20.21
Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Minister! Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und vor den Bildschirmen! Bevor ich zur vorliegenden Gesetzesänderung komme, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken, bedanken bei allen Landwirten und Förstern in ganz Österreich, auch bei den vielen kleinbäuerlichen Betrieben für ihre Arbeit in den Wäldern. (Beifall bei der FPÖ und bei Bundesrät:innen der ÖVP.)
Die Anpassung des Forstgesetzes ist schon längst überfällig gewesen, es hätte schon vor Jahren eine dringende Änderung des Forstgesetzes benötigt. Die wunderbare Kulturlandschaft Wald verdanken wir größtenteils den 140 000 Familienbetrieben in Österreich, die 82 Prozent der Waldfläche bewirtschaften. Der restliche Wald, 18 Prozent, wird von öffentlichen Institutionen, Gemeinden und Bundesforsten, bewirtschaftet.
Erst jetzt im Zuge der gesamten sogenannten Klimahysterie bekommt der Wald endlich vollste Aufmerksamkeit. Unser Wald ist ein wahrhaftiger Naturschatz und ein Kulturgut, er gehört geschützt und bestmöglich bewirtschaftet, denn nur so kann CO2 gespeichert werden.
Unser Forstgesetz ist eines der strengsten Forstgesetze weltweit. Nur hat man im Forstgesetz völlig auf die Menschen vergessen, die den Wald tagtäglich bewirtschaften und somit einen großen Anteil zu der von Ihnen, von der Regierung als vorbildlichst gelobten CO2-Bilanz beitragen. Leider wird die wertvolle Arbeit der Land- und Forstwirtschaft noch immer mit keinem Euro abgegolten.
Die FPÖ war schon 2020 der ÖVP hinsichtlich der Sorgen und Probleme der Land- und Forstwirtschaft voraus. Im Jänner 2020 wurde von der FPÖ im Nationalrat ein Antrag zur Änderung der Holzgewächsliste im Forstgesetz eingebracht. Die Änderung beziehungsweise die Anpassung des Baumartenkatalogs wäre schon damals eine dringende Notwendigkeit gewesen. Es waren die Regierungsparteien, die mehrmals diesen freiheitlichen Antrag im Nationalrat vertagt haben – und so verstrichen drei Jahre politischer Untätigkeit der ÖVP auf Kosten der Land- und Forstwirtschaft.
Windwurf, Borkenkäfer und andere Schädlinge – das haben wir heute schon gehört – setzen dem Wald zu, aber auch der massive Preisverfall gehört zu den Herausforderungen für unsere Forstwirtschaft. Wir müssen für die Land- und Forstwirte die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit sie sich den geänderten Bedingungen anpassen können beziehungsweise dürfen.
Positiv zu bewerten ist, dass neben der Erweiterung der Baumartenliste jetzt auch die rasche und unbürokratische Abgeltung der Waldbrandbekämpfungskosten für die Feuerwehren durch den Bund ermöglicht wird.
Wie so oft haben die sogenannten Experten von ÖVP und Grünen wieder etwas Wichtiges vergessen. Wir Freiheitlichen sind der Meinung, dass man sich bei dieser Gesetzesänderung auch gleich dem Altlastensanierungsgesetz hätte widmen müssen, um die Gemeinden, die Grundbesitzer im Falle von Umweltkatastrophen wie Erdrutschen, Muren- und Lawinenabgängen von der Abgaben- und Auflagenpflicht für natürliche, in der Natur vorkommende Materialien wie Gestein, Erdreich und Wurzeln mit deren Bäumen zu befreien.
Das ALSAG sieht vor, dass diese Naturmaterialien kostenpflichtig, je nach Belastung des Materials zwischen 9,20 Euro und 29,80 Euro pro Tonne, entsorgt werden müssen. Das Gesetz sieht für Naturereignisse beziehungsweise Naturkatastrophen zwar Ausnahmen vor, jedoch unter Bedingungen wie zum Beispiel der Dokumentationspflicht und der Durchführung chemischer Untersuchungen, bevor die Geröll- und Geschiebemassen überhaupt auf eine Deponie gebracht werden können. Es ist absurd, dass Naturmaterialien als Abfall eingestuft und behandelt werden und zu 100 Prozent abgabenpflichtig sind. Es ist eine Zumutung für die Betroffenen, als Privatperson diese Kosten tragen zu müssen. Auch die Gemeinden gehören vom Bund hinsichtlich dieser Kosten entlastet.
Der Entschließungsantrag im Nationalrat betreffend „ausnahmslose Befreiung von jeglichen Abgaben – insbesondere Altlastensanierungsbeitrag – bei Unwetter- oder Katastrophenereignissen“ wurde von der Regierung abgelehnt.
Ein weiterer Punkt, der völlig stillschweigend unter den Teppich gekehrt wird, ist der Wildschadensbericht 2022, aber das ist ja auch verständlich: Einen Bericht, der seit Jahren den katastrophalen Zustand beim Verhältnis Wald–Wild aufzeigt und das eigene Versagen dokumentiert, will man natürlich vonseiten der Regierung nicht gerne breiter diskutieren.
Naturverjüngung ist in den meisten Wäldern nicht mehr möglich. Die Ergebnisse der österreichischen Waldinventur 2017 bis 2022 zeigen im Vergleich zur Vorperiode 2007 bis 2009 eine deutliche Verschlechterung der Schadenssituation durch Wildverbiss, wobei im Wirtschaftswald die Schälschäden im Vergleich zum Schutzwald rückläufig sind. Den Schutzwäldern muss in Zukunft größere Aufmerksamkeit bezüglich Verjüngung und Wiederaufforstung geschenkt werden.
Um wirtschaftlichen und ökologischen Schäden vorzubeugen, müssen nach unserem freiheitlichen Verständnis in Zukunft noch mehr Anstrengungen unternommen werden, um bundesweit ausgeglichene Wald-Wild-Verhältnisse herzustellen. Von den 1,37 Millionen Hektar verjüngungsnotwendiger Fläche weisen 40 Prozent, das sind 550 000 Hektar, Wildschäden auf. Davon entfallen 113 000 Hektar auf den so wichtigen Schutzwald.
Da der Bericht im Nationalratsausschuss enderledigt wurde und diesem somit im Forstgesetz keine weitere Bedeutung zukommt, wird sich leider auch im nächsten Wildschadensbericht keine Verbesserung zeigen.
Nun gut, der Anfang ist gemacht, und wir werden dieser Änderung des Forstgesetzes zustimmen. Es wird aber trotzdem wichtig sein, dass die zukünftige Regierung die Blockiererpartei ÖVP davon überzeugt, dass da möglichst zeitnah nachgebessert werden muss.
Nun noch zum Einkommensbericht für Betriebe der Landwirtschaft, dem sogenannten Grünen Bericht 2022. Da gibt es Jubelmeldungen von den Schwarzen, während ein Betrieb nach dem anderen vor die Hunde geht. Ein tatsächliches Plus von Einkommen auf den Bauernhöfen – ja, schön wäre es! Die landwirtschaftlichen Betriebe stehen bei dem Einkommensniveau von 2011. Gerade das macht das Versagen der ÖVP-Agrarpolitik sichtbar. (Beifall bei der FPÖ.)
Es wird erstens nicht berücksichtigt, dass wir eine hohe Inflation haben und damit das reale Plus deutlich niedriger ist. Laut Bericht liegt das durchschnittliche Betriebseinkommen bei 45 757 Euro. Es wäre schön, wenn das für eine Person wäre, aber im Normalfall leben und arbeiten am Bauernhof mehrere Personen mit. Im Grünen Bericht lesen wir, dass im Durchschnitt 2,7 Personen mitarbeiten. Da schaut die Rechnung natürlich anders aus: Wenn man die 45 757 Euro durch 2,7 dividiert, dann kommen 16 947 Euro pro Person raus, und davon müssen auch noch die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden.
Die schwarzen Interessenvertreter verraten und verkaufen leider die heimische Landwirtschaft wie so oft in Brüssel. Die Situation wird immer wieder schöngeredet, das hilft aber keinem einzigen Bauern. Das Bauernsterben geht weiter; die Zahlen wurden ja heute auch schon von anderen genannt. Bauernsterben im wahrsten Sinne des Wortes: Nicht nur die Höfe sterben, sondern auch die Selbstmordrate bei den Landwirten ist eine der höchsten aller Berufsgruppen.
Die Anzahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe – das ist vorhin schon erwähnt worden – lag laut Grünem Bericht 2022 bei 107 690. Das sind 791 Betriebe, die in einem Jahr zugesperrt haben. Die im Invekos abgebildete landwirtschaftlich genutzte Fläche betrug 2022 rund 2,55 Millionen Hektar. Davon machte Ackerland 1,32 Millionen und Dauergrünland 1,17 Millionen Hektar aus. Zum Vergleich (Bundesrat Schennach: Das ist aber fast die gleiche Rede wie der Herr Steiner!): 1995 gab es noch 192 793 Bauernhöfe.
Interessanterweise – das ist auch heute schon kurz erwähnt worden – sind die Einkommen der Biobetriebe mit 37 416 Euro noch niedriger. Kein Wunder, dass jetzt auch immer wieder noch mehr Biobetriebe zusperren.
Was bleibt also nach der Regierungsbeteiligung der Grünen? – Weniger Biobetriebe in Österreich als vorher. Die Situation ist verheerend, und die Betriebsmittelpreise sind deutlich gestiegen. Außer heißer Luft und leeren Versprechungen habt ihr von der ÖVP und von den Grünen dagegen aber nichts.
Uns Freiheitlichen liegen die österreichischen Familienbetriebe und auch die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln am Herzen. Im Gegensatz zu den Regierungsparteien wollen wir eine Trendumkehr in der Landwirtschaft schaffen, hin zu Ernährungssouveränität und zu unabhängigen Bauern, die vom Verkauf ihrer hochqualitativen Produkte nicht nur überleben, sondern gut leben können. Dazu braucht es die Umsetzung der folgenden Punkte des freiheitlichen Entlastungpakets für die Landwirtschaft:
Ausstieg aus dem Green Deal: Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern zu verpflichten, weitere Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimische Produktion unterstützt und gestärkt werden.
Importstopp für ukrainisches Billiggetreide: Zum Schutz der heimischen Bauern gilt es, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um zollfreie Getreideimporte aus der Ukraine künftig nur noch für die Durchfuhr in die afrikanischen Zielländer zuzulassen.
Sozialversicherungsbeiträge in Krisenzeiten erlassen: Als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe braucht es einen Rettungsschirm für die Landwirtschaft.
AMA-Marketing-Beiträge abschaffen: Die AMA-Beiträge sind spätestens seit der Einführung eines allgemeinen Flächenbeitrags im Jänner 2023 wie eine versteckte Grundsteuer.
Raus aus der Kostenfalle: Die Mehrwertsteuer auf Betriebsmittel sowie die Mineralölsteuer müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe in Krisenzeiten ausgesetzt werden, um die explodierenden Produktionskosten einzudämmen.
Ein Agrargipfel für Ernährungssouveränität: Der Stand der heimischen Ernährungssouveränität muss im Rahmen eines Agrargipfels endlich diskutiert werden, um sinnvolle Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Bundesrät:innen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „freiheitliches Entlastungspaket für die Landwirtschaft“
Der Bundesrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zugunsten der heimischen Landwirte die in der Begründung angeführten Punkte des freiheitlichen Entlastungspakets für die Landwirtschaft umzusetzen.“
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(Beifall bei der FPÖ.)
20.32
Vizepräsidentin Margit Göll: Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „freiheitliches Entlastungspaket für die Landwirtschaft“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.
Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dipl.-Ing.in Dr.in Maria Huber. – Bitte.