10.43
Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werter Herr Minister! Werte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Schulklasse aus der Sportmittelschule Wals-Siezenheim, herzlich willkommen bei uns in der Runde, schön, dass ihr da seid. (Allgemeiner Beifall.)
Ich wollte meine Rede eigentlich damit starten, den Finanzminister dafür zu kritisieren, dass er heute nicht hier ist, weil er entschuldigt war, aber er ist hier. Insofern hat er mir diese Kritik natürlich genommen, aber es wird schon noch etwas kommen; da werde ich Sie nicht enttäuschen. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei Bundesrät:innen der SPÖ.)
Beim Budgetbegleitgesetz geht es um die Änderung von 31 Gesetzen; ich werde nicht auf jedes einzelne davon eingehen können, sondern werde mich als Erstredner insgesamt mit dem Budget befassen.
Bedauerlicherweise – das muss ich vorwegschicken – dürfen wir als Bundesrat das Budget nicht beschließen, haben immer nur ein Teileinspruchsrecht beim Budgetbegleitgesetz. Dieser Umstand gehört geändert. Diesbezüglich gibt es eigentlich Konsens von allen Fraktionen hier im Haus, wir haben es nur immer noch nicht geschafft, das auch tatsächlich in der Bundesverfassung zu ändern. Vielleicht schaffen wir das – irgendwann einmal. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesrät:innen der FPÖ.)
Zum Budget selbst ein paar Worte: Wir sehen eine Sache ganz deutlich, nämlich dass sich die Inflation in dieses Budget reinfrisst, und zwar nach und nach. Was meine ich damit? – Es gibt in der Jahresprognose für dieses Jahr eine Inflation von 7,7 Prozent, momentan schaut es so aus. Woran liegt das vor allem? – Das wissen wir auch: an den Mieten, die in den letzten zwei Jahren um etwa 25 Prozent gestiegen sind. Das bedeutet, wenn sich jemand vor zwei Jahren die Miete kaum leisten konnte, so steht er jetzt praktisch vor einem unlösbaren Problem.
Das hat einen klaren Adressaten: Das ist die Bundesregierung, die da nicht eingegriffen hat und die jetzt aufgrund des Nichteingreifens mit einer Inflation in dieser Höhe zu kämpfen hat und die uns jetzt ein Budget vorlegt, mit dem sie 20 Milliarden Euro an Schulden macht. Allein in dem einen Jahr: 20 Milliarden Euro Schulden!
In den nächsten Jahren kommen 70 Milliarden Euro an Schulden dazu. Das ist der Staatshaushalt von diesem Jahr, was wir in den nächsten Jahren an Schulden machen.
Ich weiß genau, was Sie sagen würden, wenn ein sozialdemokratischer Finanzminister solch ein Budget vorlegen würde. Sie würden sagen, wir könnten nicht wirtschaften. Aber wissen Sie, was? – Bruno Kreisky hat Schulden gemacht, um Arbeitsplätze zu schaffen. Sie machen Schulden, um Ihre Parteifreunde zu bedienen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich weiß, Sie wollen den Namen René Benko nicht hören, der 10 Millionen Euro an Coronahilfen bekommen hat, der in die Insolvenz geschlittert ist (Bundesrat Tiefnig: Gusenbauer!), der jetzt Leute entlässt, weil seine Gesellschaft insolvent ist. (Bundesrat Steiner: Gusenbauer!)
Reden wir nicht über René Benko, reden wir über Stefan Pierer, reden wir über KTM! KTM hat 11 Millionen Euro an Coronahilfen bekommen. 7 Millionen Euro sind eins zu eins an die Aktionäre, an die Superreichen weitergegangen – und jetzt will er 300 seiner Beschäftigten in Mattighofen raushauen. Das ist die Bilanz von KTM. Das sind Förderungen, die Sie in diesem Jahr ausgezahlt haben. (Beifall bei der SPÖ.) 11 Millionen Euro, die von einer Tasche, der Tasche der Steuerzahler:innen, eins zu eins in die Tasche der Aktionäre gegangen sind. Und jetzt stehen 300 Menschen vor dem Nichts (Bundesrat Steiner: Gusenbauer!) – Menschen, die ihr Leben einem Unternehmen gewidmet haben, ihre Gesundheit geopfert haben und jetzt vor dem Nichts stehen.
Liebe Vertreter der Volkspartei vor allem, wie erklären Sie diese Politik den Beschäftigten in Mattighofen? Sie nehmen Schulden auf dafür, dass diese Menschen arbeitslos werden. Sie schütten Geld aus, damit der Typ seine Produktion nach China verlagert. Wie erklären Sie das? Es gibt keine Erklärung dafür. Das ist ungenügend. Das muss man einfach sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Wo ist der Zusammenhang?)
Der Zusammenhang liegt darin, Herr Minister, dass wir beim Budget ausgabenseitig ein Problem haben. Das liegt auch an den 20 Milliarden Euro an Coronahilfen, die offensichtlich nicht punktgenau gewirkt haben. Das muss man einfach so sehen, wenn man Beispiele wie die KTM vorbringt.
Wir haben aber nicht nur ein ausgabenseitiges Problem, wir haben auch ein einnahmenseitiges Problem. Die Konzernsteuer, die Körperschaftsteuer, wird von Ihnen mit nächstem Jahr noch einmal gesenkt, auf 23 Prozent. Wenn jemand in Österreich arbeiten geht, zahlt er bis zu 55 Prozent Steuer. Wenn jemand einen Konzern hat, zahlt er nur bis 23 Prozent Steuer.
Es wird uns immer gesagt, das machen wir, damit das Kapital nicht ins Ausland abfließt. – Bei KTM hat das ja super funktioniert, dass es nicht abfließt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)
Diese Senkung allein fehlt uns im Budget. 1 Milliarde Euro! Das ist ein Steuergeschenk. Jetzt könnte man sagen, man wollte damit den Unternehmern helfen. Das Problem ist nur, von der Senkung der Konzernsteuer profitieren zu 90 Prozent die obersten 10 Prozent in Österreich. 1 Milliarde Euro als Steuergeschenk für das oberste Zehntel in Österreich! Wie kann man das erklären? Für wen wird da Politik gemacht?
Insofern fände ich es wirklich wichtig, Herr Minister: Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Formel 1 oder an den Fußballern! Die kleben sich hier die Pickerl drauf (auf das Revers seines Sakkos zeigend) und zeigen, für wen sie hackeln. Das wäre ein ehrlicher Ansatz, dann wüssten es die Österreicherinnen und Österreicher nämlich auch gleich. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)
Was stünde denn tatsächlich an, anstatt heute 20 Milliarden Euro an Schulden und über die nächsten Jahre 70 Milliarden Euro an Schulden zu machen? Was stünde an? – Es stünden Investitionen an in Kinderbetreuung, in die ökologische Transformation, in den Wohnbau. Wir wissen, dass im ersten Quartal dieses Jahres die Baubewilligungen im privaten Bereich um 33 Prozent zurückgegangen sind – um ein Drittel! Wir wissen, dass sie im gemeinnützigen Wohnbau um 50 Prozent zurückgegangen sind. Es gibt da ein Problem. Das löst Arbeitslosigkeit im Bau aus. Das hat Folgeeffekte auf den Konsum. Das stellt uns vor ein Riesenproblem, und Sie machen in diesen Belangen überhaupt nichts.
Schauen wir nach Niederösterreich, wo die Wohnbauförderung eingefroren wird! Da wird nicht mehr gebaut, weil nichts mehr ausbezahlt wird. Das ist kein sozialdemokratisches Bundesland, wenn Sie auf uns schimpfen wollen, ist es nicht, das ist ein ÖVP-Bundesland. Dort wird nicht mehr gebaut. Das hat Auswirkungen. Diese Investitionen tätigen Sie nicht.
Sie verstecken sich vor der Verantwortung, die Sie hätten, ein zukunftsfähiges und ein zukunftsgerichtetes Budget zu machen. Sie machen stattdessen Schulden, ohne die Wirtschaft dabei ordentlich anzukurbeln – zumindest nicht in einem Ausmaß, das notwendig wäre –, und Sie stellen die nächste Bundesregierung vor die Aufgabe, das alles wieder aufzuräumen.
Es wird mit der nächsten Bundesregierung einen Kassasturz brauchen und die kann nicht früh genug kommen. Dieses Budget und damit auch das Budgetbegleitgesetz ist in Bausch und Bogen unzureichend. Es greift nicht die Aufgaben der Zukunft auf. Deshalb können wir auch nicht zustimmen. Die nächste Wahl kann nicht früh genug kommen, um danach wieder zu sanieren, was damit verbrochen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Doppler.)
10.49
Vizepräsidentin Margit Göll: Sehr herzlich darf ich auch Frau Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler hier in unserem Bundesratssaal begrüßen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Christian Buchmann. – Bitte.