mischwälder bei und hilft somit letztendlich nicht nur den Waldbesitzenden, sondern der gesamten Gesellschaft.
Die erleichterte Anpassung des Baumartenkatalogs ist ebenso ein wichtiger Schritt, denn wir müssen uns heute schon überlegen, welche Baumarten in 50 bis 100 Jahren das kommende Klima vertragen und auch bestmöglichen nutzen können, um die im Forstgesetz verankerten Funktionen und Aufgaben des Waldes erfüllen zu können.
Im Wald müssen wir langfristig denken, denn die Umwandlung geht nicht von heute auf morgen – das dauert Generationen.
Auch im Hinblick auf die sich rasch ändernde Zukunft ist die Senkung des Hiebsunreifealters der Fichte von 60 auf 50 Jahre ein wichtiger Schritt, denn so können Fichtenforste etwas schneller in klimafitte, zukunftsfähige, enkeltaugliche Mischwälder umgewandelt werden.
Dürre, Trockenheit, Hitzetage – das alles macht dem Wald zu schaffen und führt auch zu erhöhter Waldbrandgefahr und schlussendlich zu mehr Waldbränden. Diese stellen die Feuerwehren vor große Herausforderungen. Ein bundesweit einheitliches System von Pauschaltarifen und eine einfache Abwicklung sollen hier rasch und möglichst unbürokratisch Abhilfe schaffen.
Herzlichen Dank dafür und auch ein Dankeschön an unsere freiwilligen Feuerwehren in ganz Österreich, die immer wieder zur Stelle sind, wenn wir sie brauchen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Also noch einmal kurz zusammengefasst: Mit der Anpassung des Forstgesetzes an Klima und Klimawandel – unter anderem mit der Senkung des Hiebsunreifealters der Fichte von 60 auf 50 Jahre, mit der Erweiterung des Baumartenkatalogs, mit der Verankerung der Wohlfahrtswirkung des Waldes hinsichtlich Kohlenstoffaufnahme und -speicherung, mit der pauschalen Abgeltung von Waldbrandbekämpfungsmaßnahmen, mit der landwirtschaftlichen Nutzung von Mehrnutzungshecken und Agroforstflächen und mit den Maßnahmen aus dem Waldfonds – stellen wir sicher, dass wir in Zukunft einen klimafitten und enkeltauglichen Wald haben werden, dass die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze im Land gehalten werden können und dass wir auch in Zukunft Österreich als Waldland bezeichnen dürfen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
20.21
Vizepräsidentin Margit Göll: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte.