13.26

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Werte Frau Staatssekretärin! Ich gratuliere zu Ihrer Replik. Ich glaube, das war jetzt eigentlich ganz ordentlich als Antwort. Das kann man auch einmal sagen, sonst lobe ich ja nicht zu viel. Das gebe ich zu. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich bin deswegen hier herausgekommen, weil Kollege Steiner gefragt hat, was wir in Wien gegen hohe Mieten und was wir generell im Wohnungsbe­reich so machen. Es ist vermutlich an ihm vorbeigegangen: Wir haben erst kürzlich einen Mietpreisstopp für Gemeindewohnungen beschlossen, der bis 2025 reichen wird. (Bundesrat Steiner hält ein Blatt Papier in die Höhe.) Das betrifft 185 000 Gemeindewohnungen, eine unvorstellbare Summe. Es sind 370 000 Menschen, die davon profitieren werden. Wir haben die Wohnbei­hilfe neu gestaltet, es gibt mehr Bezugsberechtigte. Wir haben höhere För­derungen in Wien eingeführt. Und wir haben eine Widmungskategorie für den sozialen Wohnbau, die es in keinem anderen Bundesland gibt, auch in kei­nem, in dem die FPÖ dabei ist, auch in keinem, in dem die FPÖ für den sozialen Wohnbau zuständig ist (Zwischenruf des Bundesrates Steiner), die nämlich eines sichert: dass mit Boden dort, wo sozialer Wohnbau errichtet werden soll, nicht spekuliert wird. Das ist vorbildlich, das muss man auch sagen. Das Wienbashing ist einfach unberechtigt in dieser Frage. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Schennach: Das weiß er nicht!)

Wo er allerdings recht hat, ist – da hat er mich am Anfang seiner Rede ganz kurz verloren, als er gesagt hat, er war als Nikolaus unterwegs (Heiterkeit bei Bun­desrät:innen der SPÖ), denn das Bild an und für sich ist, glaube ich, ein gutes; das würde ich gerne sehen –, dass es den Menschen im Land zunehmend schlechter geht und dass Optimismusappelle alleine nicht reichen werden. Das ist eine Sache, die erlebt man im Zillertal, die erlebt man aber auch beson­ders in Favoriten, dem Bezirk in Wien, aus dem ich komme.

Man muss nur einen Tag bei der Volkshilfe Favoriten mit dabei sein, um zu wissen, dass die Armut in Österreich im Steigen begriffen ist, dass das ein reales Thema ist und dass man nicht nur mit den Apellen arbeiten muss, sondern den Leuten auch tatsächlich helfen sollte.

Jetzt sagen Sie immer, ich werfe pauschal vor, diese Bundesregierung mache nichts. Nein, das tue ich nicht, das habe ich auch in der Vergangenheit so in der Form nicht getan, aber es ist zu wenig. Es ist einfach zu wenig, und das merken die Leute. Wenn die Armut steigt, ist es zu wenig. Ein Land wie Österreich kann es sich im Jahr 2023 nicht leisten, dass die Armut wieder steigt. Das ist wirklich nicht zufriedenstellend und das ist dann auch im vorgeleg­ten Budget zu wenig.

Wir haben deswegen auch einen Entschließungsantrag vorbereitet, der dieses Thema behandelt und tatsächlich auch Maßnahmen beinhaltet, die wir uns im Budget gewünscht hätten.

Entschließungsantrag

der Bundesrät:innen Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rettung der österreichischen Wirtschaft durch Preiseingriffe“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, ein umfas­sendes Inflationsbegrenzungsgesetz vorzulegen, das zumindest folgende Sofortmaßnahmen umfasst:

1. Einfrieren aller Mieten bis Ende 2025. Danach Begrenzung des Mietanstiegs mit dem EZB-Leitzinssatz, maximal aber 2 % pro Jahr.

2. Sofortiges, temporäres Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs.

3. Einsetzung einer schlagkräftigen Anti-Teuerungskommission, die u.a. sicherstellt, dass milliardenschwere Hilfszahlungen an Unternehmen in Form von sinkenden Preisen an die Menschen weitergegeben werden. Bei Nicht-Weitergabe von Hilfen bzw. von allen Mehrwertsteuersenkungen in Form von sinkenden Preisen soll es harte Sanktionen bis hin zur Rückzahlung der Energiehilfen geben.

4. Eine entschlossene Regulierung des Energiemarkts, sodass Energiekonzerne keine Übergewinne machen, sondern die Energiepreise sich an den Pro­duktionskosten orientieren.

5. Die Einführung einer befristeten zielgerichteten Übergewinnbesteuerung für all jene Konzerne, die sich aufgrund der aktuellen Teuerung zu Lasten der Menschen in Österreich bereichern.“

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Von diesen Konzernen gibt es genug, meine Damen und Herren, da gibt es genug; wir erleben es, wir haben es bei den Coronahilfen gesehen. Tat­sächlich ist eine der vordringlichsten Aufgaben, das auch aufzuklären, deswegen gibt es dazu auch einen Untersuchungsausschuss.

Ich will auch eines richtigstellen, Kollegen Buchmann und Tiefnig – sehen Sie, ich kann Ihren Namen richtig aussprechen; vielleicht lernen Sie das auch, das ist ein Mindestmaß an Respekt, dass man, wenn man jemanden adressiert, den Namen richtig ausspricht –: Konkret haben Sie gemeint, ich betreibe im Grunde undifferenziertes „Unternehmerbashing“. – Das mache ich nicht. Viele meiner Bekannten sind Unternehmer, sind Selbstständige. Das ist ein extrem bewundernswerter Schritt, da geht extrem viel Risiko, persönliches Risiko mit rein, und das respektiere ich, dafür habe ich auch Be­wunderung. (Bundesrat Himmer: Haben welche davon auch eine GmbH?)

Was ich tatsächlich nicht toleriere, ist, wenn Personen sich unlauterer Praktiken bedienen. Das Beispiel, das ich gebracht habe – sehr konkret, nicht pau­schal, wie Sie es mir unterstellen, sondern sehr konkret –, war Herr Pierer. Und ich wiederhole es noch einmal: 11 Millionen Euro Coronaförderung auf der einen Seite und auf der anderen Seite 7 Millionen Euro an die Aktionäre ausgeschüttet. Von der Tasche der Steuerzahler in die der Aktionäre: Das ist unredlich, das ist absolut unredlich, und das muss man artikulieren dür­fen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Tiefnig hat die Kennzahlen der Pierer Mobility AG richtig schön darge­legt. Nur, was bringt das den 300 Arbeitnehmern in Mattighofen, die ihren Job verlieren? (Beifall bei der SPÖ.) Was bringen ihnen diese Zahlen? Das wird natürlich auch in Ihrer Region - - (Bundesrat Tiefnig: Arbeitskräfte ... in Transformation! Wir haben einen Arbeitskräftebedarf in Braunau, wir haben zu wenig Arbeitskräfte!) – Und die 300 Personen, die dann keinen Job mehr haben, welche Auswirkungen wird das auf die Region haben? Können Sie das sagen? – Da wird es weniger Konsum geben, da werden andere Unternehmen auch zusperren. Und warum schließt er das? – Weil er seine Produktion nach China verlagert.

Das sind die Vorbilder?! Sie haben gesagt, Unternehmer sind Vorbilder. Das sind die Vorbilder, die wir lobpreisen sollen? Ich mache das sicher nicht. Ich halte dieses Vorgehen für schändlich, und ich werde das auch hier sagen, wenn ich es für schändlich halte. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Pierer ist ja nicht das erste Mal in den Nachrichten. Er hat am 2. Februar 2017 in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ gesagt, er könne es sich leisten, seit 30 Jahren die Arbeitszeitgrenze massivst zu überschreiten, und er mache das mit Freude. – Zitatende.

Das sind die Vorbilder der österreichischen Wirtschaft? Solchen Menschen wollen wir huldigen? – Ich nicht, aber ich weiß, warum ihm die ÖVP huldigt. 2017 hat er 436 000 Euro im Wahlkampf an die ÖVP spendiert. (Rufe bei der SPÖ: Aber!) Das ist dann irgendwie schon eine klare Begründung, warum man ihn lobpreist.

436 000 Euro sind an die ÖVP gegangen (Bundesrat Buchmann: Das ist ein Bettel gegenüber dem, was der Gusi kriegt!), und deswegen habe ich auch dem Finanzminister gesagt, er solle sich das KTM-Pickerl hierher picken (mit der rech­ten Hand auf das linke Revers seines Jacketts deutend), weil es ganz klar ist, für wen er Politik macht.

Er sagt nämlich – und da hat er keine Unwahrheit gesagt –, von der KöSt-Sen­kung profitieren 180 000 Unternehmen. Das ist aber ein perfektes Bei­spiel dafür, wie man mit Zahlen tricksen kann, denn was er nicht gesagt hat, ist, dass 3 000 Unternehmen – also 2 Prozent aller Unternehmen – 75 Prozent aller Mittel aus dieser KöSt-Senkung beziehen. Das ist die Realität: 2 Prozent der Unternehmen nehmen 75 Prozent dieses Vorteils weg. Da kann er hundert­mal sagen, dass es 180 000 Unternehmen zugutekommt – es ist ein Steuerge­schenk an die 3 000 Unternehmer in Österreich, die 75 Prozent dieser Steuersenkung mitnehmen.

Das macht 750 Millionen Euro, die man diesen 3 000 Unternehmen schenkt, und warum? In Zeiten der Krise macht man das nicht. Das macht man nicht. Das ist unethisch, das ist unmoralisch, es ist unverantwortlich, in so einer Situation so etwas zu machen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Abschließend noch zur Nettolohnerhöhung durch die Abschaffung der kalten Progression: Lohnpolitik machen die Sozialpartner. Nettolohnerhöhungen schauen nicht so aus, dass Leute Steuern zahlen und einen Teil dieser Steuern wieder zurückbekommen. Das ist keine Nettolohnerhöhung, das ist das Geld, das sie sich selbst erwirtschaftet haben, wofür sie fleißig gearbeitet ha­ben – und dass sich die Regierung dafür lobpreisen lässt, das geht sich einfach nicht aus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Himmer: Nur wenn es eine SPÖ-Regierungsbeteiligung gibt, dann ist es erlaubt!)

Insofern möchte ich mit zwei Zitaten, die beide vorgekommen sind, schließen:

Einerseits gab es Kollegen Ebner mit: „Wo der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ – Wir haben also da einmal den Wind.

Andererseits gab es den Finanzminister, der seine Budgetrede folgendermaßen begonnen hat: „Wir können zwar den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen.“ – Scheinbar hat sich die ÖVP Marcus Wadsak für ein Rhetorikseminar geholt.

Bleiben wir aber vielleicht beim Sprachbild! Ich hoffe, der Sturm wird Sie im nächsten Herbst davonwehen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

13.35

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Mag. Sascha Obrecht, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Rettung der österreichischen Wirtschaft durch Preiseingriffe“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Himmer. (Präsidentin Arpa übernimmt den Vorsitz.)